Jedes Jahr zum Schulanfang sind Schlagzeilen über den Lehrermangel zu lesen. Die Kantone suchen immer verzweifelter nach Lösungen. Manche versuchen die Lehrer mit fixen Mindestpensen zu zwingen, ihre Pensen zu erhöhen.

Der verbreitetste Lösungsansatz jedoch ist, Personal ohne entsprechende Ausbildung anzustellen. Der Dachverband des Lehrpersonals LCH argumentiert jedoch: Weil die erfahrenen Lehrkräfte ihre noch ungenügenden Kolleginnen und Kollegen unterstützen müssen, ist diese Massnahme keine Entlastung der LehrerInnen. Die Folge all dieser vermeintlichen Lösungsansätze ist die zusätzliche Belastung der LehrerInnen und letzten Endes ein schlechteres Bildungswesen.

Das Problem des Lehrermangels ist jedoch nur ein Symptom unseres kranken Bildungssystems. Seit Jahrzehnten macht eine Kombination aus Sparpolitik und chaotischer Reformflut den Lehrberuf immer unattraktiver. Die bürgerliche Politik beklagt, dass zu wenige LehrerInnen Vollzeit arbeiten, doch bei einem Beruf mit einer der höchsten Burn-Out Raten ist ein reduziertes Pensum oft die einzige Lösung, den Schulalltag zu überleben. Ein Fünftel der jungen Lehrpersonen gibt in den ersten Jahren den Beruf wieder auf. Durch die Pandemie hat sich diese Abwärtsspirale nochmals stark beschleunigt. Hybridunterricht, Corona-Tests in den Klassen, Maskenregelungen durchsetzen: Die Krise wurde wieder einmal von den LehrerInnen mit Zusatzbelastung bezahlt. Reformen können in einer solchen Atmosphäre nicht befriedigend umgesetzt werden und sorgen deshalb für Schulleitungen und LehrerInnen für noch mehr Stress.

Um aus dieser Krise auszubrechen, müssten mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnerhalt, Reduktion der Klassengrössen, mehr Unterstützung durch Aufstockung des Personals in Sekretariaten und Schulsozialarbeit und eine Entakademisierung des unbeliebten PH-Studiums. Das wäre ein erster Schritt hin zu einem Schulsystem, das den Talenten und Bestrebungen der nächsten Generation gerecht wird. 

Die Unzufriedenheit bei den LehrerInnen ist gross. Es gibt Potenzial für Arbeitskämpfe, wie wir sie schon in unseren Nachbarländern, Beispiel Frankreich, sehen. Der VPOD muss die Lehrer jetzt für den Kampf für bessere Arbeitsbedingungen organisieren!

Damiano Capelli, VPOD Basel
27.10.2022



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