Für den Profit gefährdet der Kapitalismus die Existenz der Menschheit. Wollen wir das Ende der Menschheit abwenden, müssen wir der Herrschaft des Kapitals ein Ende bereiten. Die Mittel sind vorhanden. Es gilt nur, nach ihnen zu greifen.

Die Klimakrise ist in vollem Gange und beschleunigt sich schneller als erwartet. Beinahe täglich warnen uns die WissenschaftlerInnen über die schicksalhaften Konsequenzen unseres Handelns in naher Zeit. Fast in Vergessenheit gerät dabei die peinliche Selbstsicherheit bürgerlicher Ideologen, die vor nicht allzu langer Zeit mit dem scheinbaren Siegeszug des Kapitalismus das «Ende der Geschichte» eingeläutet haben. Heute erfährt diese Vorhersage eine neue Brisanz – auch wenn anders als ursprünglich vorgesehen. Das Ende der Geschichte droht in der Tat Realität zu werden, jedoch nicht im Lichte eines Sieges der Bourgeoisie, sondern in unser aller Auslöschung. Warum das so ist, muss genauer überprüft werden.

Wurzel des Übels

Fragte man die Führungspersonen von Exxon, Glencore und anderen riesigen Umweltverschmutzern nach ihren Hoffnungen für die Zukunft, würden sie zweifellos sagen, dass sie sich für ihre Kinder und Enkelkinder eine saubere, ökologisch nachhaltige Welt wünschen. Aber als Grossaktionäre und Führungskräfte handeln sie, wie Marx es ausdrückt, als «personifiziertes Kapital». Soll heissen, sie geben in ihrer ökonomischen Rolle den Interessen des Kapitals Vorrang vor allen menschlichen Bedürfnissen, unabhängig davon, wie sie sich zu Hause verhalten.. Wenn es also darum geht, die Zukunft der Menschheit zu schützen oder den Profit zu maximieren, wählen sie den Profit. Dieses Verhalten verrät uns die wichtigste Triebfeder der kapitalistischen Ökonomie: Ihr einziger Massstab für Erfolg ist die Anhäufung von Kapital und damit die Maximierung des Profits.

Das Kapital umschreibt einen Prozess, dessen Zweck es ist, Geld (G) in Waren (W) zu verwandeln und durch Verkauf dieser Waren wiederum mehr Geld (G’) zu generieren. Dieses mehr an Geld, die Differenz zwischen G und G’ kommt aber nicht aus luftleerem Raum, sondern aus der Ausbeutung der im Produktionsprozess eingesetzten Lohnabhängigen. Die Ausgebeuteten produzieren somit Mehrwert und aus ebendiesem Mehrwert schöpfen die KapitalistInnen ihren Profit. Kapital in diesem Sinne ist ein sich selbst steigernder Wert. 

In ihrem beharrlichen Streben nach Profit sind die KapitalistInnen gezwungen, immer mehr Kapital anzuhäufen. Das wird sowohl ihr individuelles Ziel, als auch die treibende Kraft des gesamten Wirtschaftssystems. Die einzelnen KapitalistInnen werden zu dieser rastlosen Akkumulation von Kapital durch die Konkurrenz gezwungen. Wird nicht akkumuliert, werden alte Produktions- und Vertriebsmethoden nicht aufgegeben und neue Technologien nicht entwickelt, droht das Unternehmen in der Konkurrenz unterzugehen.

Dabei spielt es keine Rolle, dass viele Waren produziert werden könnten, ohne die Wälder auszulöschen, die Gewässer zu verschmutzen, die Luft zu verpesten und die Böden zu zerstören. Dies alles trägt zum Wachstum des Kapitals bei – und das ist es, was in diesem System zählt. Was die natürliche Umwelt betrifft, so nimmt der Kapitalismus sie nicht als etwas wahr, mit dem das gesellschaftliche Leben ein Gleichgewicht zu finden hat, sondern als Mittel zur Kapitalbildung.

Zerstörerisches Wachstum

«Ohne Wachstum ist alles nichts», rief Merkel auf dem 17. Parteitag der CDU. Auch die meisten Ökonomen machen uns darauf aufmerksam, dass der kapitalistische Weltmarkt Wachstumsraten von ca. 3% braucht, um keine Krisen über unsere Köpfe donnern zu lassen. Für relative «Stabilität» verlangt der Kapitalismus demnach beschleunigtes Wachstum. Das ist nur möglich, wenn der Natur massenhaft Ressourcen entnommen werden, um sie in Waren zu transformieren, welche die Kapitalakkumulation am Laufen halten. Schon heute werden pro Jahr 1,75-mal mehr Ressourcen verbraucht, als die Erde in derselben Zeit abbauen bzw. regenerieren kann. Dass die Menschen einen Teil dieser Güter zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse verbrauchen, ist eher Nebeneffekt als Hauptsache. Keineswegs nur Nebeneffekt sind aber die Abfälle, die aus blinder Produktion entstehen und uns gehörig einheizen – wortwörtlich!

Marx schrieb, dass der fanatische Charakter des Kapitals die Menschheit zwingt, Produktion um der Produktion willen zu betreiben. Dem gemäss hat blinde Produktion auch blindes Wachstum zur Folge. Sie kennt keinen demokratischen Plan, der bestimmt, welche Produkte zu welcher Anzahl wie hergestellt werden sollten und dabei berücksichtigt, unter welchen Bedingungen Wachstum und ökologische Nachhaltigkeit vereinbar sind. Im Gegenteil, die Ökonomie wird der Anarchie des Marktes überlassen und das resultiert im planlosen, profitgetriebenen Wachstum. Jeder einzelne Kapitalist schaut in diesem System notwendigerweise nur auf seinen eigenen Profit. Erwägungen über gesamtgesellschaftliche oder ökologische Konsequenzen haben hier keinen Platz. Wachstum der Produktivität durch Entwicklung von Technologie ist nicht an sich ein Problem, aber das blinde und verschwenderische Wachstum des Kapitalismus zieht ruinöse Folgen nach sich.

Widersprüchliche Zeitrhythmen

Die ökologisch destruktiven Wirkungen des Kapitals resultieren nicht nur aus seiner Notwendigkeit zu wachsen, sondern auch aus seiner Notwendigkeit, immer schneller zu wachsen. Und so haben der technologische Fortschritt und die globale Vernetzung von Finanzen, Verkehr und Kommunikation die Räder der Produktion gehörig eingeölt und beschleunigt drehen lassen. Der Wettbewerb erzeugt einen ständigen Druck, den Zyklus von der Investition über die Produktion bis zum Verkauf immer mehr zu beschleunigen. 

Die Zyklen der Natur dagegen arbeiten mit Geschwindigkeiten, die sich über viele Jahrtausende entwickelt haben und von Region zu Region verschieden sind. Die Rhythmen des Kapitals geraten mit den Rhythmen natürlicher Prozesse in Konflikt. Die kapitalistische Produktionsweise erschöpft die Natur immer extremer und dies nicht, weil ihr die Mittel zum schonenden Umgang fehlen würden, sondern weil die produzierten technischen Mittel nur eines zum Zweck haben: rücksichtslose Ausnutzung der Natur zur Maximierung der Profite. 

Ende der Geschichte oder Sozialismus

Am Punkt seiner höchsten Entwicklung, seiner höchsten Ausdehnung und Eroberung, serviert die kapitalistische Entwicklung die Werkzeuge für eine neue Gesellschaft – es gilt nur noch, danach zu greifen. Die technologischen Mittel zur ökologisch nachhaltigen Steuerung der Produktion sind vorhanden, doch nur in einer Planwirtschaft können sie sinnvoll eingesetzt werden. 

Mit «Akkumuliere, akkumuliere! Das ist Moses und die Propheten» fasste Marx die Formel der KapitalistInnen zusammen. Dies stellt uns vor grosse Probleme – vor Probleme, die nunmehr die Frage des menschlichen Überlebens stellen. Wollen wir nicht das Ende der Geschichte erleben, müssen wir das Verhältnis zwischen Mensch und Natur radikal ändern, und zwar jetzt. 

Solange die Gesellschaft von kapitalistischer Produktion gelenkt wird, die «zugleich die Springquellen allen Reichtums untergräbt: Die Erde und den Arbeiter» (MEW 21 529-39), werden wir keine gesicherte Zukunft haben. Der Kampf gegen den ökologischen Kollaps ist heute mehr denn je der Kampf gegen die kapitalistische Ordnung. Also legen wir endlich die Treiber des Kapitals still und entmachten Moses und die Propheten. Für den Sozialismus!

Arman Spéth
Juso Stadt Bern

Bild: © Heitersberg (CC BY-SA 4.0)