Nach mehreren politischen Skandalen und einem Börsencrash zum Jahresabschluss will Trump sein grosses Wahlversprechen – die Grenzmauer – einlösen. Nur wird sie nichts an der miserablen Lage der ArbeiterInnenklasse ändern.

Nebst «better jobs», höheren Löhnen und besserem Gesundheitswesen war die Mauer an der Grenze zu Mexiko – finanziert durch Mexiko selbst – einer der Grundpfeiler von Trumps Wahlkampagne. Zwei Jahre nach seinem Amtsantritt ist – abgesehen von der Unternehmenssteuerreform zugunsten des Kapitals – keines der Versprechen Realität geworden. Wenige Monate vor dem Ankurbeln der Wahlmaschine hält Trump am symbolischsten aller Wahlversprechen fest: der Mauer. Dafür verlangt er 5.6 Milliarden Dollar im Jahresbudget 2019 vom US-Kongress. Da er aber dessen Mehrheit nicht überzeugen konnte, musste ab dem 23. Dezember ein Teil des Staatsbetriebes stillgelegt werden.

Nach 34 Tagen sah sich Trump gezwungen, ein Abkommen zu unterschreiben, das die stillgelegten Bereiche des Staatsbetriebs bis Mitte Februar wieder in Gang setzt. Der längste Shutdown in der Geschichte bekommt eine Verschnaufpause. Doch die zugrundeliegenden Widersprüche sind damit alles andere als gelöst.

Warum hält Trump an der Mauer fest?
Trumps Wahl an sich war schon Ausdruck der Enttäuschung der Massen mit dem politischen Establishment. Sie waren – und sind heute weiterhin – auf der Suche nach Antworten auf ihre tagtäglichen Probleme. In den zwei Jahren Trump hat sich nichts an der Lebensrealität der allermeisten US-AmerikanerInnen geändert: 0,1 Prozent der US-amerikanischen Familien besitzen so viel Reichtum wie der ganze Rest, ein Drittel der Kinder lebt in relativer Armut und die Reallöhne der allermeisten Lohnabhängigen sind kaum gestiegen. Für die von den bürgerlichen Medien hochgelobte Wirtschaftskonjunktur unter Trump wurde die ArbeiterInnenklasse weiter ausgepresst. Dem Kapital hingegen wurde tiefer unter die Arme gegriffen. Die rekordtiefe Arbeitslosigkeit wurde durch eine Explosion an prekären Teilzeitstellen erreicht und das Kapital wurde mit Steuergeschenken in der Höhe von etwa drei Billionen Dollar über zehn Jahre entlastet.

Nach dem Börsencrash im Dezember und den Rückschlägen bei den letzten Kongresswahlen steht Trump unter Druck, für Verbesserungen der Lebensbedingungen zu sorgen. Nur verlangt der Kapitalismus das Entgegengesetzte von dem, was die Arbeitenden bräuchten. So klammert sich Trump verzweifelt an die Mauer und versucht, die gebeutelten Massen mit Symbolpolitik zu füttern. Ganz ähnlich die Demokraten…

Das Posaunen der Demokraten
Auch die Demokratische Partei will die südliche Grenze «sicherer» machen und ist bereit, dafür über drei Milliarden Dollar auszugeben. Ihre einzigen Argumente gegen die Mauer sind, dass sie das Bild der freiheitsliebenden Vereinigten Staaten beschädige und weniger effizient sei als die von ihnen vorgeschlagenen Überwachungsdrohnen.

Indem sie sich als Bollwerk gegen Trump präsentiert, versucht die Partei, ihr wahres Gesicht zu verhüllen. Als loyale VertreterInnen der herrschenden Klasse werden die Demokraten nie für nachhaltige Reformen im Interesse der ArbeiterInnenklasse kämpfen. In Wirklichkeit setzen sie sich seit Jahrzehnten für Angriffe auf den «Sozialstaat» ein oder unterstützen diese. Sie führen einen Seiltanz auf zwischen liberaler Rhetorik und arbeiterfeindlicher Politik.

Politischer Bankrott beider Parteien
Im Hinblick auf den kommenden Wahlkampf und die wachsende Enttäuschung mit der «politischen Elite» wollten Trump wie auch die Demokraten mit einem Sieg aus dem Shutdown gehen. In diesem politischen Schachspiel mussten aber die Lohnabhängigen und nicht die PolitikerInnen die Konsequenzen tragen. Etwa 800’000 Staatsangestellte kriegten ihre Löhne nicht bezahlt und waren damit gezwungen, über Crowdfunding-Projekte und Garagenverkäufe ihre Rechnungen zu zahlen. Viele Staatsangestellte mussten sich in die Schlangen der Gassenküchen einreihen, um ihre Familien zu ernähren. Kein Wunder, wenn mehr als die Hälfte der US-amerikanischen Haushalte weniger als 5000 Dollar auf dem Bankkonto hat.

Ob die Mauer zustande kommt oder nicht: es ändert nichts am Alltag der Arbeitenden, welcher von Sparpolitik, rassistischer Hetzerei und finanzieller Unsicherheit geprägt ist. Das ganze Theater um die Mauer ist reine Symbolpolitik mit dem Zweck, die Lohnabhängigen von der Tatsache abzulenken, dass keine der beiden Parteien deren Probleme lösen kann und will. Trump hat den Massen nichts zu bieten als ein 3000 Kilometer langer Ausdruck des verrotteten Systems, welcher notabene auf Kosten ihrer Sozialwerke gebaut wird.

Abhi M.
JUSO Stadt Bern

Bild: socialisrevolution.org