Die erste Stellungnahme der Kommunistischen Strömung in SYRIZA, vom 25.1.15, zum Ausgang der gestrigen Parlamentswahlen in Griechenland, die einen historischen Sieg der Linken gebracht haben.


tsipras_wahlsiegDer 25. Januar 2015 erwies sich als ein Tag, der in die Geschichte nicht nur Griechenlands, sondern auch in der Geschichte der internationalen ArbeiterInnenbewegung eingehen wird. Erstmals ist es in einem entwickelten kapitalistischen Land möglich, eine Regierung zu bilden, deren Wurzeln in der radikalen Linken und in der kommunistischen Bewegung liegen. Und dies obwohl das griechische und das internationale Kapital alles daran gesetzt haben, diese Perspektive unmöglich zu machen.

Der heutige Wahlsieg von SYRIZA stellt eine dramatische Veränderung im Kräfteverhältnis zwischen der griechischen ArbeiterInnenklasse und dem Kapital dar. Angesichts der globalen Dimension der gegenwärtigen Krise des Kapitalismus wird dies in ganz Europa einen Nachhall finden. Das Abschneiden der beiden Parteien mit Wurzeln in der kommunistischen Bewegung (allen voran SYRIZA und in geringerem Ausmass KKE) spiegelt das wachsende Klassenbewusstsein einer breiten Mehrheit der lohnabhängigen Bevölkerung wider. Gleichzeitig nimmt der Einfluss der traditionellen bürgerlichen Partei, der Nea Demokratia, an den Wahlurnen deutlich ab, was auch zeigt, dass überraschend grosse Teile des Kleinbürgertums den bürgerlichen Parteien den Rücken kehren. Dies ist wiederum ein Resultat davon, dass das Kleinbürgertum durch die Krise und die Austeritätspolitik selbst extrem schmerzhafte Erfahrungen machen musste. Die im Kleinbürgertum tief verankerten Vorstellungen von der Überlegenheit des Kapitalismus wurden dadurch schwer erschüttert.

Das heutige Wahlergebnis zeugt von einer Polarisierung entlang von Klasseninteressen. In den grossen städtischen Zentren, wo die ArbeiterInnen, die Arbeitslosen, die PensionistInnen mit niedrigem Einkommen und die von der Krise besonders hart betroffenen Teile des Kleinbürgertums leben, war die Abrechnung mit den bisherigen Regierungsparteien, die für Armut und Arbeitslosigkeit verantwortlich gemacht werden, besonders deutlich.

Doch abgesehen von diesem historischen Wahlsieg stellt dieser Tag vor allem eine einzigartige historische Gelegenheit für die Linke dar. Sollte eine linke Regierung, die auf keinen bürgerlichen Koalitionspartner angewiesen ist, gebildet werden, könnte sie der Austeritätspolitik ein Ende setzen, das Joch der öffentlichen Verschuldung abschütteln und daran gehen, das strategische Ziel der kommunistischen Bewegung, den Sturz des kapitalistischen Systems und die sozialistische Umwälzung Griechenlands und ganz Europas, in Angriff zu nehmen.

Die lohnabhängigen Massen haben bei dieser Wahl für einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel gestimmt, indem sie so massiv SYRIZA gewählt haben, eine Partei, die vor wenigen Jahren nicht mehr als 4% der Stimmen hatte und nun die stärkste politische Kraft in Land darstellt.

Der grosse Stimmenanteil von SYRIZA aber auch der bemerkenswerte Zuwachs der KKE in den grossen städtischen Zentren deutet darauf hin, dass die sozialistischen Ideen und Prinzipien, die der Linken zugrunde liegen, für die Mehrheit der Gesellschaft kein Tabu mehr darstellen, sondern von immer mehr Menschen mit grosser Sympathie gesehen werden.

Der heutige Tag ist ein Tag der Freude, den die Tausenden von linken AktivistInnen im ganzen Land gebührend feiern werden. Nach Jahrzehnten der Verfolgung und politischen Marginalisierung der kommunistischen Bewegung ist nun erstmals die Bildung einer linken Regierung möglich. Doch morgen schon muss aus der Sicht aller bewussten linken AktivistInnen die Feierstimmung in die Organisierung des politischen Kampfes übergehen. Die Kommunistische Strömung in SYRIZA ruft dazu auf, diesen Kampf auf der Basis der folgenden politischen Losungen und Forderungen zu führen:

  • Für eine linke Regierung! Keine Zusammenarbeit mit ANEL (den Unabhängigen Griechen) oder anderen bürgerlichen Parteien; die KKE ist unter diesen Umständen der einzige natürliche Verbündete von SYRIZA! Diese historische Gelegenheit für die Linke darf nicht ungenützt bleiben! Es braucht ein Abkommen zwischen SYRIZA und der KKE auf der Basis eines radikalen, sozialistischen Programms!
  • Kein Abweichen vom radikalen Bekenntnis zu einem Ende der Sparpolitik, wie es im „Programm von Thessaloniki“ festgehalten ist! Sofortige Umsetzung antikapitalistischer und sozialistischer Massnahmen!
  • Die herrschende Klasse in Griechenland muss zur Gänze entwaffnet werden, bevor sie einen Krieg gegen die linke Regierung anzetteln kann: Das erfordert die Vergesellschaftung des Bankensystems und der Schlüsselbereiche der Wirtschaft sowie die Mobilisierung der ArbeiterInnen, um alle Versuche seitens des Kapitals und ihrer Vertreter, die Umsetzung eines linken Programms zu verhindern, im Keim ersticken zu können!
  • Nein zur ‚Troika‘! Die griechische Bevölkerung muss durch unilaterale Massnahmen vom Joch der Staatsverschuldung befreit werden! Es braucht einen Aufruf an die ArbeiterInnen in ganz Europa zum Aufbau aktiver Solidarität mit der linken Regierung in Griechenland! Was es ausserdem braucht, ist die Stärkung der Linken und die Wahl linker, sozialistischer Regierungen in ganz Europa mit dem Ziel der Errichtung der Sozialistischen Staaten von Europa!

Athen, 25. Januar 2015