Was waren die Konsequenzen der bürgerlichen Krisenpolitik für die Lohnabhängigen? Zehntausende Tote, Hundertausende Arbeitslose, Unterbeschäftigte und tausende Angestellte, die immer noch vor der Entlassung bangen. Bundesrat und Parlament sind im Corona-Jahr einen der rücksichtslosesten Kurse Europas gefahren. Mit minimalen Massnahmen und Inkompetenz im Pandemiemanagement verteidigten sie aggressiv die Profitinteressen der KapitalistInnen. Die Gesundheit der Lohnabhängigen war immer allerhöchstens zweitrangig.

Schockstarre

Obwohl der Unmut in der Bevölkerung wächst, stellte die Arbeiterklasse dieser Politik bisher keinen grösseren Widerstand entgegen. Die Arbeiterklasse verharrt im Schockzustand. Wieso?

Natürlich erschwerte die Pandemie Mobilisierungen. Und die Kurzarbeit schiebt ein noch grösseres Zerwürfnis auf dem Arbeitsmarkt weiter hinaus.  Doch der Hauptgrund für die Passivität liegt darin, dass der Arbeiterklasse keine politische Alternative angeboten wird. Sinnbildlich dafür stehen die Abstimmungen am 13. Juni.

Neue Situation

Beim Fassen der Abstimmungsparolen dürfen wir uns nicht einfach auf den Ist-Zustand beschränken. Entscheidend ist die Perspektive des sich zuspitzenden Klassenkampfes. Mit der Impfkampagne treten wir in eine neue Situation der Öffnung. In einigen westlichen Ländern zeichnet sich eine gewisse Erholung ab. Nach der Pandemie werden sich einzelne Wirtschaftssektoren wieder stabilisieren können. Andere sind weiterhin von der Pandemie gezeichnet oder werden durch zerrüttete Lieferketten  nochmals herausgefordert. Das Gesamtbild wird sich mittelfristig nicht aufhellen. Der Druck auf die Angestellten wird in allen Sektoren erhöht werden und Sparmassnahmen werden überall anrollen. 

Der Arbeiterklasse wird immer klarer bewusst werden, dass nur schon die Haltung ihres Lebensstandards ein Kampf ist. Jede Abwehr eines Angriffs und jede noch so kleine Verbesserung muss gegen die Interessen der Kapitalisten durchgesetzt werden. Passivität bedeutet Rückschritt.

Klarheit schaffen

Die neue Realität des zugespitzten Klassenkampfes bringt die Arbeiterklasse dazu, ihre alten Gewissheiten in Frage zu stellen. Sie beginnt, die verschiedenen Positionen aktiver zu testen. In einer solchen Situationen ist es umso wichtiger, dass es eine Organisation mit einem Programm gibt, das für politische Klarheit sorgt.

Damit dieses Programm die ArbeiterInnen überzeugt, muss es aufzeigen, welche Interessen die Regierung verteidigt und wie die Lohnabhängigen dagegen kämpfen können. Es muss diesen einen Ausweg aufzeigen. Die Verteidigung der Interessen und Lebensbedingungen unserer Klasse führt unweigerlich zur Konfrontation mit den Kapitalisten. Wir können uns dabei nur auf unsere eigenen Kräfte, unsere Stärke und unsere Einheit verlassen. Folgen wir diesen Grundsätzen, werden wir stärker. Missachten wir sie, kommen wir unter die Räder. 

Klasseninhalt, nicht Form

Auch Abstimmungskämpfe müssen genutzt werden, um Klarheit zu schaffen. Die Motivation der Gegner des Covid-Gesetzes ist reaktionär. Das Gesetz schafft für die Regierung die Grundlage, um notwendige und legitime Ausgaben zu tätigen. Doch darüber hinaus stellt das Referendum die Frage der Positionen der Parteien zur Krisenpolitik von Regierung und Parlament. Als Marxistinnen müssen wir uns klar von dieser Politik abgrenzen. 

Eine klassenkämpferische Position in dieser Frage – auch wenn sie das Gesetz kritisch unterstützt – muss uns erlauben, gegen die fatalen Resultate der Regierungspolitik zu kämpfen. Die neue Spitze der SP hat mehrmals korrekte Kritik an gewissen Massnahmen und an gewissen Bundesräten geäussert. Doch in ihrer Abstimmungsparole tragen Meyer/Wermuth erneut die Regierungspolitik mit. Damit verpassen sie es, aufzeigen, dass die Regierung die Geschäfte der herrschenden Klasse verwaltet. Deren Interessen sind den Lohnabhängigen direkt entgegengesetzt. Diese Distanzierung vom Regierungskurs muss klar hervorgehoben werden, auch wenn wir das Gesetz unterstützen. Das festzuhalten ist notwendig, damit die Lohnabhängigen den Kampf für ihre Interessen unabhängig zu führen.

Nein zum CO2-Gesetz

Mit der Verteidigung des CO2-Gesetz gehen die SP und die Mehrheit des Klimastreiks diametral in die falsche Richtung. Die Verantwortung für die Klimaerwärmung den Lohnabhängigen zuzuschieben und sie zur Kasse zu bitten ist ein kapitaler Fehler. Das gibt der SVP einen Steilpass, diese «linke» antisoziale Politik anzuprangern und einen Keil zwischen die Linke und Teile der Lohnabhängigen zu schlagen. 

Die gesamte Linke wird den Preis dafür bezahlen müssen, dass die Organisationen der Arbeiterklasse keinen unabhängigen Klassenstandpunkt verteidigt haben. Mit jedem Schulterschluss mit den Bürgerlichen stellt sich die Linke vor aller Augen hinter die Zwänge des Kapitalismus und treibt Teile der Arbeiterklasse richtung SVP. 

Unabhängige Klassenpolitik

Ob CO2-Gesetz oder die Pandemiepolitik des Bundesrates: Unsere wichtigste Aufgabe ist es, aufzuzeigen, dass es sehr wohl einen Ausweg aus der Krise im Interesse der lohnabhängigen Bevölkerung gibt. Doch dafür müssen wir die Probleme unabhängig von den Kapitalisten, ihren Sachzwängen und ihren Institutionen lösen. 

Das Jahr 2020 läutete eine neue Periode der Umbrüche ein. Diese wird noch lange das Bewusstsein der Massen aufwirbeln. Die wichtigste Frage jedoch ist, in welche Richtung sich das politische Bewusstsein der Lohnabhängigen verändern wird. Das hängt davon ab, auf welche Ideen die Arbeiterklasse in ihrem Bewusstseinsprozess trifft. Wir müssen zügig eine Kraft aufbauen, die das revolutionäre Programm als glaubwürdige Alternative in der Arbeiterklasse verteidigen kann. Dabei sind wir auf deine Hilfe angewiesen!

Die Redaktion

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