Im Herbst steht wohl die Verabschiedung des wichtigsten Geschäfts vor den Wahlen 2019 an: die kombinierte Konterreform «Steuerreform und AHV-Finanzierung». Tut die Linke nichts dagegen, müssen die Lohnabhängigen für die bürgerliche Krisenpolitik herhalten. Ist es also ein blosser Verteidigungskampf? Nein, aus diesem Abstimmungskampf können wir viel gewinnen. Die Linke kann zu einer schlagkräftigen Opposition werden, aber diese müssen wir jetzt aufbauen. Nutzen wir die Organisation des Referendums dazu und gewinnen wir die Lohnabhängigen für den Kampf gegen die Bürgerlichen und den Kapitalismus. Zu diesem Zweck reicht die marxistische Strömung folgende Resolution an den Monatsversammlungen der verschiedenen JUSO-Sektionen und an der nationalen Delegiertenversammlung im September ein.

Vorgeschichte der Konterreformen und der Referendumssiege
Die beiden Vorlagen, welche das „Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung“, kurz STAF, kombinieren will, haben eine lange Vorgeschichte. Die marxistische Strömung verfolgt seit Beginn einen konsequenten Kurs gegen diese Angriffe auf den Lebensstandard der Lohnabhängigen. In zahlreichen Artikeln thematisierten wir die Inhalte, die Debatten darüber und analysierten die Abstimmungen. Hier findest du alle wichtigen Artikel, die wir diesem Thema gewidmet haben. Eine sehr gute Erläuterung der Konterreform auf französisch ist hier zu finden. Sie wurde in der SolidaritéS-Zeitung publiziert.

Eure Krise bezahlen wir nicht! – Bauen wir eine schlagkräftige Opposition auf!

Das Schweizer Besteuerungsregime basiert auf einer parasitären Praxis. Mit tiefen Steuersätzen und Sonderbesteuerungen wird Kapital in die Schweiz gelockt. Die Schweiz befeuert konstant den internationalen Steuerwettbewerb – zum Nachteil aller Lohnabhängigen weltweit. Verschiedene Reformen der (Unternehmens-) Besteuerung haben dieses System zementiert. Für die Bürgerlichen ist der Druck, den die OECD-Länder nun auf den Schweizer Staat machen, ein willkommener Vorwand, um grossflächig eine Gewinnsteuersenkung für alle Unternehmen durchzusetzen. Verwirrende, technisch schwer verständliche Gaunereien, wie Lizenzboxen, erlauben es, die Sonderbehandlung mit neuen Tricks weiterzuführen.

All diese Ausnahmen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die ganze Übung ein einziger Angriff auf die Lohnabhängigen ist. Jede neue Sonderregelung drückt auf den effektiven Steuersatz und damit auf die Einnahmen. Mit den angeregten kantonalen Steuersenkungen führen sie langfristig zu massiven Steuerausfällen, die dann wieder mit brutalen Abbaumassnahmen auf die Lohnabhängigen abgewälzt werden. Wir verteidigten nie und verteidigen keineswegs die Sonderbesteuerung der Statusgesellschaften: Die Sonderbesteuerung ist ein Geschenk an die KapitalistInnen und soll daher ersatzlos abgeschafft werden! Wir bekämpfen aber jede Steuersenkung, welche zu Steuerausfällen führt.

Aus der Defensive in den Angriff
Die beiden wichtigsten Vorlagen der laufenden Legislatur 2015-2019 (USR3 und AV2020) wurden an der Urne klar abgelehnt. Das zeugt davon, dass unter den Lohnabhängigen ein gerechtfertigter Klassenhass gegen die Arbeitgeber und die classe politique besteht. Sie erkennen, wer ihren Lebensstandard angreift! Doch diese Wut äussert sich diffus und kann sowohl zur Protestwahl der SVP wie der SP oder eben zur Ablehnung von AV2020 und USR3 führen. Die Wut muss kanalisiert und die Opposition politisch organisiert werden. Das klare Bekenntnis zum Kampf gegen die anstehenden Konterreformen per Referendum (ob gekoppelt oder als Einzelpakete) ist für die JUSO nicht verhandelbar. Hieran scheiden sich jene, die sich gerne in Worten links geben, von jenen, die bereit sind ihren Worten Taten folgen zu lassen.

Wir dürfen das Referendum nicht als Selbstzweck sehen. Trotz der Ablehnung durch das Stimmvolk stehen die gleichen Reformen erneut an (die Rentenaltererhöhung für Frauen soll einfach später folgen). In der heutigen Situation weltweiter ökonomischer Stagnation können sich die Bürgerlichen das Aufschieben der Konterreformen nicht lange leisten. Die internationale Konkurrenz sitzt ihnen im Nacken. Deshalb bringen Referendumserfolge nur vorübergehende Verschnaufpausen – bis die gleichen Attacken erneut aufgegleist sind. Der bürgerlichen Politik sind wir so lange ausgeliefert, wie wir auf die neuen Vorlagen lediglich reagieren. Wir müssen uns von ihrer Agenda lösen. Aus dem Defensivkampf müssen wir uns für die spätere Offensive vorbereiten. Nur so können wir eine Mehrheit erkämpfen.

Der Referendumskampf soll also nicht nur auf den Sieg an den Urnen abzielen, sondern auch auf den Aufbau einer starken Opposition. Defensive Kämpfe müssen immer so geführt werden, dass sie zur Erkämpfung einer Mehrheit, das heisst zur Rückgewinnung der Lohnabhängigen für ein sozialistisches Programm gebraucht werden. Dies erfordert zunächst einmal eine klare Ablehnung von faulen Kompromissen und das konsequente Verteidigen der Interessen der Lohnabhängigen. Nur so können wir aus der defensiven Position (ständiger Kampf gegen Konterreformen) zu einer offensiven Bewegung (Kampf für wirkliche Verbesserungen) werden.

Dies ist nur möglich, wenn die JUSO in ihrer Politik mit dem Opportunismus der SP bricht. Eine linke Opposition darf niemals Verantwortung für die Geschäfte einer bürgerlichen Regierung übernehmen. Karrierismus, ein beschränkender Reformismus und ein Horizont, der auf das Parlamentszimmer limitiert ist, kennzeichnen die Orientierung der SP. Diese führt regelmässig dazu, dass die Partei selbst die Konterreformen anführt, im Glauben daran, es handle sich um einen “notwendigen Kompromiss” und ohne Glauben daran, die lohnabhängige Bevölkerung mit konsequent sozialistischer Politik gewinnen zu können. Diese Politik führt ins Verderben.

Die JUSO stellt dem entgegen, dass wir optimistisch auf die Klasse der Lohnabhängigen  zugehen. Wir vertrauen darauf, dass ein sozialistisches Programm Unterstützung bekommt, weil es das einzige ist, welches die Probleme wirklich lösen kann. Wir können mittelfristig eine linke Mehrheit erkämpfen, aber nicht mit bürgerlicher Politik light!

Mit diesem Ziel wird die JUSO zur Speerspitze der schweizweiten Opposition gegen die Konterreformen bei AHV und Unternehmenssteuern. Doch diese Opposition muss organisiert werden. Das will so bald als möglich in Angriff genommen sein. Die Debatten in Gewerkschaften, Verbänden und sonstigen Organisationen beginnen im August. Das langfristige Projekt der JUSO, der Aufbau eines linken Flügels in der SP und den Gewerkschaften, muss ebenfalls weiter forciert werden.

Das Ziel ist keine reine Defensive gegen die Angriffe. Der Kampf soll so geführt werden, dass die Linke gestärkt daraus hervorgeht – auch innerhalb der SP und den Gewerkschaften.

Da die Konterreform frühestens in der Septembersession des Parlaments verabschiedet wird, legen wir hier einige rote Linien fest. Wenn diese überschritten werden, nimmt die JUSO direkt den Kampf dagegen auf und organisiert sich im Referendumskomitee.

  1. Keine Steuerausfälle, d.h. eine Mindestbesteuerung der Unternehmen, die die aktuellen Steuereinnahmen sichert. Der aktuelle Stand ist die rote Linie. Wir bekämpfen jede Änderung, die zu Steuerverlusten führt, egal wo diese entstehen (Bund, Kantone oder Gemeinden).
  2. Die Rentenleistungen dürfen nicht angetastet werden. Eine Erhöhung des Rentenalters wird ebenso bekämpft wie Senkungen der Rentenzahlungen (sowohl bei AHV wie bei Pensionskassen).
  3. Keine Sanierung der Altersvorsorge auf Kosten der Lohnabhängigen. Ein Erhöhen der Lohnabzüge, die Erhöhung der Mehrwertsteuern oder die Erhebung von sonstigen Abgaben werden bekämpft.

Um diese Vorgaben zu verteidigen und auch die SP und Gewerkschaften dazu zu bringen, beschliesst die JUSO folgende Massnahmen:

  1. Die JUSO-Sektionen reichen diese Resolution (entsprechend den Gegebenheiten des Gremiums d.h. Namen, Organisationen etc. angepasst) in die SP-Sektionen ein.
  2. Die JUSO Schweiz reicht diese Resolution an die SP DV sowie an allen IG-Versammlungen ein.
  3. Alle JUSO-Delegierten stimmen an diesen lokalen, regionalen und nationalen Versammlungen geschlossen gegen eine Vorlage, die eine der oben genannten roten Linien verletzt.
  4. Die JUSO-Delegierten halten Redemeldungen gegen eine allfällige Vorlage die gegen die obengenannten roten Linien verstösst. Die JUSO hält dazu öffentliche Vorbereitungstreffen ab.
  5. Die GL der JUSO Schweiz vertritt diese Linie geschlossen gegen aussen und macht keine gegenteiligen Äusserungen.
  6. Die JUSO GL stellt sicher, dass an den Versammlungen linker Organisationen, zumindest aber der UNIA, VPOD und des SGB, Vertretungen der JUSO vor Ort sind und gegen eine Vorlage, die die obengenannten Punkte verletzt, intervenieren. Die JUSO hält dazu öffentliche Vorbereitungstreffen ab.
Formales zum Vorgehen
Da die JUSO Schweiz bei Resolutionen eine Zeichenbeschränkung eingeführt hat, wird die Resolution hier nur mit den roten Linien und den Massnahmen eingereicht. Alles anderer kommt in die Begründung. Überall sonst wird die Resolution so eingereicht.