Die Regierung des Kantons Basel-Landschaft ist gefangen zwischen einem defizitären Budget und ihrer Unfähigkeit eine eigene, realistische Perspektive für die Wirtschafsentwicklung zu formulieren. Statt einzusehen, dass die engen Grenzen des Kantons die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region hemmen, hat sie sich nun entschlossen, Kantonsland an Investoren zu veräussern.

CC BY 2.0 https://www.flickr.com/photos/rvoegtli/4700975692/in/photolist-bgVpEk-8apJi3-bgLSSz-h9bjwj-m7ScgM-jui5d9-8WQEt5-d4ufLf-65iNUK-nEwZW-mfW9yf-75DjRJ-56Z13f-atLS3f-8fUSgE-6STFD3-6STBSf-apJLfx-6SPt44-hiSJM9Bis vor ein paar Jahren bestand die gesamte Wirtschaftspolitik der Baselbieter Regierung darin, Steuern für Unternehmen und Spitzenverdiener zu senken oder abzuschaffen. Die Kosten dieser Politik sollte wie immer die Bevölkerung tragen. So war es auch kein Wunder, dass die Regierung das unvermeidliche Defizit auf dem Rücken der ArbeiterInnen zu bewältigen versuchte. Eine wichtige Niederlage dieser Politik markierte die Abstimmung über das Entlastungsrahmengesetz am 17. Juni 2012. Ein erster Versuch, 26 Mio. Franken „strukturelles Defizit“ auf Rentner, Jugendliche in Ausbildung und die Gesundheitsversorgung abzuwälzen wurde klar abgelehnt. [1]

Trotzdem hat die Regierung an ihren Plänen festgehalten. Bis 2015 sollen 180 Mio. Franken eingespart werden, davon sind 116 Mio. bereits umgesetzt. [2] Diese Entwicklung zeigt, dass es der Linken im Baselbiet nicht gelungen ist, auf dem Abstimmungssieg von 2012 aufzubauen. Statt den konsequenten Kampf gegen Angriffe auf die sozialen Errungenschaften ins Zentrum ihres Programms zu rücken, wird eine punktuelle Entlastungspolitik betrieben, mit dem Ziel, Einschnitte „sozial verträglich“ zu gestalten.

Nach der Niederlage war der Regierung klar, dass sowohl weitere Steuersenkungen für Reiche als auch Sparpakete an der Urne keine Chance haben würden. Der Plan, im interkantonalen Steuerwettbewerb zum neuen Paradies für Top-Manager und Promis zu werden, musste vorerst für auf Eis gelegt werden. Nun sollte es eine Wirtschaftsoffensive richten: Aus insgesamt 37 „strategisch bedeutsamen Arealen“ wurden vier als besonders günstig für die Ansiedlung „wertschöpfungsintensive Unternehmen“ eingestuft. [3] Ziel dieser Wirtschaftsoffensive ist eine Steigerung der Unternehmenssteuereinnahmen um 50%. Die Antwort auf die Frage, weshalb eine Firma überhaupt in den Kanton ziehen sollte, ist bis heute offen. Denn konkreter als günstige Bedingungen schaffen, Synergieeffekte nutzen und Clusterbildung ist die Vision bis heute nicht geworden. Deshalb will die Regierung das Projekt zumindest teilweise an Losinger-Marazzi, einen privaten Investor, abtreten. Vergoldet wird der Deal durch das Vorkaufsrecht auf einem zentralen Entwicklungsareal.

Diese Entwicklung zeigt die Entschlossenheit der Bourgeoisie, den Druck zu erhöhen: einerseits durch das Abwälzen der katastrophalen Steuerpolitik auf die ArbeiterInnen, andererseits durch einen der grössten Verkäufe von Kantonsland, die die Region in den letzten Jahren erlebt hat. Die Ausweglosigkeit ihrer Situation ist deutlich: Sie sind unfähig, das Defizit in den Kantonsfinanzen durch Vorlagen, welche dem Referendum unterstehen, auf die Bevölkerung abzuwälzen, gleichzeitig aber nicht in der Lage, für die Wirtschaftsentwicklung eine realistische Perspektive zu bieten. Ein Arealentwickler, der sich um das Operative kümmert, kommt da gerade recht.

Sollten die Bemühungen der Baselbieter Regierung, Firmen anzusiedeln von Erfolg gekrönt sein – was angesichts der stagnierenden Investitionen [4] trotz rekordtiefer Zinsen eher fraglich ist – wäre Losinger-Marazzi der grösste Profiteur.

Während die Regierungen also Kantonsland an Spekulanten verkauft, soll die Bevölkerung bis 2015 den Gürtel noch enger schnallen. Doch nicht nur wegen den stagnierenden Investitionen im Zuge der Krise ist die Wirtschaftsoffensive zum Scheitern verurteilt. Die Kantone der Nordwestschweiz sind wirtschaftlich eng verflochten, sowohl untereinander als auch mit Deutschland und Frankreich. Der Kanton Baselland ist also hochgradig abhängig von Entwicklungen in seiner Nachbarschaft. In einer solchen Situation einen Alleingang zu versuchen heisst, die realen Gegebenheiten zu ignorieren. Dies ist nur ein Beispiel, welches die Rückständigkeit der föderativen Strukturen in der Schweiz deutlich aufzeigt.

Die laufenden Bestrebungen zur Fusion der beiden Basler Halbkantone müssen deshalb unbedingt auch in diesem konkreten Kontext betrachtet werden. Es geht dabei nicht nur um das Lebensgefühl von Jugendlichen, die keine Grenzen spüren. Die Abstimmung von 2012 hat gezeigt, dass auch die Bevölkerung in einem konservativen Landkanton nicht sämtliche Einschnitte akzeptiert. Es ist die Aufgabe der progressiven linken Kräfte, insbesondere der JUSO, die Zusammenhänge zwischen einer Regierung in der Sackgasse und dem Verkauf von Kantonsland aufzuzeigen, in die Offensive zu gehen und der Bevölkerung eine sozialistische Alternative zu präsentieren.


Fussnoten:
[1] http://www.onlinereports.ch/Politik.110+M5743141b699.0.html, (05.06.14)
[2] http://www.tageswoche.ch/de/2014_01/basel/623974/, (05.06.14)
[3]http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/baselbiet-will-firmen-anlocken-1.18075717, (05.06.14)
[4] http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/schweizer-firmen-wollen-in-die-zukunft-investieren-1.18095087, (06.06.14)