Filmkritik: No Apologies ist ein Dokumentarfilm eines Lausanner Filmkollektivs. Er ist Zeugnis des unmenschlichen schweizerischen Migrationsregimes und der alltäglichen rassistischen und sogar tödlichen Polizeigewalt. Wir zeigen den Film am 27. August in Bern. 

Einsamkeit; weshalb fühle ich mich einsam, wenn die Sonne aufgeht? Weshalb geht meine Einsamkeit auf, wenn die Nacht anbricht? Sie überkommt mich wie die Angst, sie überkommt mich langsam und entführt mich sanft, auf der Suche nach jemandem der zuhören kann, selbst wenn er mich nicht spürt…”

Mamadou Bamba

Worte können die Welt bewegen! Nicht nur die einer prominenten Person, sondern die Worte jedes einzelnen Menschen, egal von wem sie ist oder woher sie kommt. Doch viele Worte werden nie gehört, sie verenden in Einsamkeit, geschuldet durch die soziale und ökonomische Stellung eines Individuums.

Dieser Film hebt solche Worte, auf die Bühne des Gehörten! Worte von Menschen, die kein Mitspracherecht haben, die in der kapitalistischen Gesellschaft gerade einmal das Recht haben, auf eigene Kosten zu überleben. Die tagtäglich den miserabelsten Umständen ausgesetzt sind, welche in der Schweiz erdenklich sind.

No Apologies ist ein Film von Aladin Dampha, Ebuka Anokwa, Lionel Rupp, Lucas Grandjean, Lucas Morëel und Mamadou Bamba. Er gibt den Menschen, welche nicht gehört werden, eine Stimme. Diese erzählt die Geschichte von Migranten, welche ihr Dasein in der Heimat verlassen haben, um nun in unmenschlichen Bedingungen der Schweiz zu leben. Ihre Geschichten sind wichtig und haben es mehr als verdient gehört zu werden!

Der, am 9. Oktober 2019 erschienene Film ist ein Gemeinschaftsprojekt, das aus einer Zusammenarbeit zwischen direkt Betroffenen und Filmschaffenden entstanden ist. Um die Message frei erzählen zu können, entschieden sich die Autoren, den Film ohne institutionelle Finanzierung zu produzieren. So soll die prekäre Lebenssituation von farbigen Migranten in Lausanne, welche tausendandere überall in der Schweiz gleichermassen betrifft, unverfälscht wiedergegeben werden.

Leere Versprechungen

Ist in der Verfassung nicht geschrieben, dass jede Person die gleichen Rechte hat, egal welche Herkunft, Religion oder Aussehen? Garantierte nicht die bürgerliche Revolution das Recht auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit? So schön das auch klingen mag, in der heutigen Realität sind dies bloss leere Phrasen, welche für unzählige Menschen nicht wahrhaftig sind.

Die Filmemachenden haben alles aufgegeben und ihre Familien zurückgelassen, in der Hoffnung, in Europa ein besseres Leben führen zu können. Doch mit ihrer Ankunft in der scheinbar so freien und neutralen Schweiz, wo das Geld fließt wie Flüsse und Bäche aus den Alpen, treffen Sie eine elende, unmenschliche Situation vor.

Von der See beinahe des Lebens beraubt und von der Wüste getrocknet erreichen sie ihr Ziel des angeblichen Garten Eden, nur um dort als N**** beschimpft zu werden, auf der Strasse zu schlafen und betteln zu müssen. Sie sollten sich in die Gesellschaft eingliedern, Arbeiten gehen. Doch niemand gibt ihnen Arbeit, einfach weil sie anders sind, weil sie nicht die genetischen Äußerlichkeiten eines typischen Schweizers aufweisen und sie keine Papiere haben.

Die Filmschaffenden diskutieren über die letzte Option, Drogen zu verkaufen, um sich den Lebensunterhalt zu finanzieren. Vor allem erzählen sie von der Polizei; des Freund und Helfers; von dem sie nur wegen ihrem Aussehen verprügelt, drangsaliert und verhaftet zu werden…

Was ist das für ein Leben?

Tragische Lebensgeschichten

Alle Leute im Film haben dies durchgemacht. Es sind ihre Erlebnisse, ihre Worte und ihre Geschichten, welche in diesem Film auf sehr emotionale Weise zur Geltung gebracht werden.

Auch wenn nur in zersplitterten Teilen auf die Geschichte der einzelnen Menschen eingegangen wird, zeigt er den Zuschauern eine Welt, welche die meisten Schweizer nicht jeden Tag erleben. Die Welt von Migranten, People of Colour, welche in der Schweiz nicht nur gegen Rassismus und Polizeigewalt, sondern auch ums bloße Überleben kämpfen müssen.

Nicht nur in den USA gab es schon Tote aufgrund rassistischer Polizeigewalt. Nein. 2018 starb Mike Ben Peter in Lausanne in den Händen von 6 Polizisten!

Die Mitwirkenden von No-Apologies kannten Mike. Sie kannten seine Geschichte; von einem Mann, der wie auch die anderen voller Hoffnung auf ein besseres Leben in die Schweiz kam. Er war ein guter Freund und Vater. Trotzdem wurde er sprichwörtlich und gewaltsam von der Staatsgewalt zu Boden gebracht und bezahlte mit seinem Leben!

Diese Tragödie kommt nur zu gut in den Erzählungen von Aladin Dampha und Ebuka Anokwa zur Geltung.

Wieso?

Die Mischung aus den Geschichten und Gefühlen, welche von direkt Betroffenen erzählt werden, fordert nicht nur starke Emotionen beim Ansehen, sondern trägt bedeutend zum Verständnis der Situation dieser Personen bei.

Die Botschaft des Films ist erschütternd.

Auch wenn man sich kritisch mit den heutigen Zuständen befasst, werden einem durch dieses Werk die Augen geöffnet.

Der Film gibt zwar kein Aufschluss, wieso die Lage so misslich und der Rassismus, nicht nur in der Schweiz, sondern auf der ganzen Welt immer noch so verankert ist. Wieso diese Leute in der Schweiz zu unmenschlichsten Bedingungen Leben und Arbeiten müssen (ohne eine Bewilligung zu bekommen), obwohl sie gebildet sind und sich wünschen zu arbeiten.

Die Frage des “Wieso” ist eine der dringendsten in der heutigen Gesellschaft. Durch das Bild der Lage, welche der Film bietet, müssen wir die Frage des “Wieso” stellen!

Nur durch die Antwort dieser Frage können wir den Rassismus, die Polizeigewalt und die Ausbeutung ein für alle Mal stoppen!

Der Film gib den Menschen, welche am meisten unter der Tyrannei der kapitalistischen Ordnungshüter leiden eine Stimme. Das ist wichtig. Aber noch wichtiger ist es, diese Situation endlich zu verbessern!

Dazu braucht es alle! Nicht nur Migranten oder People of Colour, sondern auch alle anderen Lohnabhängigen!

Rassismus und Ausbeutung aller Art haben in der heutigen Gesellschaft sowohl eine materielle Grundlage wie auch eine ideologische Funktion, welche Hand in Hand mit dem Kapitalismus geht. Nur eine kleine Handvoll von Leuten profitieren davon: die Kapitalisten.

Nur als Klasse der Lohnabhängigen – der Besitzlosen und Ausgebeuteten – vereint können wir die Grundlage für die Ausbeutung und Unterdrückung, für Rassismus, Sexismus, etc. ein für alle Mal vernichten. Nur durch den Sturz des ausbeuterischen Kapitalismus können wir eine Gesellschaft im Interesse aller Menschen aufbauen!

Wir organisieren eine Vorführung des Films mit anschliessender Diskussion in Bern:

Mittwoch, 26. August 2020, 19:30 Uhr im Kino in der Reitschule:

Eventinformationen und Trailer

Kommt vorbei und diskutiert mit uns, wie wir gegen Rassismus kämpfen!

Jeder ist willkommen, wir freuen uns auf Dich!

Krigiye,
JUSO Bern