Tausende Schülerinnen und Schüler streikten am Freitag in mehreren Schweizer Städten lautstark für eine griffige Klimapolitik. Auch der Funke war dabei. Ein Bericht aus Basel.

Nach den zahlreichen Demonstrationen der letzten Jahre gegen die Sparmassnahmen in der Bildung, zuletzt beim schweizweiten «Bildungsaufstand» im Frühling 2018, bewegt sich die Jugend erneut. Dieses Mal richtete sich die Wut der SchülerInnen gegen die scheinheilige Klimapolitik der Schweizerischen und internationalen Bourgeoisie. Nachdem bereits am Freitag, dem 14. Dezember, Zürcher SchülerInnen den ersten Klimastreik auf die Strasse getragen hatten, blieben eine Woche darauf am 21. Dezember in Zürich, Basel, Bern und St. Gallen mehrere tausend dem Unterricht fern und demonstrierten. Organisiert wurde das ganze von SchülerInnen und Jugendlichen als «dezentrale» Bewegung, wie es auf der Webseite climatestrike.ch heisst.

Gegen Wind, Regen und Rektoren
In Basel nahmen SchülerInnen aus sämtlichen Gymnasien und einigen Sekundarschulen teil – und dies trotz miesestem Demowetter. Aber nicht nur Wind und Regen wurde getrotzt. Dass Rektoren und LehrerInnen verschiedener Schulen mit unentschuldigten Absenzen im Zeugnis drohten, sind deutliche Einschüchterungsversuche, die wir verurteilen. Der kämpferischen Stimmung konnten diese aber nichts anhaben.

Die Streikenden blockierten schliesslich um 10:30 Uhr die Strasse vor dem Rathaus, um dem Grossen Rat und der Regierung ihre Entschlossenheit zu zeigen. Kein leichtes Unterfangen, da auf dem Platz gleichzeitig noch Markt war. Teilweise machte sich auch Verwirrung breit, denn die Megaphone waren nicht laut genug, sodass in den hinteren Reihen die Ansprachen nicht vernommen werden konnten. Doch die Stimmung blieb motiviert, erst recht als man sich um elf Uhr zum Demonstrationszug formierte und über die Mittlere Brücke bis zum Messeplatz zog.

Mit vielen kreativen Schildern und Bannern machten die SchülerInnen auf ihr Anliegen aufmerksam. Mehr als ein Transparent zeigte ein Zitat der 15-jährigen schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg aus ihrer Rede vor dem UNO-Klimagipfel: «Euch gehen die Ausflüchte aus und uns die Zeit.» Aber auch Lokalbezug war zu sehen. So stand etwa auf einem Gilet: «Fürs Klima – Nicht Für 117 Tesla» (die Basel-Städtische Polizei hatte sich vor kurzem sieben Teslas angeschafft).

Als die Menge auf dem Messeplatz zu einer Schweigeminute niederkauerte, wurde das Ausmass der Versammlung sichtbar: ca. 1200 Teilnehmende. Für viele Jugendliche, die sich zum ersten oder zweiten Mal an einer Demonstration beteiligten, war das ein befreiender Moment. Das Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit angesichts dessen, was täglich weltweit passiert – sei es Rassismus, Sexismus, Leugnung des Klimawandels oder Kürzungen im öffentlichen Sektor – kann überwunden werden durch massenhafte direkte Aktion und Organisierung. Die Demo schloss mit mehreren sehr engagierten Wortmeldungen. Auf grossen Zuspruch stiessen beispielsweise die Worte einer Sekschülerin: «Wir hoffen, dass die Politiker nun etwas gelernt haben und gute Gesetze machen. Und wenn nicht, dann streiken wir einfach wieder bis sie es tun!» Tatsächlich planen die Schülerinnen und Schüler bereits ihre nächsten Aktionen. Am 30. Dezember findet in Bern ein nationales Planungs- und Vernetzungstreffen statt. Das Bewusstsein, dass eine einmalige Aktion keine Lösung bringt, ist also durchaus vorhanden. Dies ist wichtig, denn um diesen Kampf zu gewinnen, braucht es einen langen Atem.

Internationales Phänomen
Inspiriert wurden die SchülerInnen von Greta Thunbergs Rede vor dem UNO-Klimagipfel im polnischen Katowice Mitte Dezember, die rasch viral geteilt wurde. Darin geisselte sie die Unfähigkeit der Versammelten, für Klimagerechtigkeit zu sorgen. Darunter versteht man, dass der Ausstoss von Emissionen nicht nur reduziert, sondern dass die Kosten der Reduktion von den Hauptschuldigen getragen werden und nicht auf die Ärmsten abgewälzt werden. In ihren eigenen Worten: «Ihr seid nicht reif genug, die Wahrheit zu sagen. Selbst diese Bürde überlässt ihr uns Kindern. (…) Unsere Zivilisation wird geopfert, damit eine sehr kleine Gruppe von Leuten enorme Summen anhäufen kann.»

Schon seit Sommer rief Thunberg SchülerInnen dazu auf, solange vor den Parlamenten zu streiken bis die PolitikerInnen endlich wirksame Massnahmen gegen den Klimawandel beschliessen würden. Damit wurde ein Stein ins Rollen gebracht, der zu einer Lawine wurde: Zehntausende SchülerInnen in verschiedenen europäischen Ländern und Australien haben seither landesweite Klimastreiks organisiert.

Eine weitere Motivation für die Streiks in den Schweizer Städten war die Verabschiedung des neuen CO2-Gesetzes im Nationalrat vor wenigen Wochen. Die Mehrheit von SVP und FDP strich praktisch alle verbindlichen Massnahmen aus dem Gesetz. Die Jugendlichen fühlen sich zu Recht um ihre Zukunft betrogen von einem bürgerlichen Parlament, dessen Altersdurchschnitt gut über 50 Jahren liegt. So hiess es auf einem Transparent: «Wieso für eine Zukunft lernen, die es nicht mehr gibt?».

Grüner Kapitalismus?
Der Slogan «System change not climate change» verdeutlicht, dass die Jugend mehr will als nur ein paar Gesetzesänderungen. Dies verdeutlichte auch der Beitrag einer weiteren Rednerin. Sie erklärte, dass die reichsten zehn Prozent für die Hälfte des CO2-Ausstosses verantwortlich seien, die ärmsten 50% hingegen nur für einen Zehntel.

Das Problem sind aber nicht die individuellen KapitalistInnen, sondern das kapitalistische System selbst. Im Kapitalismus ist das Eigentum an den Produktionsmitteln privat, und diese Eigentümer – die KapitalistInnen – setzen mit unserer Arbeitskraft die Produktionsmittel in Gang, um Profite zu machen. Um KapitalistInnen zu bleiben, müssen sie dabei Profite machen und Kapital anhäufen – das Konkurrenzverhältnis zwischen den Privatproduzenten unterwirft diese der kapitalistischen Logik, ob sie wollen oder nicht. Diese kapitalistische Logik hat als oberste Massregel die Profite und das Anhäufen von Kapital («Wachstum»). Eine nachhaltige, «grüne» Bewirtschaftung unserer natürlichen Umwelt findet in dieser Logik keinen Platz.

«System change» = sozialistische Revolution!
Im Sozialismus wird die Wirtschaft nicht mehr nach dem Profit, sondern nach den Bedürfnissen der Mehrheit ausgerichtet und demokratisch geplant. Nur so können wir kontrollieren, wie und was produziert wird. So können auch die mehr als nötigen Massnahmen gegen den Klimawandel (negative Emissionen, Ausbau erneuerbarer Energien, Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, etc.) wirklich durchgesetzt werden. Mit unserem Übergangsprogramm für die Umwelt versuchen wir einen Weg aufzuzeigen – in eine «nachhaltige» Gesellschaft, zum Sozialismus.

Freiwillig werden die KapitalistInnen ihr Eigentum und ihre finanziellen Ressourcen aber nicht hergeben. Deshalb brauchen wir eine internationale, sozialistische Revolution. Trotz der schwersten Krise des Kapitalismus seit jeher sind die revolutionären Kräfte weltweit noch zu schwach. Um diese aufzubauen, nehmen wir aktiv in den Jugend- und Arbeiterbewegungen teil und organisieren Menschen um die Ideen des revolutionären Marxismus.

Wenn ihr einverstanden seid, oder diese Punkte und Fragen mit uns diskutieren wollt, schreibt uns einfach eine Mail (redaktion@derfunke.ch) oder auf Facebook. In Basel, Bern, Zürich und Genf organisieren unsere Marxistischen Studierendenvereine zudem regelmässig Diskussionstreffen und öffentliche Veranstaltungen.

Silvan Degen
JUSO Baselland