Die JungsozialistInnen stehen an einem Wendepunkt. Nach mehreren erfolgreichen Jahren, auch dank der 1:12 Initiative, und der sich verschärfen der Wirtschaftskrise muss sie sich nun für die Zukunft wappnen. Es hat sich gezeigt, dass Initiativen allein nicht reichen, um die Partei aufzubauen. Aus diesem Grund hat die marxistische Strömung der Funke ein Aktionsprogramm ausgearbeitet, welches an der Jahresversammlung diskutiert wird. Neben unserem Aktionsprogramm wird an der Jahresversammlung der Juso nun auch die Richtungsresolution der Juso beider Basel diskutiert. Wir begrüssen ihre Initiative, die Diskussion zu verbreitern, was für ein demokratisches Regime innerhalb der Juso unentbehrlich ist. Nichtsdestotrotz müssen wir starke Kritik üben an der Resolution, welche, neben einer falschen Analyse, den Anforderungen unserer Zeit nicht gerecht wird und so der Juso keine konkreten Antworten auf die Aufgaben der Zukunft liefern kann.

Die Resolution beginnt mit einem Klassiker: Dem Neoliberalismus als Feindbild. Wir brauchen nicht zu diskutieren, dass der Neoliberalismus uns eines Grossteils der sozialen Errungenschaften beraubt hat, oder diese infrage stellt. Doch weckt diese Kritik am Neoliberalismus falsche Hoffnungen in die Möglichkeit, zur „sozialen Marktwirtschaft“ zurückkehren zu können, welche durch den Neoliberalismus unterminiert worden sei. So wird in der Resolution versucht, einen direkten Zusammenhang zwischen Krise und Neoliberalismus zu konstruieren: „Nach 30 Jahren neoliberaler Dominanz ist die Wirtschaft deutlich krisenanfälliger geworden.“ Wir verneinen diesen Zusammenhang, denn der Kapitalismus ist nicht einfach ein System, das im Moment von den falschen Ideen beherrscht wird. Es ist die Eigenschaft des Kapitalismus, regelmässig unter Überproduktion zusammenzubrechen, um dann den Weg zu ebnen für ein neues System oder wieder von neuem zu beginnen.

Weiter betont die Resolution die SchweizerInnen scheinen die Krise kaum zu spüren und lässt es dabei bewenden. Doch was bringt uns eine Analyse, welche die Schweiz, als Teil eines Ganzen, isoliert betrachtet? Die Krise hat sich nicht einfach in verschieden Ländern festgesetzt, um dort wie die Malaria ausgesessen zu werden. Sie ist ein dynamischer Prozess, welcher die gesamte Weltwirtschaft betrifft, die Schweiz mit eingeschlossen. Der Umstand, dass die Schweiz wirtschaftlich besser aufgestellt ist als der Rest Europas, hat verschiedene Gründe, welche sich jedoch schnell in ihr Gegenteil verkehren können. Dieser Artikel ist jedoch nicht der Rahmen, um genauer darauf einzugehen. Wichtig ist hierbei, dass wir davon abkommen, Dinge statisch zu betrachten und sie als das zu erkennen, was sie sind: lebendige Prozesse.

Bei gleichzeitiger Verneinung einer spürbaren Auswirkung der Krise auf die Schweiz erklärt die Resolution stagnierende Löhne, steigenden Mieten und Krankenkassenprämien zu den grossen Problemen der SchweizerInnen. Dieser Widerspruch würde sich nur auflösen lassen, wenn wir behaupten würden zwischen Krise und sinkendem Lebensstandard bestehe kein Zusammenhang. Man braucht kein Marxist zu sein, um das zu verneinen.

Die Juso und ihre Ziele

Betrachten wir die Situation der Schweiz statisch, leiten also die Zukunft von der Gegenwart ab, so wissen wir tatsächlich alle, „dass die Machtverhältnisse zwischen Kapital und Arbeit sowie die ökonomischen und kulturellen Bedingungen auf absehbare Zeit keine radikale sozialistische Umwälzung in der Schweiz zuzulassen scheinen.“ Diese Herangehensweise einmal verworfen, ist diese Voraussage nicht mehr haltbar. Das bedeutet nicht, dass wir schon morgen die Revolutionsglocken läuten lassen, sondern dass wir unsere politischen Ziele und Inhalte den Entwicklungstendenzen des Kapitalismus anpassen müssen.

Wir gehen mit den VerfasserInnen der Resolution einig, dass wir, um unserem Ziel näherzukommen, als allererstes unsere Bewegung stärken müssen. Bedeutet dies jedoch: „Mit Kraft und Witz die politische Diskussion zu beeinflussen?“ Wir sagen Nein. Nicht die Beeinflussung der politischen Diskussion muss unser Ziel sein, sondern die Diskussionen zu setzen. Dass wir dazu fähig sind, haben wir mit der 1:12 Initiative bewiesen.

Ja, wir müssen die Jugend mit relevanten Forderungen und zukunftsträchtigen Ideen erreichen und bewegen, brauchen dazu populäre Forderungen, starke Kampagnen, gute Bildungsarbeit und dafür eine Intelligente Führung. Doch wie erreichen wir das, durch das Aktionsprogramm oder durch die Richtungsresolution, welche uns kein Programm, sondern „Relevante Themen mit viel Potential für uns“ bieten möchte?

„Relevante Themen mit viel Potential für uns“

Zu sagen, das Aktionsprogramm und die „relevante Themen“ seien nicht beides Programme, wäre Haarspalterei. Der wichtigste Unterschied, ganz losgelöst von inhaltlichen Unterschieden, ist die Unverbindlichkeit, mit welcher „relevante Themen“ daherkommen. Ein Vorschlag an die GL, welcher schnell wieder in einer Schublade verschwinden kann.

Die „Relevanten Themen“ sind beliebig zusammengewürfelt, teilweise dem Aktionsprogramm entnommen, ohne Bezug zueinander oder zur weiter oben gemachten Systemkritik. Die Richtungsresolution entpuppt sich als Papiertiger, welcher nie dazu gedacht war, eine Rolle zu spielen.

Wie wir Forderungen aufstellen

Im Gegensatz zur Richtungsresolution gibt unser Aktionsprogramm der Juso tatsächlich eine Richtung, die Richtung zum Sozialismus. Unsere Forderungen sind angepasst an die realen Bedingungen und nicht an die momentane Verfassung des Bewusstseins der Bevölkerung. Würden wir tatsächlich Umfragen innerhalb der Bevölkerung starten, wie die Richtungsresolution unter anderem Vorschlägt, so wäre unser nächstes Projekt womöglich fremdenfeindlich.

Das Ziel des Aktionsprogramms ist es, nicht einfach nur radikale Forderungen aufzustellen, sondern an der Lebensrealität der Bevölkerung anzusetzen und diese mit der Perspektive für den Sozialismus zu verknüpfen. Dazu stellen wir Forderungen auf, welche mit der Logik des Systems brechen und bereits den Keim einer sozialistischen Gesellschaft in sich tragen. Versucht die Exportindustrie beispielsweise wieder aufgrund wirtschaftlicher Not, die Wochenarbeitszeit bei gleich bleibendem Lohn zu erhöhen, so fordern wir die Öffnung der Geschäftsbücher gegenüber den Angestellten. Dies würde zum einen den Unternehmen die Möglichkeit entziehen zu lügen, und wichtiger, bereits den Grundstein legen für die Leitung der Wirtschaft durch die ArbeiterInnen.

Das Aktionsprogramm ist nicht wie die Richtungsresolution ein Forderungskatalog, aus welchem man sich je nach Erwägung die eine oder die andere herauspickt, sondern ein Netz von Forderungen, welche für sich allein schwach sind. Nehmen wir die Forderung nach einem kostenlosen öffentlichen Verkehr. Wie finanzieren wir diesen? Als SozialistInnen ist für uns klar, wer ihn zu bezahlen hat: Unternehmen, Aktionäre, Erben. Doch dürfen wir uns keinen Illusionen hingeben, die Drohung Kapital und Arbeitsplätze aus dem Land zu schaffen ist durchaus eine Option. Um dies zu verhindern, fordern wir die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen, die Vergesellschaftlichung der Unternehmen und Enteignung des Kapitals derer, die
 sich den Bestimmungen widersetzen. Jede Massnahme, wollen wir sie denn in unserem Sinne durchsetzen, verlangt eine weitere Massnahme, und durchstösst so die engen Grenzen des Kapitalismus. Bleiben wir auf diesem Weg stehen, so kann dies unsere Massnahmen gar schädlich machen. Höhere Steuern für alle, Kapitalflucht und verlorene Arbeitsplätze wären die Folge.

Kaum konkretes in der Richtungsresolution

Abgesehen davon, dass die Resolution nicht in sich aufgeht, verpasst sie es, ausser beim Punkt der „Studiengebühren-Bremse“, konkrete Forderungen zu stellen. Wo die Resolution Inhaltsleere Sätze aneinander Reiht, gibt unser Aktionsprogramm konkrete Antworten. Zwei Beispiele.

Richtigerweise greift die Resolution der Juso beider Basel die Wohnungsfrage auf, die Menschen aller Altersklassen betrifft. Irritierend wirkt jedoch, dass die einzige Forderung die nach einer sozialen Wohnbaupolitik ist, welche mit einem breit abgestützten Initiativprojekt verwirklicht werden soll. Dabei lässt die Resolution unbeantwortet, was sie denn unter einer sozialen Wohnbaupolitik versteht. Wir hingegen fordern in unserem Aktionsprogramm die Beendigung des Mietwuchers durch Kostendeckende Mieten, den breit angelegten staatlichen Bau von gemeinnützigen Wohnungen und ein Verkaufsverbot von staatlichem Land. Auf dieser Grundlage wären wir gerne bereit, unter der Führung der Juso ein breites Bündnis aufzubauen.

Weiter zum Punkt der „Studiengebühren-Bremse“, ihrer einzigen konkreten Forderung. Erreichen wollen sie diese durch gesetzliche Beschränkung der Studiengebühren an allen Unis und FHs. Und wieder will die Resolution dieses Ziel mit einer Initiative erreichen. Dann haben wir schon zwei, eine für sozialen Wohnungsbau und eine zur Begrenzung der Studiengebühren. Wie der Rest der Resolution versprüht der gesamte Abschnitt kaum Hoffnungen in die Zukunft. Sie beginnt damit, unser Hauptziel, die Abschaffung der Studiengebühren für „momentan“ unerreichbar zu erklären: „im Moment stehen wir damit in der Schweiz leider auf verlorenem Posten.“ Die Resolution wirft die Flinte ins Korn, bevor überhaupt daran gedacht wurde, zu kämpfen. Kein Schritt ist in der Vergangenheit unternommen worden die StudentInnen zu organisieren, auch kein Wort dazu in der Resolution.

Zeit für Optimismus

Die Resolution der Juso beider Basel ist ein Meisterwerk des Pessimismus. Wo das Aktionsprogramm Mut macht, gibt die Resolution auf. Das Stimmvolk sei alt und konservativ, der Sozialismus unerreichbar, die Abschaffung der Studiengebühren unpopulär. Mit solchen Grundbedingungen ist es nicht möglich, eine starke linke Politik voranzutreiben. Das Papier liesst sich, als hätten die Autoren bereits unzählige Niederlagen erlitten und die Hoffnung an eine bessere Welt bereits aufgegeben.

Wir haben jedoch allen Grund, optimistisch zu sein: die Menschen auf der ganzen Welt pfeifen auf solche Schwarzmalereien. Sei dies in Bosnien, Ägypten, Tunesien  oder Brasilien, wo die Menschen beginnen, ihre Zukunft selber zu gestalten. Es ist an der Zeit, dass wir das auch tun.