Wieso die Linke europaweit versagt. Was wir tun müssen, damit uns das nicht passiert. Warum es eine Revolution für Reformen braucht und vor allem: Warum wir Lukas Nyffeler wählen sollten!

Was ist Reformismus?
Als Reformismus bezeichnen wir den Versuch ein politisches System in kleinen Schritten zu verändern. ReformistInnen versuchen zum Beispiel auf parlamentarischem Weg einen Mindestlohn einzuführen. Man will verhindern, dass die ArbeiterInnen verarmen. Je mehr Reformen, desto besser geht’s den Leuten. Ziel ist es, eine Mehrheit im Parlament zu erlangen. So hofft man mit Reformen den Kapitalismus human zu machen. Aus dem Kapitalismus erwächst langsam der Sozialismus, ohne einen radikalen Umschwung oder eine Revolution. So soll sich das System Stück für Stück verändern, bis es zu etwas Neuem wird. Von den sozialistischen Ideen bleibt nichts mehr übrig. Ziel ist es, den Kapitalismus fair zu gestalten. Warum dieser Versuch eine Illusion ist, werden wir weiter unten behandeln.

Warum scheitern Reformen heute?
Es ist kein Zufall, dass die traditionellen Arbeiterparteien, die eine reformistische Strategie fahren, heute versagen. In Frankreich sparen die Sozialdemokraten. In Griechenland ist die PASOK wegen ihrer bürgerlichen Politik zusammengebrochen. Heute ist die Syriza an der Macht. Sie ist aufgrund ihrer wichtigen Rolle im bürgerlichen Staat dazu verdammt, bürgerliche Politik zu machen. Zum Beispiel unterschrieb der Sozialdemokrat Tsipras (SYRIZA) die schlimmsten Sparmassnahmen, welche die GriechInnen jemals ertragen mussten. In Italien ist die Sozialdemokratie gar nicht mehr relevant und in der Schweiz versucht sie das Rentensystem zu verschlechtern. Während der Wirtschaftskrise bangt das Kapital um seine Profite. Steuern müssen für die KapitalistInnen gesenkt werden. Die Krümel, welche für die ArbeiterInnenklasse übrig sind, werden kleiner. Sparmassnahmen stehen auf dem Tagesprogramm. Die einst erkämpften Reformen werden rückgängig gemacht oder verwässert. In dieser Situation erodiert die Verhandlungsgrundlage der ReformistInnen und sie sind gezwungen, die Wirtschaft für die KapitalistInnen wieder zum Laufen zu bringen.

Die Wirtschaft ist die Grundlage der Politik. Reformen sind auf eine florierende Wirtschaft angewiesen. Die englische Sozialdemokratie konnte nach dem zweiten Weltkrieg ihr politisches Programm weitgehend umsetzten. Europa war zerstört und musste wieder aufgebaut werden. Das kurbelte die Wirtschaft an. Riesige Profite wurden realisiert und es gab einen Spielraum für Reformen. Der Wirtschaftsboom erlaubte es der Bourgeoisie, Krümel von ihrem Profit abzugeben. Dank der Reformen der Sozialdemokratie fanden sich Teile der ArbeiterInnenklasse in einer besseren Situation wieder. So entstand eine privilegierte Schicht in der ArbeiterInnenklasse. Bezeichnend für diese Periode ist, dass die Arbeiterorganisationen in den Staat eingebunden wurden. In der Schweiz wurde die Sozialpartnerschaft gefestigt. Die Führung der ArbeiterInnenorganisationen verhandelte für die ArbeiterInnen mit den Bossen und in den Parlamenten. Dies führte dazu, dass der Kampf auf der Strasse und die aktive Beteiligung der ArbeiterInnen in der Politik unbedeutender wurde. Dies dürfen wir nicht ausser Acht lassen, wenn wir feststellen, dass die SP sich von der ArbeiterInnenklasse entfernt hat.

Das erklärt aber nicht, wieso sich die ReformistInnen von heute an den Sparprogrammen, an einer erschreckenden Flüchtlingspolitik und an Steuergeschenken beteiligen. Das Problem ist die Logik des Reformismus. Die Existenzgrundlage für ReformistInnen sind Reformen. Wir haben festgestellt, dass es Reformen nur in Boomphasen gibt. Deshalb braucht der Reformismus, um existieren zu können, eine funktionierende kaptitalistische Wirtschaft. Sie sind gezwungen, Austeritätspolitik zu unterstützen, da sie keine andere Antwort auf die Krise haben. Sie müssen sich hinter die Interessen der Kapitalisten stellen, ihre Interessen verteidigen auf Kosten der ArbeiterInnenklasse. Um Reformen durchführen zu können braucht es einen (gesunden) Kapitalismus. Ist die Existenz des Kapitalismus bedroht, können sie nicht anders, als sich gegen die ArbeiterInnen zu wenden und den Kapitalismus zu verteidigen.

Der griechische Premierminister Tsipras hat sich trotz der enormen Unterstützung der griechischen Bevölkerung die Zähne an der EU ausgebissen. Er und Ex-Finanzminister Varoufakis versuchten den KapitalistInnen zu erklären, was ihre Interessen sind. Es stellte sich heraus, dass die Sparmassnnahmen für die Kapitalistinnen eine Notwendigkeit sind.  Tsipras versprach ein Ende der Sparmassnahmen und stimmte dann doch schliesslich den schlimmsten Sparmassnahmen zu, die es in Griechenland je gegeben hat. Für die Linke ist das eine wichtige Lektion, aus der wir lernen müssen.

Diese Sparmassnahmen bedeuten Elend auf den Strassen Griechenlands. Der Sozialstaat, den sich die Griechen erkämpft hatten, ist weg. Natürlich kann man sagen, dass wir in einer solchen Situation anders gehandelt hätten. Aber wir dürfen die Frage nicht auf eine Unterscheidung von guten und bösen ReformistInnen reduzieren. Wir müssen den Fakt anerkennen, dass, wenn wir zu weit gehen, die KapitalistInnen nicht einfach nur zuschauen werden. Je mehr Reformen wir erreichen, desto weniger Profit und Kontrolle hat die herrschende Klasse in unserer Gesellschaft. In Chile wurde eine sozialistische Regierung wegbombardiert, weil sie zu weit ging.

Ein steigender Lebensstandard der Mehrheit in unserer Gesellschaft bedeutet weniger Profit für das eine Prozent. Da schaut die Machtelite unserer Gesellschaft nicht einfach nur zu.  Wir müssen mit Sabotage rechnen, sei es auf einer wirtschaftlichen oder einer repressiven Ebene. Es geht nicht darum zu sagen, er oder sie sei einE guteR oder einE böseR ReformistIn. Die Linke muss wegkommen von moralischen Kategorisierungen. Wir müssen vielmehr erkennen, dass, wer nicht bereit ist mit den Spielregeln des herrschenden Systems zu brechen, in der Logik des Kapitalismus gefangen bleibt.

Die ArbeiterInnen und die SP. Eine zerbrochene Liebe?
Aber auch die Orientierung der Linken hat einen Einfluss auf ihre Schwäche. Weg von der Arbeiterklasse, auf zum Alnatura-Bio-Karottensaft und zum Veloweg! Die Vertreterstrategie (Parteien verhandeln in der Regierung für die ArbeiterInnen) der Linken führte zum Auseinanderdriften der politischen Führung der ArbeiterInnenklasse und der ArbeiterInnenklasse selbst. In den 30er Jahren erklärte sich die SP zur Volkspartei, im Gegensatz zur Klassenpartei. Dies zwingt die Partei zwischen den verschiedenen Klasseninteressen zu lavieren. Man akzeptiert die KapitalistInnenklasse und muss auf sie Rücksicht nehmen.

Heute diskutiert man mit SP-Mitgliedern darüber, ob es noch eine ArbeiterInnenklasse gibt oder nicht. Dass die ArbeiterInnenklasse von heute vermehrt auf Tastaturen tippt und keine Hämmer mehr schwingt ist klar verwirrend. Historisch ist die SP die Partei der ArbeiterInnen. Negiert sie die Existenz dieser Klasse, negiert sie den Existenzgrund der SP. ArbeiterInnenparteien wie die SP sind als politischer Ausdruck der ArbeiterInnenklasse entstanden. Sie sind Ausdruck des Klassenkampfes zwischen den KapitalistInnen und den ArbeiterInnen. Entfernt sich die Arbeiterklasse von der SP, so entfernt sich gleichzeitig die SP von den Interessen der ArbeiterInnenklasse und verliert ihren Klassenstandpunkt. Man konzentriert sich auf die “Mittelschicht” und Fahrradparkplätze. So gerät man in einen Teufelskreis. Die ArbeiterInnen fühlen sich von der SP nicht mehr vertreten, während die Sozialdemokratie sich darüber beklagt, dass die ArbeiterInnen nun SVP wählen.

Moral predigen kann man ohne ArbeiterInnen, Druck ausüben nur mit ihnen. Die Bürgerlichen sind nur bereit Zugeständnisse zu machen, wenn sie Angst vor einem sozialen Konflikt haben. Findet die Politik hinter geschlossenen Türen statt, wird die Gefahr von sozialen Konflikten kleiner. Mit der Vertreterstrategie untergräbt die Sozialdemokratie ihre eigene Existenzgrundlange. Die Linke muss wieder den Standpunkt der Arbeiterklasse einnehmen. Wir müssen einsehen, dass die bisherige Strategie des Reformismus gescheitert ist.

Warum Reformen eine revolutionäre Strategie bedingen
Deshalb brauchen wir eine revolutionäre Strategie. Als Marxistin werde ich oft gefragt: «Warum bist du in der Juso, wenn du nicht für Reformen bist?» Wir MarxistInnen sind nicht gegen Reformen! Reformen sind wichtig, weil sie einerseits das Leben erleichtern.

Andererseits sind Reformen eine Schule. Die ArbeiterInnenklasse erkennt durch den Kampf für Reformen ihre Stärke. Sie erkennt, dass die Einheit der Arbeiterklasse etwas verändern kann, dass wir zusammen stark sind. Deshalb kämpfen wir MarxistInnen für Reformen und verteidigen diese. Gleichzeitig betonen wir aber, dass ein Leben aller in Würde nur garantiert ist, wenn die 99% unserer Gesellschaft die Kontrolle über ihr Leben erringen können. Ich habe schon angesprochen, dass es in Zeiten der Krise nicht möglich ist Reformen umzusetzen. Die herrschende Klasse gibt keinen Krümel ab. Die permanente Steuerreformerei zeigt, dass die KapitalistInnen damit beschäftigt sind, Druck auf die Staaten auszuüben, um noch weniger zahlen zu müssen. Das Hauptargument für die Regierungsbeteiligung der SP ist heute: “Ohne uns wär’s viel schlimmer geworden!” Von Reformen, die sich positiv auf das Leben der ausgebeuteten Schichten auswirken, kann heute aber keine Rede mehr sein. Die SP hilft heute vielmehr bei der bürgerlichen Krisenpolitik mit.

Um heute Verbesserungen erkämpfen zu können, müssen wir erstens die Strasse erobern und zweitens unsere Chefs und Vorgesetzten entmachten. Sie werden uns keinen Mindestlohn geben. Sie sind beschäftigt mit dem Entlassen von Leuten, dem Erhöhen der Arbeitszeit usw. Auch wenn man kurzfristig etwas erreichen kann, bläst die Bourgeoise bald wieder zum Angriff. Die USR 3 wurde gerade erst versenkt, schon kommt die nächste Steuerreform. In Genf haben die Studenten erfolgreich die Erhöhung der Studiengebühren verhindert. Im neuen Budget der Uni Genf wurden die fehlenden Einnahmen anders ausgeglichen. Um Reformen und erkämpfte Verbesserungen erhalten zu können, brauchen wir eine revolutionäre Strategie. Die Fabriken, Maschinen, der Boden, die Banken etc. müssen vergesellschaftet werden. Die Profitlogik muss aufgelöst werden. Nur so können wir verhindern, dass einzelne das Leben von Millionen zerstören können. Nur so kann garantiert werden, dass es nicht um den Profit, sondern um Menschen geht. Ohne Konkurrenz gibt es keine Steuergeschenke mehr. Ohne Profit keine Sparmassnahmen. Erlangt die ArbeiterInnenklasse die Kontrolle über die Produktionsmittel, kann zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit zum Wohle aller gewirtschaftet werden. Der Lebensstandard kann für alle verbessert werden.

Unsere Aufgabe ist es, sozialistische Ideen in der ArbeiterInnenbewegung zu verteidigen. Wir müssen die Revolution mit einem marxistischen Programm anführen. Das Ziel ist die Enteignung (Entmachtung) des einen Prozents. Tun wir das nicht und lehnen wir eine revolutionäre Umgestaltung unserer Gesellschaft ab, laufen wir zu den Reihen der Bürgerlichen über. Denn wir akzeptieren die Spielregeln und müssen nach bürgerlicher Logik funktionieren. Wollen wir Reformen sichern, müssen wir einen revolutionären Weg einschlagen. Sonst werden wir zu Handlangern der KapitalistInnen.

“Was wir heute brauchen, um den Lebensstandard der Lohnabhängigen und der Jugend gegen bürgerliche Angriffe zu verteidigen, ist ein scharfer Linksschwenk auf eine revolutionäre Linie. Denn im herrschenden System sind keine Verbesserungen mehr möglich. Die JUSO muss offensiv eine radikale Alternative anbieten. Positionen beziehen wir anhand eines Klassenstandpunktes: Wir orientieren uns nicht an opportunistischen Bündnissen mit Teilen der Bürgerlichen, sondern an der Stärke einer unabhängig organisierten ArbeiterInnenklasse und ihren Interessen. Das aufzuzeigen, ist unsere Aufgabe.” – Lukas Nyffeler

Die marxistischen Ideen müssen wieder Teil der Arbeiterbewegung werden. Als junge SozialistInnen ist es unsere Aufgabe. Vertreterpolitik und Sozialpartnerschaft ist die Politik unserer Eltern. Wir müssen mit dem Gerümpel aufräumen und dem kapitalistischen System den Kampf ansagen. Ein Marxist in der GL der Juso ist ein wichtiger Schritt für die Schweizer ArbeiterInnenbewegung. Unsere Generation hat nichts zu verlieren und alles zu gewinnen! Wählt Lukas Nyffeler!

Sara-Sophia Varela
JUSO Baselland