Der Streik der Staatsangestellten in Baselland wurde abgesagt – trotz enormer Zustimmung der LehrerInnen zum Streik. Hintergrund bilden die jahrelangen Angriffe der Bürgerlichen. Warum kommt es nicht zum Streik und was sind die nächsten Schritte im Kampf gegen die Sparoffensive?

«Wenn es zum Streik kommt, machen wir mit. Es reicht langsam!» So tönte es im Juni im Lehrerzimmer in Frenkendorf (BL), wo ich als angehende Lehrperson am Mittagstisch sass. Die Stimmung ist aufgeladen, junge wie alte Lehrpersonen beteiligen sich an den Diskussionen, welche durch die Monate immer wütender wurden. Kein Wunder – das Staatspersonal muss schon seit 15 Jahren eine bittere Pille nach der anderen schlucken.

Die Abrissbirne schwingt
In Baselland findet seit Jahren ein Kahlschlag auf den Sozialstaat statt. Das Staatspersonal trifft es dabei doppelt; einerseits durch die allgemeinen Kürzungen von Sozialleistungen und Subventionen, andererseits durch den direkten Angriff auf ihre Arbeitsbedingungen. Alleine im 2015 wurden 1% Lohnkürzung und 10% Stellenabbau beschlossen. In der Bildung sind die Angriffe besonders spürbar: Das Universitäts- und Kultur-Budget werden um 15 Mio. Franken beschnitten. Auch in den Schulen werden Klassengrössen und Pflichtlektionen stetig erhöht, Sanierungen verweigert und Kulturangebote gestrichen – ein fertiges Rezept für die Aushöhlung der Bildungseinrichtungen.

Seit bereits 15 Jahren schwingen die Bürgerlichen die Abrissbirne, um die «roten Zahlen des Kantons auszugleichen». Dass diese das Resultat von mehr als 180 Mio. Franken Steuergeschenken für die Reichen und Grosskonzerne sind, verschweigen sie. Im Mai 2018 wurden dann noch die letzten Illusionen in Parlament und Regierung entblösst: Trotz Streikandrohung und moderatem Gegenvorschlag der Gewerkschaften, nahm der Landrat die Trümmervorlage Altersvorsorge (BLPK Revision) an. Für gewisse Jahrgänge bedeutet dies Einbussen bis zu 30% im Alter. Alles Beschwören und Drohen der Gewerkschaften hatte nichts gebracht.

Die Lehrpersonen blasen zum Streik!
Unter Druck der Angestellten führte der LVB (grösster Lehrerverband im Baselland) wie der VPOD (Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes) eine interne Urabstimmung über einen möglichen Streik durch. Es wäre der erste Streik des Staatspersonals in der fast 200-jährigen Geschichte des Kantons. Das Abstimmungsresultat im LVB war überwältigend: Von den 1440 eingereichten Stimmen waren 90% für einen Streik – ein klares Votum für radikale Massnahmen!  Trotzdem wurde der Streik von der Gewerkschaftsführung abgesagt – Im Vergleich zu den Gesamtmitgliedern seien nicht genug Ja-Stimmen eingegangen (65%), so ihre Begründung.

Die Schwäche der Gewerkschaftsführung zeigt sich hier auf ganzer Linie. Seit Jahren gibt es Anzeichen für eine Radikalisierung unter den Staatsangestellten und speziell in der Bildung: Mobilisierungen und Demos mit Hunderten von Gymischülern und Lehrern. Doch statt sich an die Spitze dieser Bewegungen zu stellen, die Kämpfe zu verbinden und längerfristig zu organisieren, hat der LVB (und mit ihm die anderen Personalverbände) immer wieder Kompromisse mit den Bürgerlichen gesucht. So ist denn auch die Streikabstimmung nicht mehr als eine Drohgebärde des LVB, um seine Verhandlungsposition für kleine Zugeständnisse zu stärken. Die Bürgerlichen beeindruckt dies schon lange nicht mehr. Diese Streik-Absage offenbart die Verweigerung der Gewerkschaftsführung, den Kampf gegen die Bürgerlichen ernsthaft aufzunehmen.

Den Kampf von Unten organisieren!
Die Angriffe gehen weiter: Im Landrat wurde bereits die Kürzung der Sozialhilfe um 30 % entschieden. Ein weiterer Angriff auf die Löhne der Staatsangestellten ist in Abklärung. Zusätzlich rechnet der Kanton mit einem neuen Steuerloch von 30 Mio. Franken bei der Umsetzung der Unternehmenssteuerreform. Um diesen Wahnsinn zu stoppen, müssen wir auf Eskalationskurs gehen.

Ein Streik – und sei es auch nur für einen Tag – kann ein erster Meilenstein zur längerfristigen Organisierung und Verbindung der Anti-Sparkämpfe darstellen. Die Grösse des Sektors und seine gesellschaftliche Relevanz verleihen einem solchen Streik grosse Symbolkraft. Die breite Abstützung und damit gute Vorbereitung ist die Voraussetzung. Sind die Gewerkschaftsbürokraten nicht zu diesem Schritt bereit, so ist es Aufgabe der Basismitglieder und der JUSO, den Kampf in den Schulen und Betrieben zu organisieren.

Olivia E.
JUSO Basel-Stadt