Der Kapitalismus ist in seinem Todeskampf, doch den Lohnabhängigen ist die Notwendigkeit des Sozialismus noch nicht klar. Aus dem Gründungsdokument der IV. Internationalen können wir lernen, wie wir das ändern.

Der Kapitalismus ist in der grössten Krise seiner Geschichte. Wir brauchen ein neues Gesellschaftssystem, welches sich nach den Bedürfnissen der Menschen und nicht nach den Profiten richtet. Dafür ist eine sozialistische Revolution notwendig, in der die Arbeiterklasse die Macht übernimmt und den Kapitalismus stürzt. Wir stehen vor der Wahl: Sozialismus oder Barbarei. 

Den Lohnabhängigen wird es Tag für Tag deutlicher, dass sie im aktuellen System keine Priorität geniessen. Sie hätten die Macht in ihren Händen, denn kein Rad dreht und keine Lampe leuchtet ohne die freundliche Erlaubnis der Arbeiterklasse. Doch sie sind sich ihrer Macht und ihren Aufgaben noch nicht bewusst. Die entscheidende Frage lautet daher, wie wir diesen Widerspruch zwischen der objektiven Notwendigkeit des Sozialismus und dem Bewusstsein der Arbeiterklasse lösen können.

Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern wir können aus den Erfahrungen der Arbeiterklasse lernen. Die Frage wurde bereits von Trotzki im «Übergangsprogramm» beantwortet. Der russische Revolutionär zeigt darin die marxistische Methode auf, wie die Arbeiterklasse ausgehend von ihren unmittelbaren Problemen auf den Weg zu ihrer Machtergreifung geführt werden kann.

Krise der Führung
Das Übergangsprogramm ist das Gründungsdokument der IV. Internationalen. Diese wurde 1938 ins Leben gerufen, nachdem die III. Internationale vollständig stalinistisch degeneriert war. Die weltwirtschaftliche Lage war geprägt durch die Grosse Depression. Die Massen radikalisierten sich und suchten nach einem Ausweg. Nur eine sozialistische Revolution hätte die Menschheit noch vor der Barbarei des Zweiten Weltkrieges retten können. Doch sowohl die sozialdemokratischen wie auch die stalinistischen kommunistischen Parteien sahen es nicht als ihre Aufgabe, die Arbeiterklasse zur sozialistischen Revolution zu führen. Sie beschränkten ihre Forderungen auf marginale Reformen innerhalb des Kapitalismus.

Es musste also eine neue Führung aufgebaut werden. Trotzki nutzte das Übergangsprogramm zu ihrer Schulung. Die strategische Aufgabe bestand darin, «bei der proletarischen Vorhut das Verständnis für den allgemeinen Charakter und den Pulsschlag unserer Epoche zu wecken, sowie rechtzeitig den Kampf der Massen mit immer entschiedeneren Losungen und organisatorischen Kampfmassnahmen zu befruchten.»

Vor der selben Aufgaben stehen wir auch heute. Der Kapitalismus liegt am Boden. Nur die sozialistische Revolution kann die Menschheit vor immer grösserer Barbarei retten. Doch der Arbeiterklasse fehlt eine Führung. Die SP akzeptiert fast kritiklos die Position des bürgerlichen Staats. Statt einen Ausweg aufzuzeigen, läuft ihre Politik gänzlich auf die Rettung eines verfallenden Kapitalismus hinaus.

Das Übergangsprogramm
Die Arbeiterbewegung litt schon immer daran, dass die einen sich auf «Minimalforderungen» beschränkten, die nicht über den Kapitalismus hinausweisen, während die anderen lauthals den Sturz des Kapitalismus fordern, aber den Weg dahin nicht kennen. Das Übergangsprogramm überwindet diesen falschen Gegensatz zwischen Reformismus und pseudo-revolutionärer Phrasendrescherei. Es geht darum, eine Brücke zwischen «den augenblicklichen Forderungen und dem Programm der sozialistischen Revolution zu schlagen.»

Übergangsforderungen müssen einen Weg zur Lösung der drängendsten Probleme der Arbeiterklasse aufzeigen, aber auf den Bruch mit der kapitalistischen Ordnung hinauslaufen:  «Es ist leichter, den Kapitalismus zu stürzen», als die notwendigen Forderungen «im Kapitalismus zu verwirklichen. Nicht eine unserer Forderungen wird im Kapitalismus verwirklicht werden.»

Die sozialistische Revolution kann nur von der Arbeiterklasse selbst gemacht werden. Das Bewusstsein ihrer Aufgabe erlangen die ArbeiterInnen im Kampf selbst. Übergangsforderungen müssen deshalb immer darauf abzielen, die  Lohnabhängigen selbst in den Kampf zu ziehen. Aus praktischen Erfahrungen lernen wir am meisten. In jedem Streik spüren die Lohnabhängigen ihre eigene Stärke. Dabei kommen sie zwangsläufig immer wieder in Konflikt mit ihren Bossen. Die richtigen Forderungen treiben die Lohnabhängigen in diesem Kampf vorwärts und zeigen ihnen einen Weg, wie sie die Kontrolle über die Unternehmen und die Gesellschaft übernehmen können. Das Programm muss daher die «Massen systematisch für die proletarische Revolution mobilisieren.» 

Aus der Methode lernen
Eine revolutionäre Führung, die mit den richtigen Forderungen einen Ausweg aus der Krise aufzeigen kann, ist heute dringender denn je. Studieren wir Trotzkis Methode. Sie lehrt uns, wie die Überwindung des Kapitalismus mehr als eine romantische Vorstellung ist. Sie lehrt, wie wir die Arbeiterklasse zur Machtübernahme führen können. 

Jan F.
JUSO Basel-Stadt