Arbeitslosigkeit, Verschuldung, Firmenpleiten: Die Schweiz ist voll in der weltweiten Wirtschaftskrise angekommen. Die Schweizer Arbeiterklasse wird viel härter angegriffen werden als in der Vergangenheit. Sie gegen uns wir gegen sie!

Seit Beginn der Coronakrise versucht der Bundesrat, die kapitalistische Wirtschaft mit einem historischen 60-Milliarden-Paket am Leben zu erhalten. Inzwischen ist jedoch klar, dass die Milliarden nicht reichen werden, um Firmenpleiten verhindern. Die Krise ist schlicht zu tief, es wird zu reihenweisen Konkursen und stark steigender Arbeitslosigkeit kommen. Die Kapitalisten in der Schweiz stehen mit dem Rücken zur Wand. Sie sind gezwungen, die Krise mittels Entlassungen, Lohnkürzungen und weiteren Angriffen auf die Arbeiterklasse abzuwälzen.

Ganz sicher nicht im gleichen Boot
Innerhalb der Kapitalistenklasse entsteht nun ein heftiges Seilziehen: Wer darf dank den Bundesgeldern überleben, und wer nicht. Es geht um die Frage, wer als Kapitalist überleben darf. Wer auch in Zukunft Leute für sich arbeiten lassen kann.

Ganz andere Fragen stellen sich in der Arbeiterklasse: In grausamster Art wird dies mit der kilometerlangen Schlange bei der Essensabgabe in Genf aufgezeigt. Doch die Existenzängste betreffen breite Schichten der arbeitenden Bevölkerung. Ein Fünftel aller Lohnabhängigen fürchtet, in der kommenden Zeit entlassen zu werden.

Zehntausende wurden bereits entlassen. Die Arbeitslosigkeit stieg im Vergleich zum vergangenen Jahr um sehr hohe 43%. ArbeiterInnen aller Ausbildungsstufen werden in ähnlichem Ausmass entlassen, die meisten davon sind sogar gut ausgebildete FacharbeiterInnen. Die Arbeitslosigkeit beschränkt sich keinesfalls nur auf die prekärsten Schichten und Berufe, sondern beginnt, sich immer tiefer in die gesamte Schweizer Arbeiterklasse hineinzufressen. 

Sie gegen uns – wir gegen sie!
Wir sehen also: Die Wirtschaftskrise ist jetzt da. Es wird bereits versucht, die Krise auf die Arbeiterklasse abzuwälzen! Doch wir stehen erst am Anfang der schlimmsten Wirtschaftskrise je. Das bedeutet auch, dass die Kapitalistenklasse gezwungen ist, die schlimmsten Angriffe auf die ArbeiterInnen je zu fahren. Neben den Entlassungen stehen Abholzungen im Arbeitsrecht (insbesondere die Arbeitszeiten) und längerfristige Sparmassnahmen, beispielsweise bei den Renten auf dem Programm. 

Wir können diese Verschlechterungen unserer Lebensbedingungen nicht akzeptieren. Unser Slogan für die kommende Periode ist ganz deutlich: Die Arbeiterklasse bezahlt nicht für die kapitalistische Krise! Wir müssen gegen diese Angriffe in den Kampf ziehen!

Die entscheidende Frage wird also sein, ob den Lohnabhängigen Wege aufgezeigt werden, wie dieser Kampf bestritten werden kann. Die grossen Organisationen der Arbeiterklasse haben Parolen wie «Coronaprofiteure stoppen» (SP) und die sehr korrekte Forderung nach einem Entlassungsverbot (Gewerkschaften) aufgestellt. Damit sagen sie zumindest indirekt, dass die Lohnabhängigen nicht für die Krise bezahlen sollen. Doch es wird keinerlei Weg aufgezeigt, wie dies geschehen soll und wie die Arbeiterklasse dafür kämpfen kann.

Wie kämpfen?
Die SP und die Gewerkschaften versuchen im Parlament und in Verhandlungen die Kapitalisten davon zu überzeugen, in der Krise «solidarisch» zu sein. Sie haben ganz offensichtlich nicht verstanden, dass Kapitalisten in der Krise gezwungen sind, die Arbeiterklasse frontal anzugreifen. Kapitalismus bedeutet jeder gegen jeden und insbesondere die Kapitalisten gegen die ArbeiterInnen und die Jungen. Im Kapitalismus gibt es nichts Solidarisches. Und dies ist in der Krise noch wahrer. 

Nur die Arbeiterklasse (siehe S. 12) kann die Kapitalisten zu Zugeständnissen zwingen – doch dafür muss sie organisiert und mobilisiert sein. Ist die Arbeiterklasse geeint in Bewegung, geleitet durch ein revolutionäres Programm, kann sie jeden Angriff abwehren. Sie kann den raffgierigen und planlosen Kapitalisten die Kontrolle über die Gesellschaft entreissen. Genau deshalb ist es so falsch, wenn die SP und die Gewerkschaften die Lohnabhängigen und Jungen zu reinen Petitionen-UnterschreiberInnen und passivem Stimmvolk degradieren.

Die Angriffe auf die Arbeiterklasse haben auch in der Schweiz bereits mit Wucht begonnen. Sie werden in der kommenden Zeit massiv zunehmen. Die aktuelle Situation wird die Art und Weise verändern, wie die ArbeiterInnen und Jungen denken. Hunderttausende, Millionen Menschen in der Schweiz werden sich fragen, weshalb sich ihre Lebensbedingungen verschlechtern. 

Die alte Idee des stabilen Schweizer Systems – ein System, das allen Menschen ein mehr oder weniger gutes Leben ermöglicht – wird für viele nicht mehr gültig sein. Viele werden nach Wegen suchen, wie sie ihre Situation erklären und verbessern können. Die Krise des Kapitalismus legt die Grundlage für grosse Mobilisierungen der Lohnabhängigen und Jungen. Das revolutionäre Programm, das heisst der Bruch mit dem Kapitalismus, war noch nie so nötig und noch nie so möglich wie heute.

Für die Redaktion
Dersu Heri

Inhaltsverzeichnis #91

Frauen in Corona-Zeiten: Nicht länger Punching Ball des Kapitals!

Der Kapitalismus riskiert eine „Hungerpandemie“

Das Übergangsprogramm: Weg zur sozialistischen Revolution

«Corona bringt die Missstände in den Spitälern stärker hervor.»

Afrika und die Coronakrise

Die Arbeiterklasse: Verstaubter Mythos oder brennende Aktualität?

Für konsequente sozialistische Politik – Resolution für die JUSO

Aufständische Wut fegt über die USA

Dieser Artikel ist Teil der Ausgabe 91 des Funke, welche am 26. Mai erscheint. Wenn du sie willst:

Hier kannst du das Editorial #92 «Ihre Krise und unsere» lesen.