Der gross angekündigte Aufmarsch der Corona-Skeptiker und Rechtsextremen blieb klein. Dennoch müssen wir uns fragen: Mit welchen Methoden kann die Arbeiterbewegung Verschwörungstheoretiker und Faschos bekämpfen?

Am Wochenende des 3. und 4. Oktobers versammelten sich in Konstanz am Bodensee rund 2’000 Verschwörungstheoretiker und rechtsradikale Kräfte zum Protest gegen die Corona-Massnahmen der deutschen Regierung. Die Demonstration wurde von «Querdenken-753» organisiert, eine Gruppe, die Verschwörungstheorien verbreitet und klare Verbindungen zum Rechtsradikalismus unterhält.

Relativ schnell bildeten sich zwei Bündnisse dagegen. Eines, das man dem bürgerlichen Lager zuordnen kann mit dem Namen «Spread Love not Corona». Und eines aus dem linksradikalen Milieu: «Welcome to Paradise». Das bürgerliche Bündnis wurde auch von der Partei Die Linke und dem Deutschen Gewerkschaftsbund unterstützt. Die linken Massenorganisationen traten also gemeinsam mit den Bürgerlichen auf, mit der Absicht, die Demokratie zu retten. Doch was taugen solche Zweckbündnisse?

Keine Front mit den Bürgerlichen!

Wir können keine Aufmärsche der Rechtsextremen tolerieren. Dem muss mit einer massiven Mobilisierung der Lohnabhängigen ein Riegel vorgeschoben werden. Doch hier ist ein grosser Fehler, an der Seite der konservativen CDU zu marschieren, um die Rechtsextremen und Verschwörungstheoretiker zu bekämpfen.

Es ist die jahrelange pro-kapitalistische Krisenpolitik von CDU und co., die zur Polarisierung der Gesellschaft geführt hat. Es sind die völlig widersprüchlichen Corona-Massnahmen von CDU und co., die erst den Raum schaffen für Corona-Skeptiker. Gegen die Rechtsextremen haben diese Bürgerlichen nur moralische Empörung zu bieten, während sie die Kritiker der Corona-Massnahmen einfach als «Idioten» abstempeln. Das sind keine Lösungen gegen die Rechtsextremen. Die kapitalistische Krise und die bürgerliche Krisenpolitik sind vielmehr überhaupt die Ursachen dafür, dass Verschwörungstheoretiker in dieser Krise einen Nährboden finden, den die Rechtsextremen dankbar bewirtschaften!

Einheit der Arbeiterklasse

Wollen wir die Rechtsextremen bekämpfen, müssen wir gegen die Krise des Kapitalismus kämpfen und Massnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung ergreifen, die nicht vom Profit diktiert werden. Genau dort ist jedoch der Knackpunkt mit dem Bündnis mit den Bürgerlichen: Sie vertreten die Interessen des Kapitals. Sie werden niemals bereit sein, Massnahmen zum Schutz der lohnabhängigen Bevölkerung auf Kosten der Profite zu treffen!

Von Anfang an kämpften GenossInnen der marxistischen Strömung deshalb für eine «Einheitsfront» aller Organisationen der Arbeiterklasse – unter klarem Ausschluss der Bürgerlichen wie der CDU. Wir brauchen die vereinte Kraft der Lohnabhängigen. Wir forderten innerhalb der Vorbereitungskomitees also den Zusammenschluss aller Linken mit dem gemeinsamen Ziel der Verteidigung der Lebensbedingungen und der Gesundheit der ArbeiterInnen. Nur so kann man breit mobilisieren: mit einem sozialen Programm der Arbeiterklasse, das sich nicht nur gegen die Corona-Skeptiker und Rechtsextremen wendet, sondern auch gegen deren Ursache: die kapitalistische Krise und die bürgerliche Krisenpolitik.

Grenzen des Linksradikalismus

Andererseits kam es bei der linksradikalen Gegendemo zu einer Überschätzung der eigenen Kräfte und einem Unverständnis der Notwendigkeit eines Zusammenschlusses mit den linken Massenorganisationen. Statt die Partei Die Linke und den Gewerkschaftsbund aufzufordern, eine Demo der ArbeiterInnen zu organisieren, wurde die Ablehnung der Zusammenarbeit mit diesen «verbürgerlichten» linken Organisationen in Konstanz propagiert. Resultat dieser abneigenden Haltung war eine zahlenmässig schwache linksradikale Gegendemo und die Zersprengung der linken Kräfte. Wo es zu Konfrontationen kam, waren die Rechten und Querdenker in der klaren Überzahl. Die Polizei konnte aufgrund der zahlenschwachen Demo verhältnismässig aggressiv gegen die linken DemonstrantInnen vorgehen.

Die «alten» Antifa-Methoden, in der einige Schwarzvermummte auf eine kleine Gruppe Rechtsradikale treffen, werden uns nicht nachhaltig weiterbringen. Die Krise des Kapitalismus ist in eine Phase eingetreten in der die Polarisierung der Bevölkerung zunimmt. Während einige Schichten von «Querdenkern» angezogen werden, werden auf der linken Seite hunderttausende Jugendliche politisiert und nahmen sich die Strasse bei BLM-Demos, dem Klimastreik etc. Diese radikalisierte Jugend und die Arbeiterklasse brauchen ein Programm, das ihnen eine reale Perspektive gibt, dieses barbarische System zu überwinden!

Heute gibt es noch keine Massenorganisation, die dieses Programm anbietet. Es ist unsere Aufgabe und Pflicht, eine solche klassenkämpferische und revolutionäre Organisation aufzubauen, die in der Lage ist, das Aufkommen der Rechten zu bekämpfen und den Kapitalismus zu stürzen. Das tun wir nicht, indem wir uns von den Masseorganisationen der Arbeiterklasse abwenden, sondern in dem wir sie auffordern, mit den Bürgerlichen zu brechen und in einer gemeinsamen Front aller Arbeiterorganisationen die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse zu verteidigen.

Joël Reichelt
Juso Thurgau