[dropcap]S[/dropcap]taatliche Überwachung hat in der Schweiz Tradition. Mit dem Referendum gegen das neue Nachrichtendienstgesetz soll ein weiterer Schritt der Beschnüffelung verhindert werden. Seit über hundert Jahren werden hier vor allem Linke und AusländerInnen überwacht. Wie sich die Politische Polizei entwickelt hat und welche Schlüsse wir daraus ziehen müssen, ergründen wir in diesem Artikel.

Ueberwachung https://www.flickr.com/photos/steffireichert/6916520886/in/photostream/Um ein tieferes Verständnis für die heutige Vorlage des Nachrichtendienstgesetzes zu erhalten, müssen wir die Geschichte der Überwachung betrachten. Der Geheimdienst muss dabei im Zusammenhang mit dem bürgerlichen Staat betrachtet werden, aus welchem er erwachsen ist. Überwachung gab es in der Schweiz seit Ende des 18. Jahrhunderts. Anhand einer kurzen Geschichte der Überwachung in der Schweiz und einer Analyse der heutigen Situation möchten wir einige Punkte klarmachen: Geheimdienste sind ein wichtiger Teil des bürgerlichen Staates und richten sich vor allem gegen Linke. Zudem war und ist die Überwachung immer mit anderen Formen der polizeilichen oder sonstigen Repression verbunden. Wir zeigen, welche Konsequenzen die Entwicklungen bis heute haben, um danach unsere politischen Schlüsse zu ziehen. Dazu ist eine tiefgehende Analyse der Geheimdienste notwendig.

Der bürgerliche Staat

Seit der Entstehung des Privateigentums ist die Gesellschaft in Klassen gespalten. Diese haben entgegengesetzte Interessen, was zu fortwährenden Konflikten – den Klassenkämpfen – führt. Das gefährdet das Funktionieren einer Gesellschaft als Ganzes. Staaten entstanden, um das Funktionieren der Gesellschaft – insbesondere der Ausbeutung – zu regulieren. Sie sollen zwischen den Klassen „vermitteln“ und eine Ordnung herstellen. Allerdings steht der Staat nur scheinbar neutral „über“ den Klassen. In der Geschichte wurden Staaten immer von der Klasse geschaffen oder eingenommen, die im Klassenkampf die Oberhand gewonnen hat. Mit dem Staat sichert eine herrschende Klasse dann ihr eigene Interessen, in letzter Instanz auch mit Waffengewalt. Sie sind also immer Klassenstaaten:
Nach Marx ist der Staat ein Organ der Klassenherrschaft, ein Organ zur Unterdrückung der einen Klasse durch die andere. Er bedeutet die Errichtung derjenigen „Ordnung“, die diese Unterdrückung bestätigt und festigt, indem sie den Konflikt der Klassen dämpft.(Lenin)
Das bedeutet nicht, dass die Polizei oder die Geheimdienste den einzelnen ArbeiterInnen immer nur feindlich gegenüberstehen. Tatsächlich gibt es im Alltag unzählige Fälle, in denen die Interessen der herrschenden Klasse – der Bourgeoisie – mit denen der Arbeitenden einhergehen. Beispielsweise hat niemand ein Interesse daran, dass Leute auf der Strasse beraubt oder ermordet werden. Wenn sich allerdings entgegengesetzte Interessen ausdrücken, merken wir auf welcher Seite der Staat grundsätzlich steht. Besonders krass tritt dies bei Arbeitskämpfen oder Protesten der Unterdrückten hervor. Besonders in Krisenzeiten kommen die tatsächlichen Gewaltorgane mehr zum Zug. Dies ist der Repressionsapparat, also Gerichte, Polizei, Militär und schliesslich auch Geheimdienst.

Von Bismarck bis zum Vollmachtenregime

Tauchen wir in die Tätigkeiten der Schnüffler in der Schweiz ein. Zuerst werden wir uns in groben Zügen der Entstehung und dem Ausbau der politischen Polizei widmen. Die Schweiz war gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein regelrechtes Zentrum für Revolutionäre. Aus vielen Ländern Europas flohen radikale Republikaner, Anarchisten und Sozialisten in die Schweiz. Besonders den deutschen Kanzler Bismarck störte es, dass er die Revolutionäre auf der anderen Seite der Grenze nicht mehr überwachen und kontrollieren konnte. Auf Grund von diplomatischem Druck durch Bismarck wurde vom Bundesrat die Bundesanwaltschaft und eine Bundespolizei gegründet. Um die Verständlichkeit zu verbessern, werden wir fortan die Begriffe „Politische Polizei“ oder „Geheimdienst“ verwenden, auch wenn der offizielle Name in der Geschichte mehrmals ändert.

Der Schweizer Staat hatte schon lange auf den passenden Vorwand gewartet und die neue Stelle begann fröhlich mit der Schnüffelei. Zuerst wurden vor allem ausländische Anarchisten überwacht, aber mit der Zeit kamen immer mehr Einheimische hinzu. Es muss noch bemerkt werden, dass die Tätigkeiten der Politischen Polizei von der kantonalen Polizei ausgeführt wurden. Nur die Informationen wurden zentral in Bern verwaltet. [1]

Widerstand gegen die Überwachung leisteten im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts nur die Organisationen der Arbeiterbewegung – die SP und die Gewerkschaften. Und wie sich zeigt, mit gutem Grund! Schliesslich waren sie das Hauptziel der Überwacher.
Mit der Jahrhundertwende verschärfte sich der Klassenkampf. Die Sozialdemokratie wurde stärker und radikaler, die Arbeitskämpfe nahmen zu. Und parallel dazu nahm auch die Überwachung der Linken zu.

In Folge des Generalstreiks von 1918 – einem Schock für die Bürgerlichen – wurde die Politische Polizei ausgebaut. 1934 konnte ein verschärftes Polizeigesetz abgewendet, bzw. an der Urne versenkt werden. Der Geheimdienst holte sich deshalb seine Kompetenzen per Notrecht. [2] Seinerzeit wurde argumentiert, die Politische Polizei richte sich „symmetrisch“ gegen alle Extreme, d.h. gegen die Linken wie die Rechten. Die historische Forschung zeigt klar, dass die Rechten aus der Optik des Staates als eine viel kleinere Bedrohung angesehen wurden. Dies ist auch heute noch der Fall. Gegen die Linke richtete sich ab 1940 das Verbot kommunistischer und anarchistischer Öffentlichkeitsarbeit, gleichzeitig flutete deutsches Propagandamaterial die Schweiz. Doch der Gipfel ist: die NSDAP-Schweiz wurde erst im Mai 1945, also nach dem Tode Hitlers(!) verboten. Die Kommunistische Partei Schweiz war hingegen bereits seit November 1940 verboten.

Der kalte Krieg

Um die per Notrecht erlangten Schnüffelrechte zu erhalten und sie vor Referenden zu schützen, wurden sie in einer Teilrevision des Strafgesetzbuches hinzugefügt. [3] Das gelang, und nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Repression gegen Linke noch einmal zu. Der Kalte Krieg war jetzt die hauptsächliche Rechtfertigung des Angriffs auf alles, was links roch. So drückte sich die Angst der Kapitalisten gegenüber einem Verlust ihrer Ausbeuter-Privilegien aus. 1950 wurde dann vom Bundesrat beschlossen, alle Kommunisten aus der Bundesverwaltung zu entlassen. Auch alle Neuanstellungen mussten von der Bundesanwaltschaft abgesegnet werden und für die effiziente Kontrolle wurde ein Denunziations- und Schnüffelsystem in der Verwaltung aufgebaut. Listen mit politisch „Verdächtigen“ wurden erstellt und es gab sogar Pläne, um diese Leute in Gefangenenlager zu stecken, falls es zu Krieg, Revolution oder ähnlicher Unruhe kommen sollte.

Mit Bundesrat Furgler kam es in den 70ern zu einer weiteren Offensive, was die Politische Polizei anbelangt. Hier zeigt sich wieder, dass mit den zunehmenden Konflikten in einer Gesellschaft, diese auch mehr ausspioniert wird. Unter dem Schlagwort Terrorismus ging es gegen Soldatenkomitees, die neue Frauenbewegung oder auch mal religiöse Gruppen. Beratungen, ob man gegen Anti-AKW-Aktivisten nicht das Militär einsetzen könnte, zeigen die Anspannung der Herrschenden zu dieser Zeit auf. Heute nimmt die Bereitschaft der Herrschenden wieder zu, das Militär gegen Proteste einzusetzen. Dies sieht man beispielsweise an der Conex15-Übung. Einige Gesetze konnten mit Abstimmungen verhindert werden. Eine nationale Anti-Demo-Truppe (Bundessicherheitspolizei) wurde 1978 in einer Volksabstimmung abgelehnt, ebenso wie 1979 ein neues nationales Computer-System, KIS genannt. Die Schweiz schloss sich aber der Europäischen Antiterrorkommission an und verschärfte die Strafgesetze. [4] Trotz breiter Opposition konnte die „Maulkorbgesetz“ genannte Änderung an der Urne nicht verhindert werden.

Folgen der Schnüffelei

Es muss uns bewusst sein, dass die Registrierung bei der Politischen Polizei auch handfeste Folgen haben konnte. Bereits erwähnt wurden die Anstellungsverbote und weitere Schikanen bei der Arbeitssuche. Da viele der Register für Offiziere der Armee frei zugänglich waren und Kader von Wirtschaft und Armee eng verbunden waren, galt das Anstellungsverbot auch für grosse Teile der Privatwirtschaft. Noch dramatischer waren die Auswirkungen für AusländerInnen. Migrations- und Geheimdienste waren und sind eng verknüpft. Das führte dazu, dass alle Flüchtlinge, die glaubhaft belegen konnten, aktiv der politischen Opposition angehört zu haben, als Terroristen ausgesondert werden konnten. Wer keine politische Verfolgung beweisen konnte, galt als Wirtschaftsflüchtling und bekam kein Asyl. Diese Zwickmühle sorgte dafür, dass wenige in der Schweiz Asyl finden konnten.

Eine absolut dramatische Rolle spielte die Schweiz im Algerischen Unabhängigkeitskrieg (1954-1962). Die Politische Polizei hat Sympathisanten und Akteure der Freiheitskämpfe in der Schweiz überwacht und Informationen an die französischen Kollegen weitergeleitet. Einige Aktivisten, die daraufhin in Frankreich verhaftet wurden, sind von der französischen Polizei gefoltert und ermordet worden. Hier zeigt sich an der nackten Realität, was mit der „Zusammenarbeit mit Ausländischen Geheimdiensten“ gemeint ist. [5]

Der Fischenskandal

1989 waren die Beweise für die massive Überwachung auch für die breite Öffentlichkeit ersichtlich: All die beschriebenen Fakten wurden nach und nach publik. Und mit jedem neuen Detail wuchs die Empörung über die 900’000 Fichen in der Schweiz und dies weit über die Linke hinaus. „Fichen“ wurden die Registerkarten genannt, auf denen die Staatsschutzakten verzeichnet waren. Die Enthüllungen lösten einen breit abgestützten politischen Kampf aus, der die Schnüffler in ihrer Arbeit tatsächlich einschränkte. Der Höhepunkt der Bewegung war die „Fichendemo“: 35’000 Personen haben 1990 auf dem Bundesplatz demonstriert. Des stellt die historisch grösste Demonstration in der Schweiz dar. In der Folge wurde eine Volksinitiative eingereicht, die allerdings 8 Jahre später abgelehnt wurde. Die Initiative hatte gefordert, dass niemand bei der Wahrnehmung politischer Rechte überwacht werden darf. Erstmals war die Ganze Tragweite der Überwachung offengelegt: Einerseits strotzten die Fichen nur so von Vermutungen und Unterstellungen, andererseits wurde durch die Fakten die Oberfläche des „freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates“ teilweise durchbrochen und die Klassennatur freigelegt. Die Registrierung von kritischen Autoren und Teilnehmern an Demonstrationen waren an der Tagesordnung. Alle diejenigen, die auch nur einen fernen Kontakt zu Kommunen oder linken Wohngemeinschaften hatten oder etwa Verwandte in „realsozialistischen“ Staaten hatten, konnten das Ziel von Berufsverboten werden.

Die Geschichte hat gezeigt, dass zwischen 1900 und 1990 insgesamt etwa 250’000 bis 300’000 SchweizerInnen und 300’000 AusländerInnen registriert wurden. Bei der erwachsenen Bevölkerung entspricht das einer Schnüffelquote von 15% der SchweizerInnen und über 30% der AusländerInnen. Dazu kommen noch Spezialkarteien mit „Extremisten“, Verdächtigen oder auch die Älplerkartei. Ja richtig gelesen, es geht um die gefährlichen Leute, die auf die Alp gehen: Man kann nie sicher sein, was die da in den Bergen machen! Durch den Kampf gegen den Schnüffelstaat gewann die Linke an Glaubwürdigkeit und die Politische Polizei wurde zum Rückbau der Überwachung gezwungen. Bis heute ist immer noch ein Teil der Empörung über den Fichenskandal vorhanden.

Was steckt in den neuen Gesetzen?

Vor dem Fichenskandal standen die Staatschützer kurz vor der Computerisierung.[6] Das wurde nachgeholt. Durch die neuen Informationstechnologien stellt sich die Frage der Überwachung heute in ganz neuen Dimensionen. Um diese neuen Möglichkeiten im grossen Stil zu nutzen, braucht der Geheimdienst eine gewisse politische und legale Absicherung. Dies ist der Hintergrund der momentanen Diskussion über das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) sowie das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldewesens (BÜPF). Dass die Politische Polizei, welche sich nun Nachrichtendienst des Bundes nennt, auch heute noch sehr aktiv ist, zeigen die 200’000 neuen Fichen, die 2008 ans Licht kamen. Vordergründig werden die beiden neuen Gesetze als ledigliche Anpassungen an den neuen technischen Stand legitimiert. Aber auch wenn es technische Neuerungen gegeben hat, die wir später streifen, ist der Charakter der Gesetze klar: Es geht um einen Ausbau der Überwachung. Beim BÜPF geht es um die Verlängerung der Zeit, in der die Grunddaten von Mails und Anrufen gespeichert werden müssen. Die Informationen wer, wann und mit wem gesprochen hat, sagt viel aus und wird künftig 12 statt 6 Monate gespeichert. Daneben gibt es neue Spielzeuge wie den Staatstrojaner oder die ISMI-Catcher. Mit letzteren kann die Polizei über die Telefondaten genau herausfinden, wer sich in einem Demonstrationszug befindet. Das Nachrichtendienstgesetz setzt noch eine Schippe drauf: Neben dem oben genannten, darf der Geheimdienst ohne Kontrolle und ohne Verdacht, Tarnidentitäten, Wanzen oder Informanten einsetzten. Dazu kommt die massenhafte Überwachung der Kommunikation und die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten – Algerien lässt grüssen. Auch darf neu der Bundesrat Organisationen verbieten. Das ganze ohne Kontrollmechanismen. Eigentlich sollen die Massnahmen nur zum Schutz „wesentlicher Landesinteressen“ eingesetzt werden. Allerdings sind damit etwa der „Werk-, Wirtschafts- und Finanzplatz“ gemeint, nicht dass normale ArbeiterInnen das Gefühl bekommen, sie seien die Geschützen.

Geheimdienste sind aufzulösen

Klar ist, dass demokratische Prozesse nicht stattfinden können, wenn die Opposition drangsaliert und Journalisten und ihre Familien unter fadenscheinigen Gründen verhaftet werden. Ausserdem lassen sich Geheimdienste schlicht nicht parlamentarisch kontrollieren: eine Organisation mit geheimer Praxis (!) ist nicht kontrollierbar. Unsere politische Analyse muss aber weitergehen. Dazu müssen wir verschiedene Punkt zum Staatsschutz klarstellen.

Der Geheimdienst ist ein wichtiger Bestandteil des bürgerlichen Staates. Auch wenn offiziell keine Überwachung wegen der politischen Gesinnung sattfindet, zeigt die Praxis doch anderes. Der Schweizer Staatschutz hat sich immer vor allem gegen Linke und AusländerInnen gerichtet. Egal welche Rechtfertigung gerade gebraucht wird: Immer waren es diejenigen, die im Verdacht standen, die bestehende Gesellschaft in Frage zu stellen, die zur Zielscheibe wurden. Mit der zunehmend unruhigen Welt- und Wirtschaftslage nimmt auch die Überwachung zu. Überwachung und polizeiliche Repression wurden bei zunehmenden Konflikten in der Gesellschaft immer ausgebaut- so auch jetzt.

Das Gesagte impliziert auch, dass Überwachung und Polizeigewalt zwei Seiten der gleichen Medaille sind. Soziale Bewegungen, Parteien und Personen wurden einerseits überwacht und andererseits von Polizeigewalt und Nachteilen in Arbeits- und Wohnungssuche betroffen. Es muss klar sein: Kein Staat investiert Geld in Massenüberwachung, wenn er nicht vorhat, die Daten auch zu nutzen. Es wäre sehr naiv zu glauben, dass unsere Klassengegner die gesammelten Daten nur gegen Mörder, Diebe oder Ähnliche verwenden.

Vieles blieb gleich in den letzten hundert Jahren, was hat sich den nun verändert? Im Unterschied zu den 20er–Jahren besteht heute die technische Möglichkeit, die ganze Bevölkerung zu überwachen. Wir müssen davon ausgehen, dass die Geheimdienste mehr Daten haben und die vorhandenen Daten besser auswerten können als jemals zuvor. Dies bedeutet, dass die Herrschenden die Stimmung der Bevölkerung besser vorhersehen und reagieren können. Und es bedeutet auch, dass jede politische Organisation jederzeit sehr genau überwacht werden kann. Für den einzelnen politischen Aktivisten kann die Überwachung ein grosses Problem darstellen. Andererseits ist es fraglich, ob die Geheimdienste die bestehenden Möglichkeiten auch voll nutzten können: Die geheimdienstliche Arbeit ist sehr fehleranfällig. Diese Tendenz zeigte sich beim Fichen- Skandal an den vielen Falschangaben. Auch die NSA konnte nicht nachweisen, dass durch ihre Überwachung auch nur ein Terroranschlag gestoppt wurde.[7] Das deutet einerseits darauf hin, dass derartige Massenüberwachung für die Terrorabwehr nicht sonderlich dienlich ist, andererseits taugen auch die besten Geheimdienste der Welt nichts gegen die Kraft der vereinten ArbeiterInnenklasse: Die revolutionären Bewegungen in Ägypten konnten trotz CIA-Vorhersage nicht gestoppt werden.

Ein Kampf ist möglich

Selbstverständlich ist nun die Frage, was wir denn tun können? Uns muss klar sein, dass wir uns als Partei nur sehr eingeschränkt mit Verschlüsselung etc. schützen können. Der Aufwand ist gross und die Wirkung klein: Bereits jetzt ist die JUSO zu gross um alles geheim halten zu können. Und je grösser eine Organisation oder Bewegung wird, desto unvermeidlicher wir die Überwachung. Jede grössere Organisation kann infiltriert und jedes Sicherheitssystem geknackt werden. Ausserdem besteht die Gefahr, dass wir uns dadurch isolieren. Da der Kampf gegen Überwachung nicht individuell möglich ist, müssen wir ihn kollektiv und politisch führen. Dass dieser Kampf auch konkrete politische Früchte tragen kann, haben der Fichen-Skandal, aber auch verschiedene frühere Abstimmungen gezeigt. Wir können die Schnüffelei teilweise beschränken, deshalb müssen wir das Referendum gegen das neue Nachrichtendienstgesetz unterstützen. Solange der Geheimdienst allerdings existiert und Mittel hat, wird er schnüffeln: Er lässt sich nicht kontrollieren! Unsere Forderung kann nur die der Auflösung jeglicher Geheimtruppe im Staat sein. Um diesen Kampf bis zum Ende führen zu können, muss jegliche geheimdienstliche Tätigkeit bekämpft werden. Dabei muss immer bedacht werden: der Geheimdienst entsteht nicht per Zufall. Er ist nur ein weiteres Instrument des bürgerlichen Staates zur Aufrechterhaltung der Macht der Bourgeoisie. Wenn der Geheimdienst zerschlagen werden soll, so ist dies nur möglich wenn der bürgerliche Staat selbst zerschlagen wird. Dieser muss ersetzt werden durch den Staat der Mehrheit der Bevölkerung: Den demokratischen Arbeiterstaat. Geheimdienste und Asylpolitik waren immer verbunden. Auch heute gehören AusländerInnen zu den am meisten Überwachten. Deshalb können wir den Kampf gegen Überwachung mit dem gegen Rassismus verbinden und so eine starke Bewegung auf Klassenbasis hervorbringen.

An die Arbeit!

Die Überwachung der Linken hat in der Schweiz ebenso Tradition wie der Kampf dagegen. Es bestand ein ständiger Kampf um den Ausbau der Überwachung, der auch heute weitergeht. Um in unserem Kampf gegen die staatliche Überwachung erfolgreich zu sein, muss unsere Analyse genau sein. Geheimdienste sind ein wichtiges Werkzeug des bürgerlichen Staates und vor allem gegen die Organisationen der Arbeiterbewegung gerichtet. Dabei werden Überwachung und Repression meist gemeinsam genutzt. Deshalb muss der Kampf gegen die Überwachung fortlaufend mit einem Kampf gegen den bürgerlichen Staat und gegen das gesamte kapitalistische System verbunden sein. Unsere nächsten Forderungen müssen die Auflösung aller Geheimdienste und der Aufbau einer starken, marxistisch geprägten Linken beinhalten.


[1] Die privaten Schnüffler habe ich in diesem Artikel ganz ausgeblendet.
[2] Während des Zweiten Weltkrieges bekam der Bundesrat mit dem „Bundesbeschluss über Massnahmen zum Schutze des Landes und zur Aufrechterhaltung der Neutralität vom 30.8.1939 “ ausserordentliche Befugnisse. Er konnte alleine Gesetze erlassen, die der Verfassung widersprachen. Damit erhielt er beinahe diktatorische Vollmachten.
[3] Schnüffelstaat Schweiz: hundert Jahre sind genug / hsg. Vom Komitee „Schluss mit dem Schnüffelstaat“; mit Beitr. von Jean-Daniel Blanc et al. und Texten von Max Frisch et al., Limmat-Verlag, cop.:Zürich 1990. Seite 37.
[4] https://www.bj.admin.ch/dam/data/bj/sicherheit/gesetzgebung/archiv/stgb-at/bot-stgb-at-d.pdf
[5] Ebenda, Seite 47-56.
[6] http://buchundnetz.com/online-buch/schnueffelstaat-schweiz-ob/iii-modernisieren-oder-abschaffen/der-grosscomputer-ist-schon-warm-gelaufen/
[7] http://www.srf.ch/news/international/das-programm-hat-keinen-einzigen-anschlag-verhindert