[dropcap]D[/dropcap]arunter verstehen wir Handlungen, die auf das Erlangen von Vorteilen für die eigene Person abzielen. Dem scheint der Altruismus gegenüberzustehen, also das selbstlose Handeln zugunsten von jemand anderem. Durch die erzwungene Konkurrenz der Menschen auf den Märkten um Arbeit, Unterkunft und gesellschaftliches Ansehen ist Egoismus unumgänglich: Um beispielsweise die Arbeitsstelle zu erhalten, die ich so dringend brauche, muss ich die andere sich bewerbende Person „ausstechen“.

Handelte ich in dem Moment altruistisch, so wäre ich schnell arbeitslos.  In meinem unmittelbaren eigenen Interesse handeln steht oft im Widerspruch zum Interesse anderer. Dieser alltägliche Egoismus der Einzelnen (das „Ausstechen“ eines Kollegen oder bspw. das Ausspielen der Schweizer gegen ausländische ArbeiterInnen) ist selbst widersprüchlich. Solcher Egoismus hält das Gegenteil meines Eigeninteresses aufrecht: Ich kann höchstens zum bessergestellten Knecht werden, bleibe aber Knecht.

Alle aufstrebenden Klassen in der Geschichte versuchten, ihr Klasseninteresse als das der ganzen Gesellschaft auszugeben. Durch die gigantische Entwicklung der Produktivkräfte ist die moderne arbeitende Klasse entstanden. Deren objektives Klasseninteresse – der Sturz des Kapitalismus – ist gleichzeitig im Interesse der absoluten Mehrheit. Einerseits kann nur das Verfolgen des objektiven Klasseninteresses die 99 %von ihrer Knechtung befreien, also ihren Egoismus befriedigen. Andererseits ist aber dadurch auch der Gegensatz von Egoismus und Altruismus aufgehoben: Handeln für sich wird zu Handeln für andere.

Diese Aufhebung des widersprüchlichen alltäglichen Egoismus geschieht nicht automatisch. Nur der gemeinsame Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung kann das objektive Interesse der Ausgebeuteten verwirklichen und den falschen unmittelbaren Egoismus durchbrechen.