Kürzlich hat die spanische marxistische Strömung Lucha de Clases eine neue Ausgabe von Felix Morrows Klassiker „Revolution und Konterrevolution in Spanien“ mit einem Vorwort von Alan Woods herausgegeben. Heute veröffentlichen wir das Vorwort von Alan Woods, in der eine kurze Analyse über die Gründe für die Niederlage der Spanischen Revolution von 1931-37 vorgelegt wird, das sich aber auch mit dem Wiederaufleben der spanischen Arbeiterbewegung in den 1960ern und 70ern beschäftigt und Schlüsse für die Gegenwart zieht.

Revolution und Konterrevolution in SpanienDie Veranstaltungen anlässlich der Herausgabe des Buches waren ein voller Erfolg und die erste Auflage ist bereits verkauft, eine zweite wird gerade vorbereitet. Die Veröffentlichung einer neuen spanischen Ausgabe von Felix Morrows Klassiker „Revolution und Konterrevolution in Spanien“ ist ein Ereignis, das gefeiert werden muss. Als ich in den 1970 als aktiver Teilnehmer am revolutionären Kampf gegen die Franco-Diktatur teilnahm, war eine meiner ersten Initiativen, dieses Werk ins Spanische übersetzen zu lassen, da es damals in Spanien völlig unbekannt war. Wir brachten eine kopierte Fassung in Umlauf, die von Hand zu Hand gereicht wurde, bis sie auseinanderfiel.

Ich erinnere mich gut daran, dass das Buch damals auf die Menschen einen grossen Eindruck machte und ich bin mir sicher, dass dieser Eindruck heute nicht geringer ausfallen wird. Vier Jahrzehnte nach dem Fall der verhassten Diktatur wird im Feuer des Klassenkampfes eine neue Generation junger Kämpferinnen und Kämpfer geschmiedet. Ich schreibe diese Zeilen nur einige Tage nach einer riesigen Demonstration in Madrid, in der gegen die grausame Sparpolitik der rechten PP-Regierung protestiert wurde.

Die Spanische Revolution

Am 17. Juli 1936 verkündeten faschistische und monarchistische Offiziere, die in Nordafrika stationiert waren, einen militärischen Aufstand gegen die republikanische Regierung. Dies war das unvermeidbare Ergebnis eines Prozesses, der fünf Jahre zuvor begonnen hatte, als die reaktionäre Monarchie der Bourbonen wie ein reifer Apfel gefallen war und die Massen auf die Strasse gingen, um am 14. April 1931 die Republik zu proklamieren. Mit der Präzision eines Meisterchirurgen verfolgt Felix Morrow diesen Prozess über alle Etappen Schritt für Schritt und legt dabei die dahinter liegenden Klassenmechanismen offen.

Morrow erklärt, wie die Bourgeoisie nicht in der Lage war, die Probleme der spanischen Gesellschaft zu lösen. Wie die russische Bourgeoisie war sie zu spät entstanden, um die progressive Rolle, welche die französische Bourgeoisie im 18. Jahrhundert gespielt hatte, zu erfüllen. Das republikanische und liberale Bürgertum lebte in Angst vor den ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern, die darauf drängten, ihre eigenen Forderungen durchzusetzen. Sobald die herrschende Klasse in Spanien verstand, dass ihre Herrschaft nicht länger mit „demokratischen“ Mitteln durchzusetzen waren, bereitete sie den Sturz der Regierung vor.

Anhand einer Fülle von Details und Zitaten aus zeitgenössischen Zeitungen enthüllt Felix Morrow den Unwillen und die komplette Unfähigkeit der Republikaner, die Faschisten von Anfang an konsequent zu bekämpfen. Als die faschistischen Offiziere ihren konterrevolutionären Aufstand gegen die Republik begannen, unterdrückten sie bewusst diese Nachricht und weigerten sich, die ArbeiterInnen zu bewaffnen. Die republikanische Bourgeoisie hatte mehr Angst vor den ArbeiterInnen als vor den Faschisten.

Aber der Sieg Francos war nicht unvermeidbar. In Spanien war keine echte revolutionäre Partei und Führung, die bereit war den Weg bis ans Ende zu gehen. 1917 in Russland erfüllte die bolschewistische Partei unter der Führung von Lenin und Trotzki diese Aufgabe. Die Tragödie der Spanischen Revolution bestand darin, dass es diese Partei nicht gab. In der Stunde der Wahrheit verrieten die Führer aller Parteien und Organisationen die Republik und übergaben die ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern der „Gnade“ der Faschisten.

Die Volksfront

Heute verwechseln viele Menschen in der Linken die Volkfront mit Lenins Vorstellung von einer Einheitsfront. Das ist ein schwerwiegender Fehler. In Wirklichkeit hat die Volksfront nichts mit einer Einheitsfront, einer Arbeiterinnen- oder Linksfront, zu tun. Sie stellt eine Form der Klassenkollaboration dar, bei der sich die ArbeiterInnenparteien den Parteien der liberalen Bourgeoisie unterordnen. Lenin propagierte die Vorstellung von einer Einheitsfront als Einheitsfront der ArbeiterInnenparteien (Sozialisten und Kommunisten) für Aktionen gegen die bürgerlichen Parteien. Es waren die Menschewiki und nicht die Bolschewiki, die für eine „demokratische“ Front der ArbeiterInnenparteien mit den Parteien der so genannten progressiven und liberalen Bourgeoisie eintraten, eine Politik, die Lenin aufs Schärfste zurückwies.

1917 brach Lenin mit Kamenjew und Stalin, als diese eine kritische Unterstützung der bürgerlich-liberalen Provisorischen Regierung befürworteten und statt dessen forderte, dass die ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern die Macht in die eigenen Hände nehmen sollten („Alle Macht den Sowjets“). Die Volksfront in Spanien basierte nicht auf Lenins Vorstellungen, sondern auf die der Menschwiki und hatte katastrophale Folgen.

1936 verbündeten sich die Sozialisten und Kommunisten nicht mit der „fortschrittlichen Bourgeoisie“, sondern mit dem Schatten der Bourgeoisie. Die wirklichen Kapitalisten, Bankiers und Grossgrundbesitzer waren zu Beginn des Bürgerkrieges zum grössten Teil auf die Seite Francos geflüchtet. Die einzige soziale Kraft, die geblieben war, um gegen den Faschismus zu kämpfen, waren die ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern. Nach dem Sieg der Volksfront 1936, ging die ArbeiterInnenklasse, die durch die schlimmen Erfahrungen in der Zeit von 1931bis 1933 gelernt hatte, den Liberalen zu misstrauen, sofort zu Aktionen über. Innerhalb weniger Tage führte sie durch direkte Aktionen das Programm der Volksfront von unten durch. Es kam zu ständigen Zusammenstössen zwischen ArbeiterInnen und Unternehmern. Die Bäuerinnen und Bauern fingen an, Land zu beschlagnahmen. Während in Russland das Land in kleine Bauernparzellen aufgeteilt wurde, errichteten in vielen Teilen Spaniens die Bäuerinnen und Bauern Kollektive, was die Reaktion immer stärker beunruhigte.

Hinter den Kulissen begann augenblicklich – unter dem Schutz der Volksfrontregierung – die Verschwörung der Generale, Monarchisten und Faschisten. Die Volksfrontregierung unternahm nichts gegen die faschistischen Offiziere. Wie konnten sie auch, denn das hätte die Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates, auf den die herrschende Klasse angewiesen ist, bedeutet. Während die Regierung untätig blieb, entfesselten die Grosskapitalisten ihre Reservewaffe, die faschistischen Truppen, die sie mit Geld und Waffen versorgten, um gegen die ArbeiterInnenklasse vorzugehen. Hätte es von den Liberalen abgehangen, hätten die Faschisten kampflos gesiegt.

Glücklicherweise nahmen die Massen ihr Schicksal in die eigenen Hände. Als die faschistischen Generale versuchten, ihren Aufruf zur Meuterei auf das spanische Festland zu senden, wurde diese Nachricht von Funkern in der spanischen Marine abgefangen. Die Besatzung holte den Anker hoch, funkte Madrid an, um die Regierung zu warnen und warf ihre Offiziere über Bord. Es war die ArbeiterInnenklasse, welche die Lage rettete. Sozialistische, kommunistische und anarchistische Milizen und ihre Genossen in der Armee und der Marine führten den Gegenangriff gegen faschistischen Ansturm an. Unter dem eingängigen Slogan “Union de Hermanos Proletarios” (Union der proletarischen Brüder und Schwestern) kämpften sie mit ungeheurem Mut und retteten die Lage.

Wie die Revolution erfolgreich gewesen wäre

Die grosse Mehrheit der Grossgrundbesitzer und Kapitalisten unterstützte Franco und war in die nationale Zone geflohen. Aber die Republikaner fungierten als reaktionäre Bremse auf die Bewegung der Massen. Sie fürchteten die ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern mehr als die Faschisten, vor denen sie bereit waren zu kapitulieren. Aus diesem Grund wäre die einzig richtig Strategie gewesen, mit den bürgerlichen Republikanern zu brechen und eine ArbeiterInnenregierung zu bilden, die sich auf die Sozialisten, Kommunisten und der anarchistischen CNT gestützt hätte. Die einzige Möglichkeit Franco zu besiegen, wäre es gewesen, den Kampf gegen den Faschismus mit dem gegen die Beseitigung der ökonomischen Diktatur der Grossgrundbesitzer und Kapitalisten zu verbinden.

Alle Kräfte der alten Gesellschaft jedoch verschworen sich, um die heroische Bewegung der spanischen ArbeiterInnenklasse zu besiegen. Im Moment der Wahrheit liefen die Führer sämtlicher ArbeiterInnenorganisationen in das Lager der Kapitalisten über. Sie rechtfertigten die Klassenkollaboration mit der Notwendigkeit „für die Demokratie“ gegen den Faschismus zu kämpfen. Die ArbeiterInnen verstehen die Notwendigkeit gegen den Faschismus zu kämpfen und die demokratischen Rechte, die im Kampf gegen eben diese „republikanischen“ Bankiers und Kapitalisten errungen wurden, zu verteidigen.

Die Bewaffnung der ArbeiterInnenklasse und die Gründung organisierter Arbeiterkomitees oder Sowjets würde jede Fabrik, jedes Arbeiterviertel, jedes Dorf in ein Bollwerk der Revolution und eine beeindruckende Widerstandskraft gegen die Faschisten verwandeln. Die ArbeiterInnen wären praktisch die einzig bewaffnete Kraft. Sie würden die Fabriken übernehmen und die Bäuerinnen und Bauern das Land beschlagnahmen. Die Massen hätten so die Grenzen der bürgerlich demokratischen Revolution weit überschritten und würden sich instinktiv in Richtung sozialistische Revolution bewegen. Was fehlte, war eine revolutionäre Partei und Führung. Aber wer hätte diese bereitstellen können?

Die rechten Sozialisten unter Führung von Prieto und Besteiro standen offen für eine Kollaboration mit der republikanischen Bourgeoisie. Dies wäre ihnen aber nicht gelungen ohne die Unterstützung von Largo Caballero und dem linken Flügel der Sozialistischen Partei. Hätten Caballero und die linken Sozialisten eine unabhängige Position beibehalten, wäre die Situation anders gewesen. Aber sie klammerten sich an den rechten Flügel, der sich wiederum an die Hemdzipfel der Republikaner klammerte, die nach einer Bündnis mit der Reaktion strebten und alles in ihrer Macht stehende taten, um den Widerstand der ArbeiterInnen zu lähmen.

Revolution in Katalonien

Im Juli 1936 retteten die ArbeiterInnen von Barcelona Spanien vor den Faschisten. Als die örtliche Armeegarnison ihre Unterstützung für den faschistischen Aufstand erklärte, erhoben sich die ArbeiterInnen spontan, griffen zu Messern, Stöcken und alten Jagdwaffen und gingen auf die Strasse. Nach einigen blutigen Auseinandersetzungen schlugen sie die Faschisten in die Flucht. In diesem Augenblick lag die Macht in den Händen der ArbeiterInnenklasse von Barcelona. Die Gewerkschaften, die die gesamten Verkehrsmittel, einschliesslich der katalonischen Eisenbahn und den Schlüsselindustrien, übernommen hatten, sorgten für einen reibungslosen Ablauf des öffentlichen Lebens. Es gibt darüber einen mitreissenden Bericht in George Orwells Buch ‚Hommage an Katalonien‘.

Macht wird hier durch die bewaffneten Organe verkörpert. Im Juli 1936 erhoben sich die spanischen ArbeiterInnen, als Reaktion auf Francos Aufstand, gegen die Faschisten. Die alte Armee war erfolgreich zerstört und durch ArbeiterInnenmilizen ersetzt worden. Das waren die einzigen bewaffneten Organe, die auf dem Territorium der Republik existierten. Das einzige, was die ArbeiterInnen davon abhielt, die Macht zu ergreifen, war die Führung ihrer eigenen Organisationen, denn die Führer sämtlicher ArbeiterInnenparteien – Anarchisten, Sozialisten, Kommunisten und sogar die der POUM (Arbeiterpartei der Marxistischen Einheit) – beteiligten sich an der Volksfrontregierung und wurden zum Haupthindernis für die Revolution.

Was war mit den Anarchisten? Die anarchistische „Theorie“ ist wie ein undichter Regenschirm, er ist genau dann nutzlos, wenn es regnet, wie Trotzki einst erklärte. In der Spanischen Revolution bewahrheitete sich diese Aussage. Im Augenblick der Wahrheit verrieten die anarchistischen Führer jedes Prinzip des Anarchismus und Sozialismus. Selbst als sie die Macht in den Händen hielten, weigerten sie sich eine ArbeiterInnenregierung in Katalonien zu bilden. Dieselben Führer beteiligten sich gerade zu dem Zeitpunkt, an dem die Basis dafür verschwunden war, an einer bürgerlichen Regierung.

Die POUM war eine Partei die verbal für eine sozialistische Politik stand. Aber der Mangel an theoretischer Klarheit und die Inkonsequenz von Andres Nin, Andrade und anderer ehemaliger trotzkistischer Führer der POUM wirkten sich fatal auf die Sache der ArbeiterInnen aus. Die POUM wuchs innerhalb von nur sechs Wochen von 1000-1500 Mitgliedern auf 30.000. Es gibt Berichte, die sogar von einer Mitgliederzahl von bis zu 60.000 sprechen. Das waren zahlenmässig mehr als die der Bolschewiki zu Beginn der Russischen Revolution.

Die POUM nannte sich marxistisch, sie war aber nicht trotzkistisch, sondern eher zentristisch. Das heisst, sie war eine Strömung, die zwischen dem Reformismus und dem Marxismus stand. Anstatt eine unabhängige Klassenposition zu beziehen, folgten die POUM-Führer den Anarchisten und beteiligten sich an der bürgerlichen Regierung in Katalonien. Auf diese Weise bereiteten sie ihre eigene Zerstörung durch die Stalinisten vor und sorgten für die Niederlage der Revolution. Selbst, als sie auf Druck der Stalinisten aus der Volksfrontregierung herausgedrängt wurden, beantragten sie ihren Wiedereintritt.

Grosse Teile der anarchistischen CNT – besonders die Jugend – waren durch den Ausverkauf ihrer Führer angewidert und suchten nach Alternativen. Es kam so an der Basis der anarchistischen ArbeiterInnen zu internen Differenzen. Die „Freunde von Durruti“ repräsentierten eine echte revolutionäre Strömung, die sich in einem Prozess des Bruchs mit dem Anarchismus und einer Hinwendung zum Marxismus befand. Hätten die Führer der POUM eine wirklich revolutionäre Politik beibehalten, so hätten sie zum damaligen Zeitpunkt die Mehrheit der CNT-Mitglieder gewinnen können. Aber die Politik der Partei desorientierte die sich nach links bewegenden ArbeiterInnen, die eine Führung suchten. Durch die Beteiligung an der Volksfront gaben die POUM-Führer die Möglichkeit, diese Alternative zu bieten, auf.

Stalins Aussenpolitik

Howard: Bedeutet diese Stellungnahme, dass die Sowjetunion in keiner Weise die Pläne und Absichten, eine Weltrevolution herbeizuführen, aufgegeben hat?

Stalin: Wir hatten nie solche Pläne und Absichten.

Howard: Sie sind sich bewusst, Herr Stalin, dass ein grosser Teil der Welt lange Zeit einen anderen Eindruck hatte?

Stalin: Das ist das Ergebnis von Missverständnissen. .

Howard: Ein tragisches Missverständnis?

Stalin: Nein, komisch. Oder vielleicht tragisch-komisch.“

(Roy Howard, Stalin Interview, März – April1936.)

Stalin war weit davon entfernt, sich den Sieg der sozialistischen Revolution in Spanien zu wünschen und befürchtete, eine erfolgreiche sozialistische Revolution würde die Macht der Bürokratie untergraben und zu deren Sturz führen. Die ArbeiterInnen in der UdSSR waren jedoch von der Revolution in Spanien begeistert, die sie mehr als alles andere seit der widerrechtlichen Machtergreifung Stalins bewegte. Es ist kein Zufall, dass Stalin genau zu dieser Zeit mit den berüchtigten Säuberungsprozessen begann. Die grausame Vernichtung all jener, die mit den demokratischen und internationalistischen Traditionen Lenins und der Oktoberrevolution in Verbindung gebracht wurden, war ein einseitiger Bürgerkrieg der stalinistischen Bürokratie gegen den Bolschewismus. Die Säuberungen waren als Präventionsschlag gedacht, um ein Wiederaufleben der leninistischen Opposition in der UdSSR, die durch die Bewegung der spanischen ArbeiterInnen inspiriert wurde, zu verhindern.

Unter Lenin und Trotzki wurde die Aussenpolitik des Sowjetstaates immer den Interessen der Weltrevolution untergeordnet. Aber Stalin und die Bürokratenkaste, die er repräsentierte, liessen sich von reinen nationalistischen Erwägungen leiten. Sie wollten zum damaligen Zeitpunkt die französischen und britischen Kapitalisten beschwichtigen, um sie für ein Bündnis gegen Deutschland zu gewinnen. Sie wollten dieses Vorhaben nicht durch einen revolutionären Flächenbrand gefährden, der sich nach Frankreich ausgebreitete und das gesamte politische und soziale Gleichgewicht zerstört hätte. Die so genannten Demokratien Frankreich und Britannien ihrerseits unternahmen alles in ihrer Macht stehende, um Franco zu helfen, während sie sich nach aussen hinter dem heuchlerischen Banner der Nichteinmischung versteckten. Stalins konterrevolutionäre Politik in Spanien überzeugte die britischen und französischen Imperialisten nicht davon, Verbündete der UdSSR zu werden, sondern brachte im Gegenteil die Sowjetunion in grösste Gefahr.

Das Abwürgen der Spanischen Revolution war beabsichtigt, um London und Paris Stalins „Seriosität“ zu beweisen. Aber es gelang ihm nicht, die gewünschte Wirkung zu erzeugen. Die Politik der britischen und französischen Kapitalisten wurde nicht von der angeblichen Liebe zur „Demokratie“ diktiert, sondern von nackten Klasseninteressen und vor allem von der Angst vor einer Revolution in Spanien. Sie versteckten sich hinter der monströsen Politik der Nichteinmischung und übersahen bewusst die Hilfe der deutschen und italienischen Faschisten für Franco. Stalin schickte eine begrenzte Menge an Waffen nach Spanien, aber nicht genug, um Franco eine entscheidende militärische Niederlage beizubringen, aber mehr als genug, um den Republikanern und den mit ihnen paktierenden spanischen Stalinisten behilflich zu sein, die zerschlagene kapitalistische Staatsmaschinerie wiederaufzubauen.

Auf Anordnung aus Moskau liess die Kommunistische Partei Spaniens die ultralinke „Sozialfaschismustheorie“ ohne Begründung fallen. An deren Stelle nahm sie Kurs auf eine Koalition mit der „liberalen“ Bourgeoisie, eine Politik, die Lenin immer unerbittlich abgelehnt hatte. Um den konterrevolutionären Charakter dieser menschewistischen Klassenkollaborationstheorie zu verschleiern, präsentierten sie diese unter dem Deckmantel der „Volksfront“. Nachdem sie sich von Lenins revolutionärer internationalistischen Politik abgewendet hatte, die auf der Verteidigung der Sowjetunion basierte, in erster Linie auf die Unterstützung der ArbeiterInnenklasse weltweit und dem Sieg des Sozialismus auf internationaler Ebene, versuchte die sowjetische Bürokratie die Unterstützung der „guten“, „demokratischen“ kapitalistischen Staaten (Britannien und Frankreich) gegen Hitler zu gewinnen. In einer Phase unterstützte die Bürokratie sogar den „guten“ italienischen Faschismus gegen die „böse“ deutsche Variante!
Die Führer der Kommunistischen Partei Spaniens wurden zu den glühendsten Verteidiger des kapitalistischen Prinzips von „Recht und Ordnung“. Mit dem Slogan „zuerst den Krieg gewinnen und dann die Revolution durchführen“ sabotierten sie systematisch jede unabhängige Bewegung der ArbeiterInnen, Bäuerinnen und Bauern.

Konterrevolution

Die Stalinisten der PSUC halfen den katalonischen bürgerlichen Nationalisten, die alte kapitalistische Staatsmaschinerie in Katalonien wiederaufzubauen, die von den ArbeiterInnen im Juli 1936b zerstört worden war. Um das durchzuführen mussten die Anarchisten und Anhänger der POUM vernichtet werden. Die Stalinisten übernahmen die Hauptverantwortung für die schmutzige Arbeit. Ende 1936 agitierten sie unter dem Slogan „Alle Macht der Generalitat (Regierung Kataloniens)“ für die Auflösung der ArbeiterInnenkomitees. Schritt für Schritt wurden alle Elemente der ArbeiterInnenkontrolle zurückgeschraubt. Die Führer der CNT unternahmen nichts, um den von den Stalinisten geführten Ansturm aufzuhalten.

Nachdem sie sechs Monate lang ein Klima der Reaktion vorbereitet hatten, schlugen die Stalinisten im Mai 1937 zu. Sie versuchten die Telefonzentrale in Barcelona, die unter der Kontrolle der CNT war, einzunehmen. Als Reaktion auf diese Provokation wagten die Anhänger der CNT und der POUM im Mai 1937 einen Aufstand. Diese Bewegung hatte die überwältigende Unterstützung der ArbeiterInnen von Barcelona, sogar die der kommunistischen und sozialistischen Basis. Vier Tage lang war die Macht in den Händen der ArbeiterInnen. Aber wieder einmal weigerten sich die CNT und die POUM die Macht zu ergreifen.

Das war die letzte Möglichkeit die Revolution in Spanien durchzuführen. Mit der richtigen Führung hätten die Maitage mit einem Sieg der ArbeiterInnen geendet. Wenn die POUM und die CNT die ArbeiterInnen aufgerufen hätten, die Macht zu ergreifen, hätte sie niemand aufhalten können. Nach dem Ereignis schrieb die anarchistische Zeitung Solidaridad Obrera: „Wenn wir gewollt hätten, die Macht zu ergreifen, wäre das im Mai sicher möglich gewesen. Aber wir sind gegen eine Diktatur.“ Es ist unmöglich, sich eine beschämendere Bankrotterklärung vorzustellen.

Das Beispiel einer revolutionären ArbeiterInnen- und Bauernregierung in Katalonien hätte sich wie ein Lauffeuer in ganz Spanien verbreitet. Aber die CNT- und POUM-Führer beteiligten sich an der Rettung des kapitalistischen Staates, jedes Mal wenn dieses in Gefahr geriet gestürzt zu werden. Die Führer der Anarchisten Garcia Oliver und Federica Montseny, die zum damaligen Zeitpunkt Minister in der Volksfrontregierung waren, riefen die ArbeiterInnen auf, die Waffen niederzulegen und an die Arbeitsplätze zurückzukehren. Das anarchistische Zentrum Casa CNT forderte die ArbeiterInnen zum Verlassen der Barrikaden auf. Widerwillig gehorchten diese.

Das war der Beginn einer konterrevolutionären Orgie. Innerhalb von sechs Wochen wurde die POUM in die Illegalität getrieben und die CNT entwaffnet. Stalins GPU-Agenten begannen Anarchisten und POUM-Mitglieder zu verhaften. Andres Nin und andere Führer der POUM wurden in den geheimen Kerkern der GPU ermordet. ArbeiterInnenkomitees und –kollektive wurden zerstört. Ken Loach zeigt in seinem hervorragenden Film „Land and Freedom“, wie die Stalinisten die ArbeiterInnenmilizen entwaffneten und die Bauernkollektive auflösten. Dieses Vorgehen ist bildlich zu vergleichen mit dem des Mannes, der auf einem Ast sitzt und dieser abgesägt wird.

Man kann natürlich nicht die Basis der Kommunistischen Partei und der Kommunistischen Jugend für die Politik ihrer Führer verantwortlich machen. Es gab in der KP viele mutige KlassenkämpferInnen, deren einziger Wunsch es war, den Faschismus zu besiegen und die Interessen der Arbeiterinnen, Bäuerinnen und Bauern zu verteidigen. Sie brachten grosse Opfer und viele von ihnen verloren in den blutigen Schlachten mit der Reaktion ihr Leben. Die Tragödie der spanischen KP, von der die GenossInnen vielleicht nur ahnten, war, dass die Führer den Diktaten von Stalin und der Moskauer Bürokratie blindlings folgten. Diese verfolgten ihre eigenen Interessen unter zynischer Nichtachtung der Sache des Weltkommunismus und der sozialistischen Revolution. Im Endeffekt mussten die arbeitenden Menschen und die KP selbst den Preis für diesen Verrat bezahlen.

Casados Coup

Die Zerstörung der Revolution führte unvermeidlich zu der von Trotzki vorhergesagten Katastrophe. Die PCE unterstützte die so genannte Regierung des Sieges unter dem rechten Sozialdemokraten Negrin, welche in Wirklichkeit über die schlimmsten Niederlagen regierte. Das war unvermeidbar, nachdem die bürgerliche Konterrevolution hinter den republikanischen Linien gesiegt hatte. In einer Revolution erfüllt die Moral, noch mehr als im Krieg, eine Schlüsselfunktion. Unter rein militärischen Gesichtspunkten kann die Revolution nie gegen die Berufsarmee mit ausgebildeten Offizieren und Militärexperten siegen. Die vielgepriesene Ebro-Offensive endete mit einer Niederlage und setzte Katalonien der Gnade Francos aus. Die ArbeiterInnenklasse war desillusioniert und demoralisiert.

Nachdem die Stalinisten die schmutzige Arbeit verrichtet hatten, wurden sie kurzerhand abserviert. Der Slogan der PCE lautete: „Zuerst gewinnen wir den Krieg, dann führen wir die Revolution aus.“ Aber die Zerstörung der Revolution führte zwangsläufig zur Niederlage im Krieg. Die endgültige Katastrophe, die ihren Ausgangspunkt in der falschen Volksfrontpolitik hatte, geschah zwischen dem 26. März und dem 01. April 1939. Der Sturz der Volksfrontregierung geschah nicht durch Franco, sondern kam von innen, als der „republikanische“ Oberst Segismundo Casado und der rechte Sozialdemokrat Julian Besteiro einen Staatsstreich gegen die Regierung organisierten und eine Militärjunta errichteten, die von Oberst Miaja angeführt wurde. Ihr Ziel war die Aushandlung eines Friedenvertrags mit Franco und die Entfernung aller Kommunisten aus der Regierung und der Armee. Casado zerschmetterte die kommunistischen Kräfte. Die Zeitung der PCE, Mundo Obrero, wurde verboten und Casado befahl die Verhaftung kommunistischer Kommissare und Aktivisten. Das war der Lohn, den die KP für ihre loyale Kollaboration mit der „fortschrittlichen“ Bourgeoisie erhielt.

In einem Zeitraum von fast drei Jahren wurde die Spanische Revolution Schritt für Schritt erdrosselt. In der ersten Phase stützten sich die Liberalen auf die Kommunisten, um den linken Flügel (die Anarchisten und die POUM) zu vernichten. Dies bereitete den Weg für die Vernichtung der Kommunisten durch ihre bürgerlich-liberalen Alliierten, die dann selbst von Franco vernichtet wurden. Casado war in Verhandlungen mit Franco getreten, im Glauben, er und seine Freunde würden verschont. Die britische Regierung erzählte ihm, Franco würde für das Leben der Republikaner garantieren. Der Fünfte-Kolonne-Agent, Colonel José Cendaño, versprach ihm, Franco würde für das Leben der republikanischen Offiziere, die „keine Verbrechen begangen hätten“, garantieren. Aber vom Standpunkt der Faschisten aus, hatten alle republikanischen Offiziere Verbrechen begangen. Franco war ausschliesslich an einer bedingungslosen Kapitulation interessiert.

Niemand konnte die Machtübernahme durch Francos Armeen verhindern. Negrin floh nach Frankreich, kurz darauf folgten ihm La Pasionara und die meisten KP-Führer. Hunderttausende Republikaner, Sozialisten, Kommunisten und Sozialisten wurden verhaftet und in Konzentrationslagern interniert, unzählige wurden ermordet oder verschwanden in Francos Gefängnissen. Am 01. April 1939 erklärte Franco den Sieg. Es begann ein langer Albtraum für die Menschen in Spanien, der fast vier Jahrzehnte dauerte.

Konterrevolution – unter einem demokratischen Deckmantel

Die spanische ArbeiterInnenklasse zahlte einen schrecklichen Preis für die falsche Politik, die Feigheit und den kompletten Verrat ihrer Führer. Die Faschisten rächten sich brutal an den ArbeiterInnen. Bis zu einen Million Menschen wurden im Bürgerkrieg selbst getötet. Tausende weitere wurden direkt nach der Niederlage ermordet. Die ganze Welt zahlte ebenfalls einen Preis. Die Niederlage der spanischen ArbeiterInnen beseitigte das letzte Hindernis für einen neuen Weltkrieg, der mit dem Tod von 55 Millionen Menschen endete.

Es dauerte lange, bis das spanische Proletariat sich von dem Trauma erholte. Aber trotz der brutalen und gefährlichen Lage gewannen die spanischen ArbeiterInnen allmählich ihren Kampfgeist zurück. In den 1960ern kündigten die ersten Bergarbeiterstreiks in Asturien einen Neuaufbruch des Proletariats als revolutionäre Klasse an. Und in der gesamten folgenden Periode war es die ArbeiterInnenklasse, die mit ausserordentlichem Mut und Entschiedenheit den Kampf gegen die Diktatur führte.

Als Franco schliesslich am 20. November 1975 starb, wurde Spanien erneut von einem revolutionären Aufschwung erfasst. Die bewusstesten ArbeiterInnen verstanden instinktiv, dass es nicht ausreichte die Franco-Diktatur zu stürzen, sondern deren Wurzeln zu zerstören. Die Bewegung hatten einen deutlich antikapitalistischen Charakter. Der Generalstreik in Vitoria im März 1976, bei dem Elemente der Doppelherrschaft zu Tage traten, war der Höhepunkt dieser prächtigen Bewegung. Das Massaker an ArbeiterInnen im März hätte das Signal für einen landesweiten Generalstreik sein können. Aber wieder einmal suchten die Führer der PCE zuerst nach einem Bündnis mit der Bourgeoisie.

Im Januar 1977 löste der brutale Mord an fünf Rechtsanwälten der ArbeiterInnenkommissionen durch faschistische Killer im Madrider Stadtteil Atocha in der ArbeiterInnenklasse wütende Reaktionen aus. Die Stimmung war aufgeheizt. Aber wieder drückte die PCE auf die Bremse. Die Beerdigung der Rechtsanwälte wurde zu einer Massendemonstration, die das Leben in Madrid zum Erliegen brachten. Das gesamte Land hätte auf einen Aufruf zum Generalstreik oder zum Aufstand reagiert. Aber KP-Funktionäre brachten die Protestrufe zum Schweigen und verhinderten das Zeigen von Plakaten. Die ArbeiterInnen wurden gezwungen schweigend zu marschieren und ihre Wut zu unterdrücken.

Die Führer der PCE waren darauf bedacht, der Bourgeoisie zu demonstrieren, dass diese sich auf sie verlassen kann, wenn es darum geht, die Massen in Schach zu halten. Sie wollten keine Revolution, sondern eine Abmachung mit der Bourgeoisie. Sie hatte die „Demokratische Junta“ initiiert, in der auch Faschisten sassen. Die Führer der Sozialistischen Partei (PSOE) wollten nicht in die Röhre gucken und gründeten ihre eigene Volksfront, die sie „Demokratische Plattform“ nannten. Hinter dem Rücken der CPE-Basis erzielt Carillo eine Einigung mit dem Führer der faschistischen Movimiento Adolfo Suárez, der von König Juan Carlos zum Premierminister ernannt worden war.

Um die Übereinkunft perfekt zu machen, verzichteten die ArbeiterInnenführer nicht nur auf den Kampf gegen den Kapitalismus, sondern sie verzichteten auf die elementarsten demokratischen Forderungen, wie die Abschaffung der Monarchie. Das alles war der überwältigenden Mehrheit der sozialistischen und kommunistischen ArbeiterInnen, die ihr Leben im Kampf gegen das Franco-Regime riskiert hatten, ein Gräuel.

Die „Politik des Übergangs“ – Der Betrug des Jahrhunderts

Pakte, Abkommen, Übereinkommen, Koalitionen mit der Bourgeoisie, das alles wurde über Jahrzehnte zum täglichen Brot für die Stalinisten. Wir sprechen hier natürlich von den Führern. Die kommunistische Basis hat nie ihre Loyalität gegenüber dem Klassenkampf und dem Sozialismus aufgegeben. Sie hat die Zähne zusammengebissen und sich dem Diktat ihrer Führer unterworfen. Sie hat sich damit getröstet, dass diese Zugeständnisse rein „taktischer“ Natur und notwendig waren und die Partei in Zukunft Farbe bekennen würde. Aber das tat sie nie. Dieser charakterlose Opportunismus war nicht taktisch bedingt, sondern organisch.

Als Santiago Carillo starb, veröffentlichte die bürgerliche Presse die schmeichelhaftesten Hommagen für den Mann, der sie rettete. Ein dankbarer Juan Carlos besuchte ihn am Sterbebett, nur zwei Stunden bevor er starb und erklärte, der frühere Generalsekretär der PCE habe eine „fundamentale Rolle“ bei der Errichtung der Demokratie in Spanien gespielt. Das ist die ganze Wahrheit. Carillo und die anderen KP-Führer spielten eine Schlüsselrolle bei der Untergrabung der revolutionären Bewegung und halfen der Bourgeoisie die Kontrolle zurückzuerobern, die ihr aus den Händen geglitten war. Natürlich waren die PSOE-Führer keinen Deut besser, aber sie hatten zur damaligen Zeit auch nicht das Kommando über die PCE-Basis und die ArbeiterInnenkommissionen.

Das Ergebnis dieser Ränkespiele war eine abscheuliche Fehlgeburt, die „demokratischer Übergang“ getauft wurde. Das war die Fälschung des Jahrhunderts. Der so genannte demokratische Übergang war ein Betrug an all dem, für das die spanischen ArbeiterInnen gekämpft hatten. Das alte Regime blieb praktisch in Takt, wenngleich es mit ein wenig „demokratischem“ Öl gesalbt wurde. Der alte Repressionsapparat blieb erhalten. Die Guardia Civil erschoss weiterhin Demonstranten, folterte und ermordete Gefangene in den Gefängnissen. Die monströsen Privilegien der katholischen Kirche, dem Bollwerk der faschistischen Konterrevolution, blieben erhalten, was für die Menschen in Spanien eine unerträgliche Belastung bedeutete. Die grosse Armee von Nonnen und Priestern war weiter für ihre Schulen verantwortlich und ihre Gehälter wurde von den Steuerzahlern bezahlt.

Nicht eine einzige Person wurde für Verbrechen, Morde und Gräueltaten der Diktatur bestraft. Die Mörder und Folterer liefen unbehelligt durch die Strassen und konnten ihren Opfern ins Gesicht lachen. Es wurde von den Menschen in Spanien einfach erwartet, dass sie die eine Million Opfer des Bürgerkrieges vergessen sollten. Die Geschichtsbücher wurden umgeschrieben, so dass dies alles niemals geschehen sein konnte. Die Massengräber, in denen tausende namenlose Leichen unter Olivenhainen und Gebirgspässen liegen, blieben unberührt, um zu verhindern, dass Touristen sie anschauen können.

Für die ArbeiterInnen war die Wiedereinsetzung der Monarchie am schwersten zu akzeptieren. Es herrschte eine Stimmung der bitteren Enttäuschung vor. Tausende AktivistInnen, die so viel geopfert, ihr Leben riskiert, ihre Arbeitsplätze verloren im Gefängnis gesessen hatten und geschlagen und gefoltert worden waren, traten angewidert aus der PSOE und der PCE aus. Dies bereitete den Weg für eine lange Phase des Abklingens der ArbeiterInnenbewegung, die bis in die jüngste Zeit reichte.

Die Rache der Geschichte

Santiago Carrillo und die anderen PCE-Führer standen für einen „historischen Kompromiss“ zwischen Konservativen und Kommunisten. In Wirklichkeit gewannen erstere alles, während die Kommunisten alles verloren. Die PCE zahlte den Preis für den Opportunismus ihrer Führer. Sie verlor einen Grossteil ihrer Stimmen, während die Sozialistische Partei grosse Stimmengewinne zu verbuchen hatte. Es ist natürlich klar: Wenn es zwei ArbeiterInnenparteien gibt, eine grosse und eine kleine, die eine ähnliche Politik betreiben und ein ähnliches Programm haben, dann stimmen die ArbeiterInnen für die grössere. In den folgenden Jahren sah die PCE ihren Einfluss schwinden, sie verlor an WählerInnen und Stimmen. Sie ist zu einem Schatten ihrer selbst geworden. Diese einst mächtige Partei hat sich praktisch in der Vereinigten Linken (Izquierda Unida) aufgelöst. Es ist das tragische Schicksal einer Partei, die durch den Heldenmut und die Selbstopferung einer Generation militanter ArbeiterInnen, die ihr Leben im Untergrundkampf gegen die Franco-Diktatur riskierten, aufgebaut wurde.

Inmitten der momentanen wirtschaftlichen und sozialen Krise jedoch erleben sowohl die KP als auch die UI einen Aufschwung. Das ist natürlich. Die ArbeiterInnen und die radikalisierte Jugend suchen nach einem Ausweg aus der Sackgasse des Kapitalismus. Sie suchen nach dem Banner des Kommunismus – dem Banner der sozialistischen Revolution. Die KP stellt den grössten Anteil der IU-Mitglieder und hat in jüngster Zeit Zeichen in Richtung links gesetzt, was zu begrüssen ist. Die kommunistische Basis setzt sich immer häufiger kritisch mit der eigenen Vergangenheit, besonders mit dem so genannten demokratischen Übergang, auseinander.

Sie spürt instinktiv, dass die privilegierte Stellung der Kirche und der Monarchie eine untragbare Verletzung der grundlegenden demokratischen Rechte sind und sie versucht zu den wahren Traditionen des Kommunismus, den Ideen von Marx und Lenin, zurückzukehren. Sie erklärt: „Das Regime von 1978 ist am Ende“. Ja! Notwendig ist jetzt aber eine gründliche und ehrliche Debatte über die Vergangenheit und eine Analyse der gemachten Fehler. Es ist notwendig mit der Politik der „Übereinstimmung“, mit den Pakten und den Bündnissen mit der Bourgeoisie zu brechen. Die KP muss eine kommunistische Politik verteidigen, eine leninistische Politik, die vollständig auf einer kompletten Klassenunabhängigkeit und einem Kampf gegen alle Formen von Privilegien, Unterdrückung und Klassenherrschaft basiert. Die KP muss nicht in Worten, sondern mit Taten für den Sozialismus kämpfen, und das nicht in ferner Zukunft, sondern hier und heute.

Mehr als drei Jahrzehnte nach dem Betrug mit der Übergangspolitik bewegt sich Spanien erneut in Richtung eines revolutionären Aufstandes. Das Land ist von hoher Arbeitslosigkeit und der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten betroffen. Nach einer langen Periode relativer Ruhe, gibt es deutliche Zeichen für ein Wiedererstarken des Klassenkampfes. 2011 hatten wir die beeindruckende Bewegung der revolutionären Jugend, an der sich hunderttausende Indignados beteiligten und die wichtigsten Plätze in den spanischen Grossstädten besetzten. Laut einer IPSOS-Umfrage sagten über sechs Millionen Menschen, dass sie auf die ein oder andere Weise an der Bewegung teilgenommen hätten.

Es gab Massenproteste gegen die Sparpolitik der Regierung Rajoy, Generalstreiks und die beeindruckende Bewegung der Bergleute, die Erinnerungen an die Traditionen der 1930er Jahre aufkommen liessen. Allein 2012 gab es zwei 24stündige Generalstreiks. Ausserdem gab es Bewegungen gegen Kürzungen im Bildungswesen, eine erfolgreiche Bewegung gegen die Privatisierung des Gesundheitswesens in Madrid, grosse Demonstrationen gegen Wohnungsräumungen und für deren Wiederinbesitznahme, die siegreiche Bewegung in Gamonal, Burgos, gegen die Stadtsanierung, den flächendeckenden Streik der LehrerInnen auf den Balearen, die Coca-Cola-ArbeiterInnen, die Panrico-ArbeiterInnen.

Damit diese Bewegungen jedoch erfolgreich sind, brauchen sie eine organisierte politische Willensbekundung. Die neue Generation von AktivistInnen sucht nach Ideen, einem Banner und einer Organisation. Aber die Führer der wichtigsten ArbeiterInnenparteien haben nicht dazu gelernt und alles wieder vergessen. Es ist deshalb kaum überraschend, dass die Jungen den Führern und Parteien, die ihnen keine klare Alternative zur Ungerechtigkeit, zum Chaos und zu den kriminellen Machenschaften des Kapitalismus bieten, mit Misstrauen und Skepsis begegnen. Ausserdem suchen sie Antworten auf die vielen unbeantworteten Fragen, welche die Vergangenheit betreffen. Der plötzliche Ausbruch der PODEMOS-Bewegung auf der Szene war ein plastischer Ausdruck dieser Tatsache. Sie ist zu einem Ausdrucksmittel für die vorhandene Wut und Enttäuschung, die sich seit Jahrzehnten in der spanischen Gesellschaft aufgestaut haben, geworden.

Der schnelle Aufstieg von PODEMOS ist eine Widerspiegelung der Unfähigkeit der alten Führungen, ein revolutionäres Programm aufzustellen, das sich an die Arbeiterinnen und die Jugend wendet. PODEMOS hat die aktivsten und tatkräftigsten Schichten der Gesellschaft angezogen. Sie hat grosse Hoffnungen geweckt. Aber ihr fehlt vieles: Eine zusammenhängende demokratische Organisation und ein klares und eindeutiges sozialistisches Programm. Es findet eine Debatte statt, welche diese Defizite beheben könnte. Aber die Hauptbedingung dafür ist eine ernsthafte, ehrliche und kritische Analyse der Fehler der Vergangenheit. Der einzige Weg, um den zukünftigen Sieg zu sichern, ist es, die Lektionen aus der Spanischen Revolution von 1931-37 und dem Bürgerkrieg zu lernen. Ohne dieses Verständnis ist die Bewegung dazu verdammt, dieselben Fehler zu machen und das gleiche Schicksal zu erleiden, die schon ihre Väter und Grossväter gemacht haben. Alle Versuche, die Vergangenheit zu beerdigen, sind gescheitert. Auf der Suche nach der „historischen Erinnerung“, wird die neue Generation Gräber ausheben und sterbliche Überreste der Opfer des Faschismus retten. Wenn das geschieht, kämpfen sie nicht nur für Gerechtigkeit. Sie kämpfen ebenso für die Wiederherstellung der wahren Traditionen vergangener Generationen. Welche Hoffnung gibt es für eine Nation, die ihre Vergangenheit verloren hat? Wenn ein Mensch an Amnesie leidet, geht er zum Arzt, um behandelt zu werden. Wenn ein ganzes Volk an kollektiver Amnesie leidet, sind drastischere Behandlungsmethoden erforderlich. Mächtige persönliche Interessen wollen die spanische Vergangenheit unter Verschluss halten. Aber die ArbeiterInnenklasse und die fortschrittlichen Kräfte fragen nach der Wahrheit und werden nicht mit weniger zufrieden sein.

Auf der Tagesordnung steht eine Rückkehr zu den 1930ern und 1970ern, aber auf einem qualitativ höherem Niveau. Nach Jahrzehnten der Lebenslüge, fragen sich die Menschen nach dem eigentlichen Charakter des berüchtigten „Übergangs zur Demokratie“. Republikanische Fahnen wehen wieder herausfordernd auf Demonstrationen. Sie werden von vielen in der kommunistischen Bewegung und in der IU als Symbol gegen ein bankrottes und reaktionäres Regime betrachtet, das den Menschen als Teil eines „demokratischen“ Schwindels übergestülpt wurde. Sie haben vollkommen recht. Es gibt keinen weiteren Fortschritt bis dieser Schwindel aufgedeckt und gestürzt ist.
Bis heute bleibt die Spanische Revolution eine Quelle ungeheurer Inspiration. Trotzki sagte, die spanische ArbeiterInnenklasse sei in der Lage nicht nur eine, sondern zehn Revolutionen zu machen. Sie bewies einen enormen Mut, Initiative und Elan. Aber im Endeffekt scheiterte sie und das spanische Volk zahlte einen schrecklichen Preis dafür. Es ist deshalb notwendig, dass die neue Generation sich sorgfältig mit den Gründen der Niederlage beschäftigt. Um die Lektionen aus den 1930ern zu verstehen, empfiehlt es sich, dieses Buch von Morrow zu lesen.

Es ist die Aufgabe der spanischen MarxistInnen der ArbeiterInnenklasse und der Jugend die Lektion der Vergangenheit zu vermitteln. Die reformistischen Führer haben die ArbeiterInnenklasse nicht mehr so im Würgegriff wie in der Vergangenheit und der Anarchismus ist zu einem blossen Schatten seiner Vergangenheit geworden. Die weltweite Krise des Kapitalismus führt erneut dazu, dass eine sozialistische Transformation auf der Tagesordnung steht. Es ist die Pflicht aller klassenbewussten ArbeiterInnen, die Lektionen der Spanischen Revolution zu lernen und Felix Morrows Buch liefert den Schlüssel zum Verständnis, dass es eine notwendige Voraussetzung ist, den Kampf bis zum siegreichen Abschluss zu führen. In den Worten von George Santayana: „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“