Die Aufgabe, die sich der ArbeiterInnenklasse in den USA heute stellt, ist gewaltig: Sie muss eine unabhängige ArbeiterInnenpartei aufbauen. Welche Lehren können wir aus der Vergangenheit ziehen, um diese Aufgabe zu bewältigen?

Die ArbeiterInnen in den USA brauchen eine eigene Partei. Diese Aufgabe stellt sich der US-ArbeiterInnenbewegung seit vielen Jahrzehnten, und so gab es bereits mehrere Versuche, eine ArbeiterInnenpartei aufzubauen. Damit dieses Unterfangen endlich erfolgreich sein kann, muss aus den vergangenen Versuchen und ihren Fehlern gelernt werden. Betrachten wir also ein solches Beispiel: Die Labor Party.

Mazzocchi und die LPA

Bereits Ende der 80er Jahre wollte eine Gruppe um den Gewerkschaftsfunktionär Tony Mazzocchi eine ArbeiterInnenpartei erschaffen. Dazu gründeten sie die Gruppe «Befürworter einer Partei der Arbeit (LPA)». Die Organisation der LPA basierte auf zwei Folgerungen von Mazzocchis Auffassung einer ArbeiterInnenpartei:

  1. Er wollte vollständige Kontrolle von oben über die Partei haben.
  2. Er glaubte, die Partei könne auf abstrakte Weise aufgebaut werden, losgelöst von den wirklichen Kämpfen der ArbeiterInnenklasse. Das heisst, dass die einzige Aktivität der LPA darin bestand, neue Mitglieder zu gewinnen. Erst nachdem man 100’000 Mitglieder hatte, sollte die ArbeiterInnenpartei gegründet werden, die tatsächlich ArbeiterInnen organisieren und sie in ihren Kämpfen verteidigen würde.

Tatsächlich unterstützten einige Gewerkschaften die LPA, um zumindest ein Werkzeug zu besitzen, mit dem von links Druck auf die Demokraten ausgeübt werden konnte. Viele ArbeiterInnen und Junge hatten es satt, diejenigen als «geringeres Übel» zu unterstützen, welche sie tagtäglich an ihrem Arbeitsplatz ausbeuteten, unterdrückten und verelenden liessen. Trotz dieser günstigen Umstände gelang es der LPA nie, ihr Ziel von 100’000 Mitgliedern zu erreichen. Woran lag das?

ArbeiterInnen sind im Kapitalismus dazu gezwungen, die eigene Arbeitskraft an KapitalistInnen zu verkaufen. Wenn der Erhalt des eigenen Lebens so kräftezehrend ist, bleiben kaum Ressourcen und Kraft, um für eine Organisation zu kämpfen, die ein ausschliesslich abstraktes, in ferner Zukunft zu erreichendes Ziel verfolgt. Wer die Massen der Arbeitenden gewinnen will, wer den Anspruch hat, für sie und mit ihnen zu kämpfen, der muss die unmittelbaren Probleme der ArbeiterInnenklasse anerkennen und gegen sie vorgehen. Der Klassenkampf ist immer konkret, und so muss es auch die Politik der ArbeiterInnenpartei sein. Ein bürokratischer, von oben kontrollierter Parteiapparat verhindert die aktive Einbindung der ArbeiterInnen. Nur eine wahrhaft demokratisch aufgebaute Partei kann die ArbeiterInnen organisieren und ihr Kampforgan werden.

Die Labor Party

Obwohl die LPA nie das gesetzte Ziel von 100’000 Mitgliedern erreichen konnte, gründete Mazzocchi 1996 die Labor Party (LP), allerdings mit nur überschaubarem Erfolg: 2002 starb Mazzocchi und mit ihm die LP, ohne dass sie es je vermocht hätte, die ArbeiterInnen zu organisieren. Wieso nicht?

Der Hauptgrund war die defätistische, falsche Herangehensweise der LP, die eine Politik des kleineren Übels verfolgte: Die Devise war die Wahl von Demokraten, um einen Sieg der Republikaner zu verhindern. Um also keinen allzu grossen Druck auf die Demokraten auszuüben, hat sich die LP entschieden, weder Massendemonstrationen und Streiks zu organisieren, noch eigene KandidatInnen aufzustellen, um die Wahlen zur Präsentation der eigenen Ideen zu nutzen.

Doch die Probleme der ArbeiterInnen werden nicht im Geringsten dadurch gelöst, dass die profitgeile Bourgeoisie der Demokraten die Macht hat. Eine sozialistische ArbeiterInnenpartei muss der Politik des kleineren Übels die Klassenpolitik entgegenstellen. Nur der Sozialismus kann die ArbeiterInnenklasse vom Joch des Kapitalismus befreien. Nur durch eine kämpferische Politik, das Unterstützen und Organisieren von Streiks und Massendemonstrationen, um Schulter an Schulter mit der gesamten ArbeiterInnenklasse zu kämpfen und diese sich ihrer Stärke bewusst werden zu lassen, wird die ArbeiterInnenpartei als ernste Alternative wahrgenommen. Der Labor Party fehlte diese korrekte Analyse. So ging sie schliesslich unter. 

Und heute?

Die Aufgabe, die sich der ArbeiterInnenklasse in den USA heute stellt, ist gewaltig. Aber noch viel gewaltiger sind die Perspektiven und die Möglichkeiten, die sich aus der heutigen Situation ergeben. Der Kapitalismus ist offensichtlich unfähig, die akuten, grausamen Probleme zu lösen, dazu ist er völlig diskreditiert: 40% der US-Amerikaner haben angegeben, Sozialismus zu unterstützen. Es ist an der Zeit, dass sich die ArbeiterInnenklasse das notwendige Kampforgan zu ihrer Selbstverteidigung und das Werkzeug zur Zerschlagung dieses widerwärtigen Systems aufbaut. Und unter den Hammerschlägen der kapitalistischen Krise werden wir uns diese Partei schaffen. Damit sie möglichst schlagkräftig wird, müssen wir MarxistInnen stärker werden, um bei ihrem Aufbau eine möglichst bedeutende Rolle zu spielen. Wir haben aus den Erfahrungen gelernt und sind mit den notwendigen theoretischen Schlüssen ausgerüstet. Es ist an der Zeit, Geschichte zu schreiben. Es ist an der Zeit, die Geschichte zur unseren zu machen.

Florian Trummer
JuSo Zürich

Bild: DC Labor