In Nigeria, der grössten Volkswirtschaft und dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas, finden am 16. Februar* die Präsidentschaftswahl statt. Nach den massiven Protesten und Streiks im Herbst und erneut im Januar, fordern viele NigerianerInnen einen politischen Wandel.

Die Schwankungen des Ölpreises auf dem Weltmarkt in den letzten Jahren stürzten die nigerianische Wirtschaft in eine tiefe Krise. Denn weiterhin sind grosse Teile der nationalen Wirtschaft direkt vom Ölgeschäft abhängig. Infolge der Krise haben sich die Lebensbedingungen vieler NigerianerInnen in den letzten Jahren massiv verschlechtert. Mehr als 60% der Bevölkerung lebt von weniger als einem US-Dollar am Tag. Das sind rund 10% mehr als noch vor 15 Jahren. Dagegen regt sich nun vermehrt Widerstand: Im Herbst fand ein mehrtägiger Generalstreik statt, ausgelöst durch eine Erhöhung des Benzinpreises und mit der Forderung nach einem neuen Mindestlohn. Ende Januar wurden erneut Teile der Produktion lahmgelegt, um für einen existenzsichernden Mindestlohn einzustehen.

Die Elite wackelt

Die Wahlen fallen in eine turbulente Phase und könnten deshalb durchaus Überraschungen hervorbringen. Zwar stellen sich zahlreiche KandidatInnen zur Wahl, doch tatsächliche Chancen werden nur wenigen eingeräumt. Die beiden bislang populärsten Kandidaten sind einerseits Alhaji Atiku Abubakar, ehemaliger Vizepräsident, und andererseits der aktuelle Präsident Mohammadu Buhari. Beide sind Vertreter der herrschenden Klasse und haben in den letzten Jahren den Raubzug der Bourgeoisie mit angeführt.

Derweil existiert keine schlagkräftige Alternative von links. Die Gewerkschaftsführung, die diese Rolle einnehmen könnte, tut sich bis anhin schwer. Sowohl im Herbst als auch im Januar bremste sie die Streikbewegung sogar autoritär ab, um bei den KapitalistInnen nicht in Ungnade zu fallen und so ihre privilegierte Position zu verteidigen. Die Proteste haben jedoch gezeigt, dass die Lohnabhängigen genug von der bisherigen Praxis ihrer Führung haben. Und wenn die Gewerkschaften keine führende Rolle in diesem Kampf einnehmen, dann suchen sich die Lohnabhängigen eine neue Führung.

Besteht Hoffnung?

So erstaunt es wenig, dass in dieser Situation mit Omoyele Sowore eine Figur auf die politische Bühne tritt, die gerne grosse Versprechen macht. Er möchte die Wirtschaft ankurbeln, Schulen und Krankenhäuser bauen und die Infrastruktur ausbauen. Damit weckt Sowore insbesondere bei der Jugend viele Hoffnungen. Doch wie will er dies bezahlen?

Bei genauerer Betrachtung wird der Charakter seiner Politik klar: Massenhaft Staatsaufträge und eine Willkommenskultur für imperialistisches Kapital aus dem Ausland sollen den Aufschwung herbeibringen. Sowore ist also ein bürgerlicher Populist, ein Verteidiger des kapitalistischen Systems. Bisher fehlt jedoch eine revolutionäre Partei, die seine leeren Worte entlarvt.

Denn ein freundlicher Kapitalismus kann nicht existieren. Nigeria ist weiterhin abhängig vom Ölgeschäft und wird im internationalen Konflikt zwischen Emissionssteuern und Benzinpreisen hin und hergeworfen, während der nationalen Bourgeoisie die Profite sichergestellt werden müssen. Wer innerhalb der Grenzen des Systems bleibt, der wird sich schnell an diesen stossen.

Es wird etwas passieren

Die Wahlen sind zumindest ein punktueller Gradmesser für die Stimmung der Jugend, der Armen und der ArbeiterInnenklasse Nigerias. So ist ein gutes Ergebnis für Omoyele Sowore Ausdruck für eine steigende Enttäuschung in die bisherige politische Elite. Die Hoffnungen, die viele NigerianerInnen in einen Wandel setzen, sind ja echt und gerechtfertigt.

Schliesslich wird sich auch Sowore, wie noch so viele Populisten vor ihm, entlarven. Er wird nichts grundlegend verändern können. Der Druck seitens der Lohnabhängigen und der Jugend wird erneut zunehmen. Denn die letzten Monate haben gezeigt, wozu jene fähig und willens sind.

 

Fabian B.
JUSO Basel-Stadt

 

* Anmerkung: Die Wahlen fanden nach Redaktionsschluss statt.