Man hätte denken können, es würde ein langweiliger 1. Mai werden. Doch dem war nicht so. Unter der Oberfläche macht sich ein neues Bewusstsein breit. Tausende stellen das System in Frage und suchen nach Alternativen. Repression, Regen und rücksichtloses Pandemiemanagement verhindern höchstens die Demos, nicht aber den Weg des Marxismus zu denen, die ihn suchen. Berichte, Bilder, Videos und eine Radiosendung.

Genosse Sebi aus Bern erklärt kurz und bündig um was es am 1. Mai 2021 geht.

Bern: Eine Demo und ein Fotoshoot

Die Genossen Kevin und Martin waren zu Gast im Radiostudio. Höre hier die Sendung.

Am 1. Mai, dem wichtigsten Kampftag des internationalen Proletariats, waren wir in der Stadt Bern mit einem Stand und vier mobilen Teams präsent. Beim Stand hielten sich aufgrund der dezentralen Lage (am Loryplatz) und des schlechten Wetters nicht viele Menschen auf, was unsere Arbeit erschwerte. Deshalb zogen schon bald ein paar GenossInnen vom Stand in die Stadt. Dort war es leichter, mit Menschen in Kontakt zu treten, über Krise und Revolution zu diskutieren und unsere Jubiläumsausgabe der Zeitung zu verkaufen.

Viele, die wir trafen, kannten den Funke bereits und waren offen für unsere Ideen, so dass wir interessante Diskussionen führen konnten. Da nicht klar war, wie die Demonstration ablaufen würde, beschlossen wir, uns vor Beginn in der Nähe des Treffpunkts der Demonstranten aufzuhalten, um mit möglichst vielen TeilnehmerInnen ins Gespräch zu kommen. Diese Taktik erwies sich als erfolgreich.

Da die Polizei die Demonstration laufen liess und die Maskenpflicht konsequent eingehalten wurde, wurden auch an der Demo Funke-Zeitungen verkauft. Die Stimmung auf der Demo war positiv aufgeheizt und entschlossen antikapitalistisch. Offensichtlich wird die Radikalisierung der Jugend an solchen Demonstrationen. Insbesondere als der Demozug am Schluss zum Stillstand kam und sich auflöste, kam man gut mit den Menschen ins Gespräch. Neben dieser Demo gab es auch noch eine Kundgebung der Gewerkschaften, an welcher vier GenossInnen teilnahmen. Diese entpuppte sich aber leider als Fototermin. Nach knappen vier Stunden im Regen schlossen wir trotzdem einen erfolgreichen Kampftag ab.

Zeno

Zürich: Klein aber fein und mit viel Polizei

Trotz der Angriffe auf die Arbeiterklasse im Verlauf der Pandemie verzichteten SP und Gewerkschaften in Zürich darauf, zu einer kämpferischen 1. Mai-Demonstration aufzurufen. An fünf gleichzeitig stattfindenden Mini-Kundgebungen thematisierten die Gewerkschaften immerhin aktuell stattfindende Kämpfe, an denen wir teilnahmen. 

So beispielsweise die Kundgebung zum GAV im Schreinergewerbe, dessen Abschluss vom Arbeitergeberverband VSSM seit letztem Herbst blockiert wird. An der Kundgebung fanden sich viele junge SchreinerInnen ein, die sich die zahlreichen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen nicht gefallen lassen wollen. In diesem Kampf unterstützen wir sie und diskutierten mit ihnen über mögliche Forderungen und Kampfmethoden.

Gleichzeitig war der 1. Mai geprägt von grosser Polizeipräsenz und Repression. GenossInnen, die sich am Bahnhof Stadelhofen eine Pause gönnten, wurden ohne jeglichen Grund von der Polizei kontrolliert, ihre Taschen durchsucht und danach des Platzes verwiesen. 

Insgesamt aber zeigte sich einmal mehr, dass die Menschen in dieser Krise immer weniger Vertrauen in die vorherrschenden Ideen haben und revolutionär-marxistische Ideen, die einen Ausweg aufzeigen, immer mehr Anklang finden!

Cosmin G., JUSO Stadt Zürich

Fribourg: Der erste 1. Mai als Funke

Der 1. Mai begann in Fribourg um 11h auf dem Place Python, wo bereits eine handvoll Gewerkschafts- und Parteistände aufgereiht waren. Auf dem Platz waren weniger Menschen als erwartet, im Schnitt jeweils etwa 50. Der Funke war mit GenossInnen aus Bern und der neu gegründeten Ortsgruppe aus Fribourg vor Ort.

Generell wurden wir von allen Organisationen freundlich empfangen, viele kannten den Funke schon und wussten auch, dass wir nun in Freiburg aktiv sind. Wir kamen zu sehr spannenden Diskussionen – zum Beispiel mit GewerkschafterInnen und PolitikerInnen die seit Jahren versuchen durch bürgerliche Instrumente das Leben der ArbeiterInnen zu verbessern. Dem haben wir die Notwendigkeit der Revolution und einer revolutionären Organisation entgegengehalten. Wir sprachen mit jeder Person die vor Ort war und stiessen rundum auf offene Ohren.

Um 12h30 ging der Umzug mit Musik los und um 13h30 folgten noch einige Reden auf der Place Python. In den Slogans wurden sowohl Lösungen für die Klimakrise als auch höhere Löhne gefordert. Der eher kleine Umzug von etwa 100 Leuten erfüllte uns trotzdem mit Energie. Trotz des ständigen Regens konnten wir 40 Zeitungen verkaufen und gingen glücklich und motiviert nach Hause um gleich weiter an der Maischule teilzunehmen.

Hugo Charles
Infos zur neuen Funke-Gruppe in Fribourg hier.

Kämpferische Traditionen in der Ostschweiz

In Konstanz organisierten die Gewerkschaften Kundgebung und Demonstration zum 1. Mai. Neben Beschäftigten waren auch der Funke und die Linksjugend [’solid] vor Ort. Der Demonstrationszug glich dabei mehr einem Spaziergang, Parolen oder Slogans wurden nicht gerufen. Dennoch wurde im Austausch und Gespräch mit einigen TeilnehmerInnen die Wut und Unverständnis über die Maßnahmen der Herrschenden deutlich. Die Redebeiträge von drei Gewerkschaftern prangerten zwar schlechte Arbeitsbedingungen und fehlende Corona-Schutzkonzepte an, kamen jedoch über reformistische Forderungen nicht hinaus. Stark zu kritisieren ist dabei, dass politische Organisationen keine Rede halten durften, darunter auch der Funke nicht. Der internationale Tag der Arbeiterklasse verkam hier mehr zu einer DGB-Kundgebung, an der nur Gewerkschafter zu Wort kamen. Dass die Werktätigen und Gewerkschafter von der Krise besonders betroffen sind steht dabei ausser Frage. Dennoch wären gerade an diesem Tag konkrete politische Forderungen und Beiträge von AktivistInnen notwendig gewesen. 

Im Murg-Auen-Park der Stadt Frauenfeld fanden über hundert Personen zusammen, um im Rahmen einer Kundgebung den Tag der Arbeit zu feiern. Die Ortsgruppe Thurgau war mit einem Stand und ZeitungsverkäuferInnen vertreten. Neben SGB-Präsi Maillard sprach Unia Sekretärin Fatime Zekjiri über die haarsträubenden Zustände in der Pflege, den Kampf ums Stimm- und Wahlrecht und die Kraft der Solidarität. Im Anschluss sprach Funke-Genosse Beat Schenk über die revolutionäre Perspektiven unserer Epoche und die Zuversicht der Marxisten.

Winterthur: Eine kämpferische Demo trotz Verbot und ein “Polit-Parcours” ohne viel Beachtung

Auch in Winterthur mobilisierten die linken Kräfte rund um die Gewerkschaften und die SP nur sehr wenig auf den traditionellen Kampftag der arbeitenden Klasse. Und dies obwohl Angriffe auf die Arbeitenden heute vermehrt auf der Tagesordnung stehen und die aktuelle Krise voll auf die Lohnabhängigen abgewälzt wird. Trotzdem organisierte das 1. Mai Komitee einen “Polit-Parcours”, wo verschiedene linke Organisationen und Gruppierungen einen Stand in der historischen Altstadt aufstellen konnten. Die linksradikalen Kräfte in Winterthur riefen trotz fehlender Bewilligung zu einer Demonstration durch die Stadt auf, an welcher wir mit vielen verschiedenen TeilnehmerInnen diskutieren konnten.

Zwischen 400 und 500 Menschen zogen so durch die Stadt darunter viele junge Menschen, welche in der aktuellen Krise besonders hart getroffen wurden. Die Polizeipräsenz war überraschend gering und die Stadtpolizei beschränkte sich auf Dialogteams und Zivilpolizisten, welche sehr offensichtlich mit den DemonstrantInnen mitliefen.

Neben der Demo gerieten die einzelnen Stände der linken Gruppierungen in den Hintergrund, auch weil sich die Gewerkschaften nicht an ihr beteiligten, sondern sich lieber auf ihre dezentralen Standaktionen konzentrierten, welche nicht allzu grosse Beachtung aus der Bevölkerung fanden.

In den einzelnen Gesprächen zeigte sich, die viele junge Arbeitende wütend sind auf die aktuelle Situation und offen sind für neue revolutionäre Ideen!

Noah, JUSO Winterthur