Der 8. März ist seit über hundert Jahren der Kampftag der Arbeiterinnen. Mit Streiks und Grossdemonstrationen wird an diesem Tag gegen die Unterdrückung und Ausbeutung, für die Befreiung der Frau gekämpft. Das ist ein Kampf gegen den Kapitalismus. Dabei gibt es zwei Gefahren: den Sexismus (der Männer) und die Spaltung entlang der Geschlechterlinie. Die einzige Lösung kann der gemeinsame Kampf von Frauen und Männern auf Klassenbasis sein. Die JUSO muss diesen Kampf mit korrekten Methoden und voller Konsequenz anführen.

UnterstützerInnen der marxistischen Strömung haben zuhanden der JUSO Jahresversammlung vom 19. Februar 2022 zwei Resolutionen eingereicht: eine zum Bundesrat und eine zweite zum Kampf gegen Frauenunterdrückung. Zudem sammeln wir eine Petition unter dem Titel: „Unterstütze den Kampf für eine sozialistische SP – Die SP muss in die Opposition zum Bundesrat!“ Klick auf den Link und unterzeichne sie jetzt.

Resolutionstext

Unter dem Label des Feminismus wird der revolutionäre Kampf zur Befreiung der Frauen und gegen Unterdrückung heute missbraucht, um Discountramsch zu vermarkten und damit rechte PolitikerInnen mit Rosen auf Stimmenfang gehen können – während sie das  Frauenrentenalter erhöhen. Wir verteidigen die wahren Traditionen des internationalen Frauenkampftages: Seit Beginn des 20. Jahrhunderts setzten sich Sozialistinnen für diesen mehrfach unterdrückten Teil der Arbeiterklasse ein und führten einen weltweiten Kampftag ein. Diese Tradition müssen wir heute wieder verteidigen. Es braucht revolutionäre, sozialistische Lösungen, um Unterdrückung endgültig zu überwinden. Und das ist möglich! (Siehe Begründung)

Die JUSO trägt dafür eine politische Verantwortung. In den bestehenden Kämpfen müssen wir einen korrekten, effizienten Kurs verteidigen. Die JUSO steht für den geeinten Kampf aller Unterdrückten und für die Revolution.

Höchste Zeit für einen geeinten Gegenschlag!

Die Kapitalisten holen zum Angriff aus gegen die Lohnabhängigen und insbesondere Frauen, sexuelle und geschlechtliche Minderheiten:  Frauenrentenalter, Sabotage der Pflegeinitiative, SVP-Anti-Abtreibungsinitiativen, etc.

Die Frage ist, wie wir eine gespaltene und von bürgerlich-reaktionären Ideen stark beeinflusste ArbeiterInnenklasse vereinen, damit wir in die Offensive gehen können. Dabei dürfen wir wichtige Fragen für spezifisch unterdrückte Teile der Klassen nicht übergehen. Wir müssen gemeinsam Lösungen finden und diese gemeinsam umsetzen – koste es, was es wolle!

Siegen können wir nur gemeinsam. Doch im gemeinsamen Kampf – und nur da! – ist es auch möglich, gegen Vorurteile und falsche Ideen in unserer eigenen Klasse vorzugehen, bei unseren Genoss*innen, Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen.

Den Kampf gegen den Chauvinismus und Vorurteile in der eigenen Klasse  führen wir gleichzeitig wie den gegen andere bürgerliche Ideen, z.B. dass unsere Probleme im Kapitalismus mit Reformen lösbar wären oder dass die Veränderung “des Bewusstseins” eine Lösung ist. Unterdrückerische Ideen werden nur dann besiegt, wenn wir die unterdrückerischen materiellen Umstände überwinden, welche diese Ideen hervorbringen. In den Kämpfen müssen wir die Leute von einem korrekten politischen Programm überzeugen:

  • Wir kämpfen für Massnahmen, welche die materielle Abhängigkeit der Frauen von (Ehe-) Männern und generell der mehrfach unterdrückten Teile der Arbeiterklasse reduziert: für bessere Löhne, niedrigere Mieten, gratis Kinder- und Gesundheitsversorgung für alle. Familien und Beziehungen müssen von jedem ökonomischen Zwang befreit werden. Der kapitalistische Konkurrenzkampf, der alle Lebensbereiche vergiftet, muss beendet werden.
  • Gesellschaftliche Macht kommt von ökonomischer Macht. Es ist das Privateigentum an Produktionsmitteln[1], das der Kapitalist*innenklasse die Macht gibt – auch über die herrschende Ideologie und den Staat. Sie werden niemals freiwillig Ideen verteidigen, welche ihre Interessen gefährden. Die Arbeiter*innenklasse und alle Unterdrückten müssen die Macht erobern und Konzerne und den Staat unter direkter demokratischer Kontrolle selbst verwalten. Nur so können wir wirklich bestimmen, in welche Richtung sich die Gesellschaft entwickelt.
  • Die notwendigen Verbesserungen, wie gratis Kitas, menschliche Bedingungen in der Pflege oder Sexualkundeunterricht frei von religiösen und Pharma-Interessen, müssen finanziert werden. Und zwar nicht von uns selber (z.b. via Krankenkasse), sondern von den Kapitalist*innen. Deshalb müssen wir sie enteignen und ihren Reichtum einsetzen, um die Probleme der Arbeiter*innenklasse zu lösen!
«Kein Sozialismus ohne Befreiung der Frau – Keine Befreiung der Frau ohne Sozialismus» (A. Kollontai)

In der Praxis bedeutet dies, dass wir  als Juso Verantwortung übernehmen, um die Kämpfe und linken Organisationen praktisch zu vereinen. Das beginnt mit der Organisation einer einheitlichen, nationalen Grossdemonstration am 11. März 2023 in Bern. Dazu bauen wir ein Bündnis mit linken Parteien und Gewerkschaften auf.

Folgende Kriterien sollen diese Einheitsfront leiten:

  1. Der Kampf gegen Geschlechterunterdrückung als politischer Kampf: gegen alle Angriffe der Kapitalist*innen, für ein sozialistisches Programm, das wir offen und demokratisch verteidigen
  2. Massenorganisationen in die Pflicht nehmen: alle Gewerkschaften und linken Parteien sollen mit-mobilisieren. Es ist Zeit für den Gegenschlag von unten!
  3. Unsere Stärke liegt in unserer Einheit: keine Spaltung reproduzieren, alle die mitkämpfen wollen, müssen an die Demo mobilisiert werden – auch Männer!
Begründung

Mit den Frauen als Speerspitze läutete der 8. März 1917 die Russische Revolution  ein. Der daraus entstandene erste Arbeiter*innenstaat der Welt setzte trotz ökonomischer Rückständigkeit extrem weitgehende Massnahmen zur Beseitigung der Frauenunterdrückung um. Erstmals gab es ein umfassendes Recht auf Abtreibung und Scheidung für Frauen und erste Schritte zur Vergesellschaftung der Hausarbeit, wie Kochen, Pflege und Kindererziehung, wurden in Angriff genommen.

All das kann der Kapitalismus 2022 selbst in den reichsten Ländern der Welt nicht bieten. Im Gegenteil: Weltweit werden Frauen, sowie sexuelle und geschlechtliche Minderheiten und ihre erkämpften Rechte angegriffen. Die Krise wird voll auf sie abgeschoben und überall kommt es zu ideologischen Angriffen, welche konservative Frauen- und Geschlechter, Rollen- und Familienbilder propagieren und gewisse sexuelle Orientierungen angreifen.

Gleichzeitg vervielfachten die Kapitalist*innen während der Pandemie ihren Reichtum, während in den Branchen Gesundheit, Soziales und Handel, in der überwiegend Frauen arbeiten, unmenschliche Bedingungen herrschen!

Auch in der Schweiz

Diese Offensive ist ein weltweites Phänomen. Es ist ein besonderer Ausdruck der allgemeinen Offensive gegen die Arbeiterklasse und die Unterdrückten. In der Schweiz setzten die Kapitalisten rücksichtslos die Erhöhung des Frauenrentenalters durch und machen Null Konzessionen in Anbetracht des katastrophalen Zustandes im Gesundheits- und Pflegebereich. Die Umsetzung der Pflegeinitaitive sabotieren sie mit allen Mitteln.

Damit verbunden ist eine ideologische Offensive, deren Rammbock die Abtreibungsinitaitiven der SVP sind. Die Banken- und Konzernpartei verteidigt, dass es normal ist, wenn andere über den Körper der Frauen entscheiden, oder dass die Abhängigkeit der Frauen von ihren Ehemännern im Alter ein gottgegebener Zustand sei[2]. Sie propagieren die reaktionärsten Geschlechter- und Beziehungsbilder, weil sie uns spalten und gegeneinander aufhetzen wollen. Sie verteidigen ihre Interessen auf dem Rücken der Frauen.

Frauenkampf ist Klassenkampf, weil er gegen die Herrschenden geht. Es ist der Klassenkampf der Arbeiter*innenklasse – der Frauen, Männer und aller Menschen der Arbeiter*innenklasse – gemeinsam gegen die, welche ein Interesse an den falschen, unterdrückerischen Ideen haben und welche die Unternehmen und die Macht besitzen, diese Ideen zu propagieren und täglich reproduzieren. Dieser Kampf kann nur gemeinsam und geeint gewonnen werden. Und für ihn brauchen wir tiefe Verankerung in der Arbeiter*innenklasse und ihren Organisationen (wie Gewerkschaften, etc.).

Gegen Spaltung und Symbolpolitik

In der jetzigen Krise wird deutlich, dass Identitäts- und Symbolpolitik ein Werkzeug der Herrschenden ist, um ihre reaktionäre Politik zu verschleiern und unseren Kampf in ungefährliche Bahnen zu lenken. Biden hat ein “diverses” Kabinett und macht konsequent Politik für die Reichen. Karin Keller-Sutter gilt als Feministin, weil sie glaubt, häusliche Gewalt könne mit reiner Polizeirepression überwunden werden. Die Idee, dass man mit symbolischen Gesten und Repräsentation die Ungleichheit und Unterdrückung in der Gesellschaft beseitigen kann, ist widerlegt.

Die EU errechnet[3], dass die einzigen Verbesserungen im Gender Equality Index der letzten Jahre auf den Bereich der „Macht“ – etwa Frauen als CEO oder in politischen Machtpositionen – zurückgeführt werden können. „Ohne Zuwächse im Bereich Macht würde die Geschlechtergleichheit kaum fortschreiten.“ Gleichzeitig wird festgehalten: „Seit 2010 hat sich das Ergebnis der EU in den Bereichen Verteilung der Hausarbeit und Pflegearbeit um -0,6 Punkte verschlechtert“. Die statistischen Verbesserungen der Situation der der Frauen im letzten Jahrzehnt ergaben sich also einzig und allein aus der stärkeren Integration von einzelnen Frauen in Positionen der herrschenden Klasse, für die breite Masse wurde es schlechter.

Einheit im Kampf

Im Kampf gegen die AHV-Reform und die SVP-Initiativen dürfen wir nicht opportunistisch mit den “besseren” rechten Politiker*innen zusammenarbeiten. Wir müssen die Kämpfe brauchen, um zu erklären, wieso die materielle Abhängigkeit der Frauen vom Partner ein Nährboden für häusliche Gewalt darstellt (AHV) und wir müssen das bedingungslose Entscheidungsrecht der Frauen über ihren eigenen Körper erklären (Abtreibungsinitiativen). Wir müssen aufzeigen, wie die Rechten für die Unterdrückung direkt verantwortlich sind und dass mit ihnen gebrochen werden muss!

Solange die Kapitalist*innen die Medien besitzen und den Staat kontrollieren, können wir die vorherrschenden Geschlechterbilder der Gesellschaft nicht in unserem Sinne ändern. Was wir aber tun können und müssen, ist diesen Kampf in unserer Klasse führen. Da können wir beginnen, reaktionäre Ideen und Verhalten zu überwinden. Das ist ein harter Kampf, denn diese Ideen sind uralt und tief verankert. Doch wir dürfen nicht vor ihm kapitulieren und symbolische Taten mit echten Verbesserungen verwechseln! Nur echte Einheit macht uns stark.

Die Verantwortung der JUSO

Aus diesen Gründen ist es die wichtigste Aufgabe der Juso, dafür zu sorgen, dass dieser Kampf geführt wird, dass die Massen der Unterdrückten ihn selber führen, dass es ein politischer Kampf ist – gegen die KapitalistInnen – und dass wir in einheitlich, gemeinsam als unterdrückte Klasse führen.


[1] Der Kapitalismus basiert auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln: Firmen und Unternehmen (etc.) sind im Privatbesitz. Das erlaubt einer Minderheit an Menschen (Kapitalisten), eine Mehrheit der Menschen (Lohnabhängige) auszubeuten und zu unterdrücken. Damit akkumulieren sie noch mehr Eigentum, was sie noch mächtiger macht. Das Privateigentum hat nicht immer existiert. Unsere Aufgabe ist es, dieses durch Kollektiveigentum zu ersetzen.

[2] z.B. NZZ 24.1.22: Von wegen «Rentenlücke» – die ledigen Frauen haben die Männer überholt

[3]  „Gender Equality Index“ von 2020 des European Institute of Gender Equality