Ich arbeite im IT Bereich von einem der grössten Logistikunternehmen der Schweiz. Die tägliche Arbeit in der IT-Branche ist oft sehr komplex und verändert sich ständig. Daher erfordert sie konstante Bildung, um auf dem aktuellen Stand der Technik bleiben. Um am Ball zu bleiben, müssen die Prozesse permanent effizienter werden und eine dynamische Arbeitsorganisation ist ein Muss.

In der Praxis sind bei uns alle damit beschäftigt, dem «daily Business» hinterherzurennen. Dies kommt davon, dass bei uns Arbeit für 1.5 Arbeitende auf eine KollegIn fällt. Dadurch haben wir keine Zeit für nachhaltige Verbesserungen und Weiterentwicklungen unserer Arbeitsprozesse und Systeme. Was sich dann wiederum rächt, wenn noch mehr Arbeit anfällt.

Zudem führt es zu hohen Überzeit-Konti und Stresslevels in unserem Team. Aufgrund statischer Bestimmungen des GAVs werden MitarbeiterInnen bei Erreichen eines gewissen Überstundentotals plötzlich in die Kompensation gezwungen. Worauf bei den anderen MitarbeiterInnen entsprechend Überstunden anfallen. Nun häufen diese Stunden an und früher oder später müssen diese auf die gleiche Weise zwangskompensiert werden. 

Dies ist ein Paradebeispiel für – in der Theorie – soziale Schutzmechanismen für die Arbeitenden, welche dann aber in der Praxis oft absurd und asozial umgesetzt werden. 

Auf unsere Frage nach mehr Personal werden wir mit einem Schema vertröstet, das aus anderen Branchen bekannt ist: «dies wurde von Oben leider nicht genehmigt», lautet die Antwort. Oder aber man wird gleich angegriffen: «Ihr müsst einfach effizienter werden und jeder muss lernen sich und sein Umfeld besser zu organisieren, dann klappt das schon». Das dies eigentlich der Job dieser kläffenden Manager wäre, gerät dabei kurzerhand komplett in Vergessenheit. 

Die Manager bzw. Teamleiter streichen hunderttausend und mehr Franken im Jahr ein. Zu wenig Cash ist nicht vorhanden. Es ist die Art der Verteilung der Löhne im Betrieb, die dazu führt, dass wir keine neuen MitarbeiterInnen zur Unterstützung bekommen. Die Teamleiter haben oft keine produktive Funktion für das Unternehmen, sie dienen oft als einfache Durchlauferhitzer für Managemententscheide und HR-Prozesse. Entscheidungen über unsere Arbeitsweisen und Arbeitsaufteilung organisieren wir hingegen oft ohne sie im Team besser und effizienter. So fragen wir uns oft fragen, was denn genau der Zweck unserer Vorgesetzten ist.

Meine Mitarbeiter machen sich dann Luft: «Den Lohn des Teamleiters hätte man sich auch einfach sparen und damit mehr Arbeiter anstellen können» oder «das Geld hätte man auch einfach das Klo runterspülen können».

In die Anspruchslosigkeit der «Arbeit», welche die Chefs erledigen haben wir in ihren Ferien Einsicht. Ein Mitarbeiter aus dem Team übernimmt die Stellvertretung und liefert uns in den Pausen die praktischen Beweise dafür. 

Auch wenn die IT-Branche noch von besseren Bedingungen profitiert als viele andere Branchen, wie zb. der Gesundheitssektor, sieht man trotzdem immer mehr dieselben Leidensgeschichten der MitarbeiterInnen zu Tage treten. Klar sind unfaire Löhne, miese Sozialleistungen und hoher Arbeiterverschleiss bei uns noch nicht vergleichbar mit anderen Sektoren, aber auch bei uns sind die Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise in verschiedensten Formen erkennbar und verstärken sich zunehmend. Mit möglichst wenig Belegschaft muss möglichst viel produziert werden. Die Arbeiter bezahlen den Profitzwang mit Überbelastung, während überteuerte Manager weiterhin offen ihre Überflüssigkeit zur Schau stellen.