Zu wenig Personal, zu viele Überstunden und nicht zuletzt zu wenig Lohn, das sind die Missstände, gegen die sich die ArbeiterInnen beim Spar im aargauischen Dättwil wehren. Damit stiessen sie aber bei der Spar- Geschäftsleitung auf taube Ohren. Die ArbeiterInnen wandten sich darauf an die Gewerkschaft UNIA, doch das Management blieb stur. Seit Montag befinden sich deshalb die Angestellten im unbefristeten Streik – mit kräftiger Unterstützung aus der ganzen Schweiz.


Immer mehr Arbeit bei immer weniger Personal zwingt die Angestellten zur Leistung vonSpar streik vielen Überstunden. Gleichzeitig sind die Löhne mit 3600 Franken für eine Vollzeitstelle sehr tief. Doch die Angestellten sind kämpferisch gestimmt und lassen sich die unhaltbaren Arbeitsbedingungen bei Spar nicht mehr länger gefallen. „Seit 13 Jahren arbeite ich nun schon hier und habe kein einziges Mal eine Lohnerhöhung bekommen. Im Gegenteil: Vor allem in den letzten 5 Jahren wurde der Druck auf uns Angsestellten zunehmend schlimmer.“, so eine der Streikenden. 

„Mir seged eu, mir hend gnueg vom Spar, drum mached mir jetzt euese Standpunkt klar. Mir seged eu, mir hend gnueg vom Spar – mir sind ihne Scheissegal!“ So tönt es aus allen Lautsprechern. Ein eigens für den Streik erfundenen Spar-Rap, der neben den farbigen Plakaten und kreativen Parolen für etwas Auflockerung sorgt. Denn Tag und Nacht die Streikposten zu besetzten ist anstrengend und dass kein Entgegenkommen der Spar-Leitung in Sicht ist, stimmt wütend. „Für mich ist klar: Wenn das so weitergeht kann ich nicht mehr dort arbeiten. Die Zustände bei Spar sind einfach nicht mehr tragbar.“, meint die Spar-Mitarbeiterin Svetlana Maksimovic. 

Nicht das erste Mal bei Spar

Bereits im 2009 kam es in Heimberg (BE) zu einem Streik der Spar-Angestellte. Auch damals ging es unbezahlte Überstunden, Personalmangel und zu niedrige Löhne, sowie zusätzlich um illegale Sonntags- und Nachtarbeit. Nach zwei Tagen Streik kam es zu einer Einigung, doch erst nachdem die Sparleitung versucht hatte, den Streik mit privaten Sicherheitskräften aufzulösen – und damit scheiterte.

Diese Erfahrungen mit dem Spar-Management halfen mit den, vor einer Woche begonnenen, Streik von Beginn weg besser zu organisieren. So versperrten die Streikenden von Anfang an die Ladeneingänge mit Pkws und fragten alle Regionen um Unterstützung an. Die Streikposten sind seither 24 Stunden am Tag besetzt.

Neben der Unia kommt auch Unterstützung durch die Juso und SP: Um die 50 SympathisantInnen kommen fast täglich um zu helfen, die Eingänge der Sparfiliale zu bewachen und den Streikenden Mut und Kraft zum Durchhalten zu vermitteln. 

Gleichzeitig gibt es Unterstützung aus Bern: Im Bundeshaus unterzeichneten 53 Nationalräte, darunter SP-Nationalräte Cédric Wermuth (federführend) und Daniel Jositsch, einen Aufruf an den Spar-Shop-Betreiber, sich «unverzüglich» mit dem streikenden Personal an den Verhandlungstisch zu setzen. 

Streikbrecher und Gerichtsbeschluss 

Dies alles hielt Spar nicht davon ab am Mittwochnachmittag mit 70 Streikbrechern Streikbrecher Sparaufzukreuzen. Dank der schnellen und massiven Mobilisierung von Sympathisanten konnten die Streikenden und die UNIA diesen Angriff abwehren und die Eingänge besetzt halten. 

Doch am Freitag kam schon der nächste Schock: Spar erwirkte beim Obergericht Baden eine supervisorische Verfügung gegen die Betriebsblockade der Streikenden. Ein gutes Beispiel für Klassenjustiz, wobei das Streikrecht so ausgelegt wird, dass man zwar streiken darf, aber es darf dem Arbeitgeber nicht wehtun. Trotz Kündigungsandrohung, Strafanzeige und Gerichtsbeschluss wurde der Streik am Freitag fortgesetzt. Daran änderte auch die von Spar aufgebotenen Securitas nichts. „Wir machen weiter, bis wir bekommen, was wir verdienen. Und wenn es auch nochmals zwei Wochen dauert. Alles was wir wollen ist den Respekt für unsere Arbeit und damit auch einen angemessenen Lohn!“, so eine der Angestellten.  

Spar – kein Sonderfall

Im Detailhandel brodelt es schon längere Zeit. Die Angestellten leiden unter miesen Löhnen, einem zunehmenden Arbeitsdruck, immer längeren Ladenöffnungszeiten und fehlender Wertschätzung während sich die Verkaufskonzerne und -ketten eine goldene Nase verdienen. Es darf nicht sein, dass der Konkurrenzdruck und die Profitgier auf dem Buckel der VerkäuferInnen ausgetragen werden, die sich unter dem Druck von steigenden Mieten und Preisen kaum mehr ein menschenwürdiges Leben leisten können. Beispiele wie bei der Spar in Dättwil gibt es zuhauf. Längerfristige Verbesserungen für alle bringen im Detailhandel nur Gesamtarbeitsverträge (GAV). Deshalb reicht es nicht, wenn die Kämpfe auf eine Filiale oder lokal begrenzt sind. 

Was nun?

Bereits versucht die Unia durch Warenboykott in anderen Spar-Filialen, so zum Beispiel inSolidarität mit den Streikenden Basel und Zürich, den Druck auf das Spar-Management auszubauen. Schon allein in Dättwil gab es einen Umsatz-Ausfall in den Streiktagen von rund 150‘000 Franken, dieser Schaden soll dank den Einkaufsboykott der KundInnen schweizweit gesteigert werden, um den Druck auf die Spar-Chefs zu verstärken.

Doch das alleine reicht bei weitem nicht aus. Um die oft vereinzelten Kämpfe in eine starke Bewegung des Verkaufspersonals zu verwandeln, ist die Gewerkschaft Unia zentral.  Sie bemüht sich seit Jahren, das Verkaufspersonal zu organisieren und für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Die Mindestlohnkampagne und der Kampf gegen eine Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten sind gute Schritte auf dem Weg zu einer Verbesserung der Situation im Detailhandel. Doch braucht es dazu auch den Mut und die Aktivität der Angestellten selber, die sich in den Filialen organisieren. Je mehr Angestellte von Spar-Filialen oder anderen Verkaufsstellen sich solidarisch zeigen und sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen, desto mehr Druck können wir aufbauen und desto mehr können wir erreichen. Denn: Respekt und ein anständiger Lohn sind kein Luxus, sondern ein Grundrecht und Voraussetzung für ein Leben in Würde!

Solidarisiere auch du dich mit den Streikenden und unterstütze sie aktiv: