[dropcap]N[/dropcap]ach Monaten zäher Koalitionsverhandlungen ist der Alptraum der herrschenden Klasse Spaniens Realität geworden: Am 26. Juni finden in der fünftgrössten Volkswirtschaft der EU Neuwahlen statt. Mit den spanischen Parlamentswahlen von letztem Dezember endete die Ära der Zweiparteien-Herrschaft von PSOE und PP. Nun treten Podemos, IU und regionale Linksparteien gemeinsam an.

Das fragmentierte Parlament widerspiegelt die tiefe Spaltung, die sich durch die spanische Gesellschaft zieht. Diese Entwicklung ist eine Folge des Zweiparteien-Systems der konservativen PP und der PSOE, die nach dem Sturz des Faschismus die Macht unter sich aufteilten. Diese Epoche der relativen Stabilität endete im Dezember 2015 aufgrund der sozialen und ökonomischen Krise. Zwar ging die regierende PP im Dezember als stärkste Partei aus den Wahlen hervor, sah sich aber nicht im Stande, eine Koalition zu formen.

Ende Januar schlug der Podemos-Vorsitzende Pablo Iglesias der PSOE vor, eine „progressive Regierung mit proportionaler Vertretung“ zu bilden, welche die Austerität beenden und die Konterreformen der letzten Jahre rückgängig machen sollte. Dabei appellierte er an die progressiven Elemente im Wahlprogramm der PSOE. Dieser Vorschlag stürzte die Sozialdemokratie in eine tiefe Krise. Während sich die Basis grossmehrheitlich für ein Ende der Austerität aussprach, stellte sich die Führung der Partei gegen diesen Vorschlag. Kaum hatte er Iglesias’ Vorschlag unter oberflächlichen Vorwänden abgelehnt, versuchte der PSOE-Vorsitzende Sanchez mit der neoliberalen Ciudadanos-Partei eine Regierung zu bilden. Dieser Versuch scheiterte jedoch am Widerstand der PP.

Bündnis der linken Kräfte
Am 9. Mai gaben Podemos und die Izquierda Unida (IU) bekannt, mit einer gemeinsamen Liste anzutreten. Die Vereinigung der Parteien links der Sozialdemokratie stellt für die arbeitende Klasse einen entscheidenden Schritt vorwärts dar. Bereits im Dezember war Podemos’ Wahlerfolg in entscheidenden Zentren wie Madrid, Barcelona oder Valencia auf Bündnisse mit regionalen Parteien und sozialen Bewegungen zurückzuführen. Dass diese Liste nun um die IU erweitert wird, welche in den letzten Wahlen auf fast eine Million Stimmen kam, ist begrüssenswert. Zuvor sind ähnliche Verhandlungen am Widerstand des Apparats in der IU gescheitert.

Die offizielle Bestätigung der Vereinigung der von Podemos angeführten Liste mit der IU versetzte das spanische Establishment in Angst und Schrecken. Sämtliche Institutionen des Staates haben sich zu einer Hetzkampagne vereinigt. Stellvertretend für die zahllosen Verleumdungen sei hier Philosophie-Professor Gabriel Albiac genannt, der in einer Kolumne eine Parallele zwischen dem Bündnis von Podemos und IU zum Hitler-Stalin-Pakt zog.

Vergleiche dieser Art zeigen klar, dass sich die Bürgerlichen ihrer Schwäche bewusst sind. Die herrschende PP ist nach 5 Jahren Einsparungen zugunsten der Reichen und der Banken unbeliebt und nach zahllosen Korruptionsaffären diskreditiert.

Für eine starke Basiskampagne
Mit einer enthusiastischen Kampagne haben Podemos und IU nun nicht nur die Chance, die PSOE zu überholen, sondern sogar die PP als stärkste Partei abzulösen. Um dies zu erreichen, müssen sie einen Wahlkampf führen, der die Massen direkt anspricht und aktiviert. Die Kampagne sollte also nicht nur die Parteien umfassen, sondern die grösstmögliche Mobilisierung aller progressiven Kräfte bewirken. Die Basis sollte ermutigt werden, in den Quartieren, Betrieben, den Schulen und Universitäten Komitees zu bilden.

Ein sozialistisches Programm
Als MarxistInnen unterstützen wir natürlich alle sozialen Reformen im Interesse der arbeitenden Klasse und der verarmten Schichten der Bevölkerung. Das Beispiel der griechischen SYRIZA zeigt aber nur zu gut, dass für ein solches Programm in der Krise keinen Spielraum existiert und auf den erbitterten Widerstand der Besitzenden stösst. Daraus ergibt sich die direkte Notwendigkeit, die Kommandoebene der Wirtschaft aus den Händen der Banken und der 200 reichsten Familien zu enteignen und unter demokratische Kontrolle der ArbeiterInnen zu stellen.

Nur so lassen sich radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, existenzsichernde Löhne und Renten sowie Wohnraum für alle verwirklichen. Kapitalismus bedeutet Sparen ohne Ende – egal ob in Spanien oder in der Schweiz. Um ihn zu stürzen, brauchen wir ein sozialistisches Programm.

Flo D.
JUSO Baselland