[dropcap]A[/dropcap]m 20. Juli fand ein Massaker in der Gemeinde Suruç, im Süden der Türkei statt. Ein Sprengsatz detonierte und löste eine gewaltige Explosion inmitten des Treffens der sozialistischen Jugendverbände (SGDF) im Amara Kulturzentrum aus. Es wird berichtet, dass mindestens 300 der Mitglieder des Verbandes zum Zeitpunkt der Explosion versammelt waren, und die bisherigen Zahlen deuten auf den Tod von mindestens 30 Menschen hin, zusätzlich zu ungefähr 100 Verwundeten. Diese Zahlen könnten in den nächsten Tagen noch grösser werden.

Suruç ist eine kurdische Gemeinde im südlichen Teil der Türkei, nur einige Meilen von der Grenzstadt Kobane im Norden Syriens entfernt. Sie wird von der linken Partei HDP regiert, welche konsequent den KurdInnen in ihrem Kampf in Syrien half und sich gegen die Unterstützung der türkischen Regierung von dortigen islamistischen Gruppen gestellt hat.

Diese kleine Stadt mit einer überwiegend kurdischen Bevölkerung spielte eine wichtige Rolle durch ihre Unterstützung der KämpferInnen und ZivilistInnen in Kobane in ihrem Kampf gegen ISIS. Jugendliche mit sowohl kurdischem wie türkischem Hintergrund trafen sich um Reisepläne nach Kobane auszuarbeiten, wo sie helfen wollten, die Stadt wiederaufzubauen, als sie von einem, wie mittlerweile vermutet wird, Suizidattentäter des IS angegriffen wurden. Es ist leicht, sich vorzustellen, warum der IS oder einer seiner Verbündeten oder SympathisantInnen Rache üben wollte und diese friedliche Stadt und ihre mutigen Jugendlichen terrorisieren wollten. In den letzten sechs Monaten konnten kurdische Kräfte wichtige Siege im Kampf gegen den IS erringen, wobei sie ihm wichtige Städte und dessen Grenzübergänge entrissen und seine de facto Hauptstadt, Raqqa, umzingelte.

Türkische Regierungsbeauftragte haben den Angriff verurteilt und versprochen, den Terrorismus zu bekämpfen. Sie behaupten, dass der IS sich an der türkischen Regierung rächen würde, weil diese ihre Anti-IS Bemühungen in den letzten Wochen verstärkt hätte. Diese Behauptung hat jedoch weder Hand noch Fuss: die türkische Regierung hat sich jedem kurdischen Sieg in den Weg gestellt. In den letzten zwei Jahren ließ sie die Versorgungslinien des IS unangetastet, während sie den Zustrom an kurdischen Kämpfern in Syrien blockiert hat. Besonders feindlich gesinnt ist sie der Partei „Syrisch-Kurdisch Demokratische Vereinigung“, welche zusammen mit ihrem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten, höchst demokratische Strukturen aufgebaut und eine BürgerInnenwehr im nördlichen Teil Syriens gegründet hat. Nachdem sie die wichtige Grenzstadt Tall Abyad dem IS entrissen hatte, bereitete Erdogans Regierung sofort einen Einfall in Syrien vor, um eine „Pufferzone“ einzurichten. In Wahrheit war das ein Angriff auf die kurdische Bewegung in Syrien, von welcher Erdogan befürchtet, dass sie die KurdInnen in der Türkei stärken könnte. In der Woche nach dem Kampf um Tall Abyad führte der IS einen äußerst tödlichen Angriff auf die Stadt Kobane aus. Der Kampf wurde jedoch teilweise aus dem Innern der Türkei organisiert, was wiederum die Rolle der Regierung Erdogans aufzeigt, welche darin bestand, die jihadistischen und die extremistischen Gruppierungen im Allgemeinen zu unterstützen, während sie im Besonderen den IS insgeheim toleriert und sogar unterstützt hat.

HDPs Co-Präsident Selahattin Demirta? sagte, der Angriff hätte nicht organisiert werden können ohne die Unterstützung des türkischen Staats. Demirta? fügte an, dass die Übergangsregierung direkt für den Angriff verantwortlich gewesen sei, und dass die AKP (die Regierungspartei Erdogans) klären und beweisen müsse, ob sie für oder gegen den IS sei. Er bemerkte auch, dass die Geheimdienstaktivitäten in Suruç sehr intensiv waren, und dass der Staat die Identität von jedem registrierte, der oder die nach Suruç reiste oder Suruç verlies. Er sagte auch, dass in Anbetracht des Ausmaßes an staatlicher Überwachung der Stadt ohne staatliche Unterstützung niemand unbehelligt die Menge infiltrieren und die Suizidattacke hätte ausführen können.

Was auch immer die konkreten Umstände waren, es steht außer Frage, dass der Angriff das direkte Resultat Erdogans imperialistischer Bestrebungen gewesen ist. Der Anschlag ist ebenso ein Verbrechen von reaktionären arabischen Monarchen, wie von schändlichen Staaten des westlichen Imperialismus; sie sind alle auf die eine oder die andere Art Unterstützer des islamischen Fundamentalismus und der islamistischen Reaktion.

Wir teilen den Familien, FreundInnen, GenossInnen der Gefallenen unsere tiefste Betroffenheit mit. Wir möchten auch von ganzem Herzen unsere Solidarität mit den sozialistischen Jugendlichen aussprechen, welche diese Tragödie verarbeiten müssen. Nur durch einen ernsten und entschlossenen Kampf können die sozialistischen Jugendgruppen der Türkei und der ganzen Welt verhindern, dass sich solche Tragödien wiederholen. Der einzige Weg nach vorne ist, das niederträchtige und reaktionäre Erdoganregime zu stürzen, welches wiederholt die Rechte der ArbeiterInnen und Jugendlichen missachtet und angegriffen hat und mit dem US-Imperialismus den nahen Osten in Stücke gerissen hatte. Sowohl das Erdoganregime wie auch der Weltimperialismus sind zutiefst verrottet und sind das Produkt des Weltkapitalismus. Es ist ungeheuer dringlich geworden, den Kapitalismus in der Türkei, im nahen Osten und weltweit zu stürzen.

Nieder mit dem islamischen Fundamentalismus!
Nieder mit dem Erdoganregime!
Nieder mit dem Imperialismus!
Nieder mit dem Kapitalismus, für einen sozialistischen Staatenbund des nahen Ostens und der ganzen Welt!