Während in Europa über „Flüchtlingskrise“ und „Masseneinwanderung“ diskutiert wird, sind Jordanien und der Libanon bereits seit Jahren mit den Flüchtenden aus dem Kriegsgebiet um Syrien konfrontiert und dies in weitaus grösserem Ausmass als irgendein europäisches Land. Doch wie gehen diese Staaten mit der Thematik um und was tut sich in diesem Zusammenhang wirklich in der Region?

 

Dieser Artikel wurde im Oktober 2015 geschrieben.

 

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Der Libanon wird nicht erst seit kurzem durch die Konflikte in seiner Umgebung geprägt. Das von Syrien und Israel umschlossene Mittelmeerland wurde spätestens seit Mitte der  1970er Jahre durch die Ereignisse in der Region tangiert. Der Bürgerkrieg, der von 1975 bis 90 das Land erschütterte, kannim Zusammenhang zum israelisch-palästinensischen Konflikt gesehen werden und die folgenden Unruhen im Libanon waren ebenso durch die Einflussnahme Israels und Syriens geprägt.

Bereits seit der Ausrufung des Staates Israel 1948 waren die Beziehungen zwischen Israel und dem Libanon geprägt vom offiziellen Kriegszustand. Als in den 70er Jahren die palästinensischen PLO-Kämpfer ihr Rückzugsgebiet (nach ihrer Vertreibung aus Jordanien) in den Süden des Landes verlegten, griff der Konflikt endgültig auf den Libanon über. Im anschliessenden Bürgerkrieg  wurde das Landschliesslich durch die Interventionen Israels und Syriens zum Schauplatz eines Konfliktes regionalen Ausmasses.

Mit der Besetzung eines Teils des Landes durch syrische Truppenverstärkte sich die Einflussnahme von Damaskus im Libanon.Die Politik des Landes wurde nachhaltig beeinflusst. In den folgenden Jahren spielte die Haltung gegenüber Syrien in politischen Debattenim Libanon eine zentrale Rolle.

Aufgrund wirtschaftlicher Verflechtungen des Libanonsmit Syrien hat die Mehrheit der aktuellen Regierung nicht das geringste Interesse an einem Sturz der Assad-Regierung und verhält sich passiv im syrischen Bürgerkrieg. Die radikal-schiitische Hisbollah, die eine starke Kraft im Libanon darstellt, beteiligt sich jedoch aktiv mit ihrem Paramilitär im Krieg auf Seiten Assads. Die sunnitische Gemeinschaft im Libanon steht hingegen der syrischen Regierung feindlich gegenüber und unterstütztzum Teil die oppositionellen Kräfte, zu welchen auch der radikale Islamismus zählt.

Die Ereignisse in der arabischen Welt seit 2011, die letztlichden Krieg in Syrien ermöglichten, versetzten den Libanon zwischen die Fronten der Region und machten die inneren Spaltungen des Landes noch deutlicher. Die Beteiligung der libanesischen Hisbollah-Miliz am Krieg und die Flüchtlingsströme aus Syrien in den Libanon machen ihn endgültig Teil des arabischen Flächenbrandes.


Der Libanon als Zufluchtsort

Bewaffnete Konflikte und sozio-ökonomische Misere in der Region machten den Libanonseit den 40er Jahren zum Ziel von Vertriebenen aus den umliegenden Ländern. Die relative Stabilität der libanesischen Ökonomie wurde dadurchstrapaziert. 1948, nach der „Nakba“ (dt. „die Katastrophe“, bezeichnet die Vertreibung von 700‘000 PalästinenserInnnen aus dem heutigen Staat Israel), nahm der Libanon einige tausend palästinensische Flüchtlinge auf, deren Gemeinschaft heute rund eine halbe Million Menschen zählt. Dazu kommen nach offiziellen Angaben – es wird eine grosse Dunkelziffer angenommen – 1.2 Millionen SyrerInnen und nochmals einige tausend Flüchtlinge aus dem, im Zerfall begriffenen, Irak.

Die Aufnahme von Schutzsuchenden Nachbarn ist für das Land somit keineswegs neu, doch hat sich die Dimension in den letzen vier Jahren massiv verändert und für den kleinen,knapp sechs Millionen Einwohner zählenden,Libanon stellt die Situation ohne Zweifel eine schwere Belastung dar. Grob kann von einem Flüchtlingsanteil von 30 Prozent gesprochen werden, was für den ökonomisch schwachen Libanon eine weitaus grössere Last darstellt als für einen modernen europäischen Industriestaat.

Die Situation in den Auffanglagern sowie ausserhalb dieser ist dementsprechend prekär.Die Hygienezustände sind katastrophal, Wasser- und medizinische Versorgung der Menschen kann nur äusserst notdürftig bis gar nicht gewährleistet werden.  Die meisten Flüchtlinge leben in improvisierten Lagern, manche von ihnen, welche noch etwas Geld auf der Seite haben, mieten sich in alten Fabrikhallen, Garagen und in heruntergekommenen engen Wohnungen ein. Sie leben somit keineswegs isoliert von der lokalen Bevölkerung, sondern kommen mit ihr in Berührung. Gemessen an der Anzahl der Flüchtlinge auf die jene der Einheimischen und die Fläche des Landes (10.452 km²) klingt es erstaunlich, dass sich die Konflikte noch in Grenzen halten. Die Spannung scheint jedoch zu steigen Es kam bereits zu einigen Übergriffen. Gleichzeitig ist die Bevölkerung solidarisch, zum Beispiel im Dorf Deir al-Ahmar, wo die BewohnerInnen ein Hilfskomitee zur Unterstützung der Flüchtlinge gegründet haben.

Auch im nahen Jordanien, welches ca. eine halbe Million SyrerInnen aufgenommen hat, ist eine grosse Solidarität mit den Geflohenen zu beobachten. Dies ist erstaunlich, da der rasche Bevölkerungszuwachs durch den Flüchtlingsstrom aus Syriendie Wasserversorgung verschlechtert hat. Wasser war ohnehin schon knapp im Königreich.Es stellt sich die Frage, wie lang diese Situation noch anhalten wird?Die Ressourcen beider Länder sind begrenzt.

 
Die Welt schaut zu

Die Tatsache, dass der Libanon und auch Jordanien die ersten und vorübergehend wichtigsten Zufluchtsorte (neben der Türkei) für die Vertriebenen der Region darstellen, lässt anhandder bisher überraschendenpolitischen Stabilität beider Länder erklären. Zudem haben viele SyrerInnen Verwandte in Jordanien, wasdas Land zu einem beliebten Ziel für die Flüchtenden macht. Vorerst scheinen die direkten Kampfhandlungen die Grenzen nicht zu überschreiten. Die Gefahr, dass der Konflikt sich weiter ausbreitet, besteht aber weiterhin.

Die Ereignisse, die sich in der Region abspielen, sind keine nationalstaatlich begrenzten Konflikte, die sich auf rein syrische oder irakische Ursachen zurückführen und begrenzen lassen. Das scheinbar plötzliche Auftauchen des IS auf der Bildfläche sollte Beleg dafür sein.

In den Augen der Öffentlichkeit beschränkten sich seine Aktivitäten auf das Gebiet des Iraks, der syrische Bürgerkrieg schien eine andere Geschichte zu sein. Heute sind kaum mehr zwei Konflikte voneinander zu trennen und das regionale Ausmass dieses Krieges ist offensichtlich geworden. Nur schon deswegen, weil alle einflussreichen Mächte der Region in die Kampfhandlungen verstrickt sind. Vom Iran, über Saudi-Arabien bis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten versprechen sich die Regierungen Vorteile aus dem Krieg und der daraus hervorgehenden Ordnung und schüren diesen aktiv.

Obwohl all diese Staaten involviert sind, müssen einige wenige Länder mit den flüchtenden Menschenmassen zurechtkommen. Weder Saudi-Arabien noch die Emirate, welche den verbrecherischen IS massiv unterstützen und somit in grossem Stil an der Misere mitverantwortlich sind, erklärten sich bereit Flüchtlinge aus den Bürgerkriegsgebieten aufzunehmen.Nicht zu vergessen ist die Türkei unter Erdogan, welche eine ähnliche Rolle in Bezug auf den IS einnimmt wie Saudi-Arabien und die Emirate. Sie nimmt zwar eine grossen Zahl an Flüchtlingen auf, doch nicht ohne den Konflikt vor Ort gleichzeitig zu schüren.

Bis jetzt hat sich nur ein kleiner Teil der Flüchtenden auf den Weg nach Europa gemacht. Die Bereitschaft diesen einen menschenwürdigen oder überhaupt einen Zufluchtsort zu gewähren, ist nicht nur im extremen Beispiel Ungarn, mehr als verhalten. Asyl wird nur in den wenigsten Fällen gewährt.Halten wir uns vor Augen wie viele der Flüchtlinge aus diesen Gebieten 2015 tatsächlich nach Europa gelangt sind:ca. 700‘000, dies wohlbemerkt in die gesamte EU und wie viele von ihnen vorerst in umliegenden Ländern verbleiben: ca. 3.6 Mio. im Libanon, Jordanien und der Türkei. Der Widerstand vieler EU-Staaten mutet angesichts dieser Verhältnisse lächerlich an, wenn wir die Ressourcen der EU mit jenen dieser Nahost-Staaten vergleichen.

Der jordanische König Abdullah II forderte die internationale Gemeinschaft bereitszur Unterstützung auf, die Lasten seines Landes mit zu tragen. Während die Lage vor Ort zu eskalieren droht, streiten sich die europäischen Regierungen um einen Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge und scheinen nicht fähig oder willens die Situation gemeinsam zu bewältigen.

 

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Auf dem Rücken der Armen

Trotz der mehrheitlich erstaunlich grossen Solidarität der Bevölkerung in Aufnahmeländern, insbesondere der jordanischen, dürfen wir uns keine Illusionen darüber machen, welches Potenzial an Spannungen die andauernde Zuwanderung an Kriegsflüchtlinge im Libanon und in Jordanien birgt. Bereits scheint die Akzeptanz in einigen Teilen der Gesellschaft für die Asylsuchende gesunken und erste Übergriffe haben schon stattgefunden. Das Spannungspotenzial steigt und fördert solche Konflikte, je länger die lohnabhängige Bevölkerung von der lokal herrschenden Klasse mit der Versorgung der Flüchtlinge allein gelassen werden.

Zu allen direkt sichtbaren Konsequenzen, welche die rasche Zunahme der Bevölkerung durch die Fluchtbewegungen aus den Nachbarstaaten auf Länder wie den Libanon haben, kommen weitere, auf den ersten Blick versteckte, Folgen auf diese zu. Nachdem die ersten, grundlegenden Hilfeleistungen von Staat oder NGOs besorgt wurden, die eigenen Ersparnisse aufgebraucht und die letzten Wertgestände veräussert waren, sind die Flüchtlinge gezwungen sich andere Möglichkeiten zur Existenzsicherung zu suchen. Es bleibt ihnen kaum eine andere Wahl als ihre Arbeitskraft für einen Hungerlohn zu veräussern.

Das Zukommen ausländischer Arbeitskräfte insbesondere in Zeiten mangelnder Arbeitsplätze nahm die Kapitalistenklasse seit jeher zum Anlass, Löhne zu drücken und Arbeitsbedingungen niedrig zu halten. Es erstaunt kaum, dass auch die libanesische und die jordanische Bourgeoisie die Möglichkeit nutzen, dass ihr heimisches Proletariat nun durch ein ganzes Reserveheer an ausländischen Arbeitskräften ergänzt wird. Das tiefere Lohnniveau in Syrien und im Iraksowie die Unmöglichkeit in die Heimat zurückzukehren machen es der herrschenden Klasse im Libanon leicht, die fremden ArbeiterInnen zu Niedrigstlöhnen schuften zu lassen.

Im Libanon geschieht dies sogar weitgehend legal. In Jordanien, wo die SyrerInnen durch teure Arbeitserlaubnisse in die Schwarzarbeit gezwungen werden, nehmen die Bedingungen wohl noch extremere Ausmasse an. Syrische Flüchtlinge arbeiten dort als TagelöhnerInnen in der Landwirtschaft oder auf dem Bau. Kinderarbeit ist zur Regel geworden.  Die meisten Flüchtlingsfamilien sind mittlerweile darauf angewiesen mindestens ein Kind zu schwerer körperlicher Arbeit zu schicken, um sich bloss ernähren zu können. Der Besuch einer Schule wird dabei natürlich unmöglich.
Die UnternehmerInnenin den beiden Ländern nutzen die verzweifelte Lage der SyrerInnen zur schonungslosen Ausbeutung und versuchen auf diese Weise ihre Profite in diesen stürmischen Zeiten hoch zu halten. Zu diesem Zweck verheizen die KapitalistInnen gerne die Leben einer ganzen Generation. Nach der Kriegshölle in Syrien erwartet die Flüchtlinge, in der vermeintlich sicheren Zuflucht, die Hölle neuer kapitalistischer Ausbeutung. Die libanesischen und jordanischenArbeiterInnen spüren die Konsequenzen dieser Praxis in in aggressiven Lohnsenkungen und einer verschärften Konkurrenz um den Arbeitsplatz. Die bereits hohe Arbeitslosigkeit nimmt dadurch noch zu.

Während im Zuge der Fluchtbewegungen die Arbeitsbedingungen immer prekärer werden, wird wohl von vielen ArbeiterInnen ein direkter Schluss von den Flüchtlingen auf die Verschlechterungen hergestellt. Dies geschieht, weil diese vermeintlichen Zusammenhänge von der KapitalistInnenklasse aktiv geschürt werden. Damit bringen die ausländischen Arbeitskräfte noch einen zusätzlichen Vorteil für die Machthabenden. Diese dienen als Sündenböcke für die Verschlechterung der Lebensbedingungen, welche die kapitalistische Krise auch den Lohnabhängigen der Arabischen Welt bescherte. Von einer Benennung der eigentlichen Ursachen für dassinkende Niveau des Lebensstandards, die grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, kann so wirkungsvoll abgelenkt werden. Mit dem „Teile und Herrsche“-Prinzip kann einer Organisation der Lohnabhängigen vorerst einmal entgegengetreten werden. Trotz der aktuell grossen Solidarität ist leider damit zu rechnen, dass mit einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation auch die Belastbarkeit der Libanesischen Bevölkerung abnehmen wird.

 

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Revolutionäre Perspektiven

Trotz aufkommender Skepsis und schwelender Gewaltbereitschaft einiger LibanesInnen gegenüber den syrischen ImmigrantInnen, soll dies nicht verleiten, das Bewusstsein der libanesischen ArbeiterInnenklasse zu pessimistisch einzuschätzen. Die Bevölkerung Libanons muss sich keineswegs zwangsläufig mit platter Fremdenfeindlichkeit abspeisen lassen. Sie kann sich ebenso gegen die herrschende Klasse wenden und ihr besser auf die Finger schauen.Das haben beispielsweise die Unruhen im August dieses Jahres deutlich gezeigt. Seit Juli 2015 gab es in Beirut immer häufiger kleine Proteste, ausgelöst von der Abfallkrise. Die Abfälle der Stadt blieben über Wochen auf den Strassen liegen. DerStreit der verschiedenen Parteien, die ihren Klientelfirmen den lukrativen Vertrag zusichern wollten, brachte es die Regierung nicht zu Stande, den Auftrag zur Entsorgung zu vergeben. Dies ist ein bezeichnendes Beispiel wie die Korruption ein Land lähmen kann (wohlbemerkt ein noch eher harmloses Beispiel). Diese unhaltbaren Zustände trieben zuerst einige wenige auf die Strassen. Im August waren es bereits einige tausende, welche nicht mehr bloss die Lösung des Müllproblems forderten, sondern gleich die Parole „Nieder mit dem Regime“ skandierten. Die Abfallthematik war ein Auslöser für ein erstes Hervortreten der längst unter der Oberfläche wachsenden Spannung in der Gesellschaft. Der Abfall war keineswegs die alleinige Ursache des wachsenden Unmutes, nur der Aufhänger für dessen Ausdruck. Arbeitslosigkeit, sinkende Löhne und steigende Mieten sind Probleme, welche die Bevölkerung plagen und deren Wurzeln in der grundlegenden Struktur der Gesellschaft liegen. Dies ist auch durchaus von den Bewegungen erkannt worden, die auf den Strassen die Korruption der Elite anprangerten.

Revolutionäres Potenzial ist im Libanon definitiv vorhanden und wird sich im Zuge einer bevorstehenden Verschärfung der desolaten wirtschaftlichen Situation und einer weiteren Eskalation des Krieges noch weiter entwickeln. Ähnliches konnten wir auch in Staaten des mittleren Ostens beobachten. Zum Beispiel im Irak, der direkt in die kriegerischen Handlungen involviert ist. Dort gingen im August ebenfalls tausende gegen Korruption und die vernachlässigten öffentlichen Dienste des Staates auf die Strasse.

 

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Diese beiden Beispiele zeigen eindrücklich auf, dass es sogar unter diesen erdrückenden Zuständen zu grossen Protestbewegungen kommen kann. Die kapitalistische Krise und die imperialistischen Kriege zwingen die Bevölkerungen auch unter den widerlichsten Bedingungen, ihre Unzufriedenheit auf der Strasse auszudrücken.

Auch wenn die hiesigen Medien über solche Bewegungen schweigen, ist es unerlässlich, diese Entwicklungen genauestens zu verfolgen. Uns ist klar, dass Zustände im Nahen Osten weder durch Stellvertreterkriege noch durch imperialistische Interventionen, sondern nur durch die lokale Bevölkerung selbst grundsätzlich verbessert werden kann.

Beschränken wir uns also nicht bloss auf unsere heimischen Massenmedien als Informationsquelle, in denen Terroranschläge und die Gräueltaten dschihadistischer Mörderbanden genüsslich ausgeschlachtet werden und die uns gerne das Bild einer ganzen Region voller gewaltfrönender Barbaren präsentiert, sondern richten unseren Blick auf sämtliche Lebensbereiche der Bevölkerung im nahen und mittleren Osten. Keineswegs dürfen wir uns von diesen Berichterstattungen blenden lassen, die uns den religiösen Fanatismus als Die Macht vor Ort verkaufen will und von den sozialen Bewegungen ablenkt. Denn dann sehen wir, dass sich die in der arabischen Welt herrschenden Spannungen nicht zuletzt in progressiven Bewegungen mit fortschrittlichen Forderungen niederschlagen, welche das Potenzial zu fundamentalen Umwälzungen in der ganzen Region haben.

Alessio Marti
Juso Stadt Zürich