[dropcap]A[/dropcap]ngesichts der weltweiten Krise des Kapitalismus geht der internationale Angriff der Bürgerlichen auf die Lohnabhängigen weiter. Um ihre Profite zu halten oder sogar noch zu steigern versucht das Kapital durch Kostensenkungen seine Profitbedingungen zu verbessern. Für die ArbeiterInnen bedeutet dies direkte oder indirekte Lohnkürzungen, Privatisierungen und Sozialabbau.

In der Schweiz ist die dritte Unternehmenssteuerreform (USR III) einer der nächsten Angriffe auf die Lebensbedingungen der ArbeiterInnen. Unter internationalem Druck sehen sich die Bürgerlichen gezwungen, Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen abzuschaffen. Dies nutzen sie als Vorwand, um die kantonalen Gewinnsteuern von 22% auf 16% zu senken, was Steuerausfälle von mindestens 1.4 Mia Franken zur Folge hätte. Die SPS hat auf Bundesebene bereits mit dem Referendum gedroht. Doch die Bürgerlichen beginnen bereits mit der Umsetzung der Reform, obwohl diese vom Parlament erst in Herbst verabschiedet wird. Ende März ist im Kanton Waadt ein Referendum gegen die kantonale Steuerreform – welche die USR III  vorwegnimmt – gescheitert. Die SP Kanton Waadt hatte sich für die Steuerreform stark gemacht. Dadurch werden im interkantonalen Steuerwettbewerb „Sachzwänge“ geschaffen, welche das kommende nationale Referendum untergraben, bevor es überhaupt gesammelt werden konnte. Die demokratischen Handlungsspielräume (Parlament und Referendum) werden so untergraben.

Der Widerstand gegen die Angriffe der Bürgerlichen durch den Schweizer Föderalismus stark zerstückelt und isoliert. In vielen Kantonen entstehen jedoch ähnliche Bewegungen. Dazu zählen die Freiraumbewegungen und der wachsende Widerstand gegen die Sparpolitik, der sich vor allem in den SchülerInnenbewegungen ausdrückt. Sie alle sind Ausdruck einer zunehmenden Radikalisierung – in erster Linie der Jugendlichen. Die Aufgabe der JUSO ist es einerseits dazu ,beizutragen diese Kämpfe national zu verbinden und andererseits die konkreten Forderungen dieser unterschiedlichen Bewegungen mit dem Kampf für eine sozialistische Gesellschaft zu verbinden.

Unter diesen Vorzeichen findet die Neuwahl des Präsidiums der JUSO Schweiz statt. Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte der JUSO Schweiz kommt es zu Kampfwahlen für ein politisches Amt, und dies auf der Grundlage von inhaltlichen Programmen. Diese Entwicklung ist sehr zu begrüssen. Unabhängig davon, welche der Kandidatinnen an der ausserordentlichen Jahresversammlung am 18. Juni gewählt wird, ist es Aufgabe der JUSO, für die Umsetzung eines sozialistischen Programms zu kämpfen.

Erstmals seit langem redet auch die SP Schweiz wieder von Oppositionspolitik. Doch die Führung der SPS hat angesichts der koordinierten Angriffe des Bürgerblocks auf kantonaler und nationaler Ebene nur eine sehr unklare Vorstellung, wie eine solche Politik aussehen soll. Für die Parteileitung bedeutet Oppositionspolitik offenbar lediglich, vermehrt Referenden zu lancieren. Während Referenden zwar ein wichtiges Mittel gegen konkrete Vorlagen sind, darf eine ernst gemeinte Opposition nicht an diesem Punkt stehen bleiben. Es braucht einen klaren Bruch mit den Bürgerlichen und ihrer Politik. Hier ist es die Aufgabe der JUSO, in der SPS für eine konsequente Oppositionspolitik zu kämpfen.

Dabei ist die Frage der Regierungsbeteiligung zentral. Eine sozialdemokratische Partei kann sich nicht an einer Regierung beteiligen, wenn das Kräfteverhältnis keine Reformen im Interesse der Lohnabhängigen zulässt, und sie so zum Feigenblatt der bürgerlichen Politik verkommt. Dies hat sich beispielsweise bei der letzten eidgenössischen Volksabstimmung wieder gezeigt. Die Revision des Asylgesetzes stellte die Bevölkerung vor die Wahl, jetzt massive Einschränkungen der Rechte der MigrantInnen zuzustimmen oder später noch massivere Einschnitte vorzunehmen. Gleichzeitig muss uns klar sein, dass mit dem Ja zum Asylgesetz weiter Verschärfungen bei weitem nicht vom Tisch sind. Gegen diese Politik braucht es eine ernstzunehmende, sozialistische Opposition.

Wohin eine sozialdemokratische Regierungsbeteiligung zur Verhinderung von Rechtsaussen-Parteien führt, zeigt Österreich exemplarisch. Um die FPÖ zu stoppen, führte die grosse Koalition von SPÖ und ÖVP die Kontrolle der Landesgrenze, sowie eine jährliche Obergrenze an asylsuchenden MigrantInnen ein. Dies konnte den Vormarsch der FPÖ aber nicht aufhalten. Bei der Neuwahl des Bundespräsidenten im Mai mussten die Regierungsparteien eine harte Niederlage einstecken. In der folgenden Stichwahl gewann der ehemals Grüne van der Bellen (50.3%) mit lediglich 31 026 Stimmen Vorsprung auf den FPÖ-Kandidaten Hofer (49.7%). Die FPÖ ist in Umfragen mittlerweile die wählerstärkste Partei, weil sie sich als Alternative zum Establishment präsentiert. Um diesen Vormarsch zu stoppen muss die ArbeiterInnenbewegung mit der Sozialpartnerschaft und den Bürgerlichen brechen und eine linke Alternative in Form eines sozialistischen Programms bieten.

An der Spitze des Kampfes gegen die bürgerlichen Angriffe sind momentan die französischen ArbeiterInnen und Jugendlichen. Der Kampf gegen die Arbeitsgesetzreform in Frankreich demonstriert die Macht der ArbeiterInnenklasse in einem modernen kapitalistischen Land. Kein Rad dreht sich, keine Glühbirne leuchtet ohne das Einverständnis der ArbeiterInnen. Ende Mai führte die Polizeirepression zum unbefristeten, landesweiten Streik der Ölraffinerie-ArbeiterInnen, welcher auf andere Sektoren übergriff. Diese Eskalation stellte einen Wendepunkt im Kampf gegen die Reform dar. Der unbefristete Generalstreik ist nun die einzige Möglichkeit die Reform zu stoppen. Dadurch wird es möglich in die Offensive zu gehen und nicht nur die Konterreform, sondern das gesamte System, welches sie hervorbringt, ins Wanken zu bringen.

Die Redaktion