Über 8000 Menschen demonstrieren gegen die Sparpolitik der bürgerlichen Regierung in Aarau.
Mit einer Mobilisierung von historischem Ausmass zeigt die Aargauer LehrerInnenschaft der sparfreudigen bürgerlichen Regierung den Mittelfinger.

Trotz schlechtem Wetter und dem ersten Schnee folgten über 8000 Menschen dem Aufruf des aargauischen LehrerInnenverbands (ALV) sowie weiterer Organisationen und besammelten sich vor dem Grossratsgebäude in Aarau. Der bunte Demozug hatte eine beeindruckende Länge, sodass das Schlusslicht des Demonstrationszuges erst loslief, als die ersten sich bereits vor dem Grossratsgebäude aufstellten. Die Demonstrierenden griffen zu kreativen Mitteln, ihren Unmut über die Abbaupolitik visuell auszudrücken. Beliebte Motive waren farbenfrohe Sparschweine und düstere Särge. Die Kantonsschulen des Kantons haben sich in einzelnen Blöcken formiert, in denen SchülerInnen und LehrerInnen gemeinsam gegen den Abbau an der Bildung kämpften. Das Beispiel der Kantonsschule Wohlen, wo SchülerInnen ein Flyer verfasst haben, welcher die Austeritätspolitik in Zusammenhang mit dem kapitalistischen System bringt, zeigt auf, in welche Richtung sich das Bewusstsein der Betroffenen entwickelt. Das Mass ist voll und die neusten Sparideen werden auch von der Bevölkerung nicht goutiert. Dies zeigte sich auch an der über 49’000 Unterschriften starken Resolution gegen die Sparmassnahmen die ALV-Präsidentin Elisabeth Abbassi dem Grossratspräsidenten (SP) Marco Hardmeier übergab.

Verbot des bürgerlichen Bildungsdirektors befeuert Mobilisierung

demoaargau2Schon im Vorfeld des Protestes gab es eine intensive Medienberichterstattung über die
Sparpolitik des Grossrats und der Regierung. Ausgelöst wurde dies durch ein Verbot des Bildungsdirektors Hürzeler (SVP) Plakate an den Kantonsschulen aufzuhängen, welche die Konsequenzen der Sparpolitik thematisierten. Die Aktion war natürlich ein Schuss in den Ofen und verschaffte der Botschaft der KantonschülerInnen noch mehr Publizität.

Jahrzehntelang betrieb die bürgerliche Regierung im Aargau eine unverantwortliche Steuersenkungspolitik zugunsten der Unternehmen und Reichen, die seit 2007 zu Einnahmeausfällen von ca. 420 Mio. CHF führte. Kein Wunder erodierte dann seit der Krise 2008 das Aargauer Steuersubstrat und somit auch die Kantonsfinanzen. Seit 2015 werden darum jährliche neue Sparpakete von Regierungsrat und Grossrat geschnürt. Gleichzeitig wird trotzdem weiter Steuern wie die Gewinnsteuern für Unternehmen gesenkt.

Wie die bürgerliche Konzeption von Bildungspolitik aussieht, lässt sich sehr gut an der Regierungsratskandidatur von Franziska Roth (SVP) illustrieren. Frau Roth wünscht sich das Bildungssystem und die Klassengrössen der 50er Jahre zurück und denkt man könne Primarschulunterricht auch wie an der Universität in überfüllten Sälen im Vorlesungsstil führen.

Die Realität in den Schulen nähert sich leider auch diesen absurden Vorstellungen an. Überfüllte Klassen, gestrichene Freifächer, mangelnde Betreuung: Dies alles sind die Auswirkungen dieser verfehlten Politik. LehrerInnen werden ermahnt möglichst nicht krank zu werden, da dies zu teuer käme, SchülerInnen mit Migrationshintergrund und mangelnden Sprachkenntnissen kriegen keine Deutsch Zusatzkurse mehr. Das Sparen wirkt sich natürlich auch auf die Arbeitsbedingungen aus. Im Primarschulbereich werden die Pensen so reduziert das die LehrerInnen nur noch Teilzeit arbeiten können. Zudem folgt noch eine weitere Lohnnullrunde wie schon im letzten Jahr.

Neu soll nun auch das Fach geometrisch technisches Zeichen gestrichen werden. Zum zweiten Mal versucht der Grossrat zudem das Berufswahljahr abzuschaffen dies, obwohl das Aargauer Stimmvolk 2015 dasselbe Begehren abgelehnt hat.

Bemerkenswert war auch das PolizistInnen der Kantonspolizei Aargau teilnahmen, um gegen Sparmassnahmen im Polizeikorps zu demonstrieren. Mit weissen Westen bekleidet marschierten sie als „weisser Block“ an der Demo mit.

Da die Demonstration während der Arbeitszeit der LehrerInnen und anderen Staatsangestellten stattfand, handelte es sich dabei um einen Streik. Dies wurde dann auch im Vorfeld in der Presse von bürgerlichen PolitikerInnen kritisiert. Häufigste Kritik war, dass es paradox sei, gegen den Leistungsabbau zu protestieren und somit am besagten Montagnachmittag selber keine Arbeit zu leisten. Völlig scheinheilig und kurzsichtig kommt diese Argumentation daher. Denn wie sich in der Vergangenheit im Kanton gezeigt hat, sind die Mittel der bürgerlichen Demokratie an die Grenzen gestossen. Am anschaulichsten lässt sich das an dem Referendum um das Sparpaket von 2015 zurückverfolgen. Obschon die Bevölkerung diese Sparübung deutlich bachab geschickt hat, liegen nun weitere Abbaumassnahmen auf dem Tisch. Deshalb braucht es Massnahmen wie Streik und Demonstrationen, um die Interessen der Werktätigen zu verteidigen.

Was die Demonstration konkret für Auswirkungen hat, wird sich am 27. November zeigen. Die Aargauer Bevölkerung wird dann über weitere Sparmassnahmen abstimmen. Unter anderem wird auch über die Weiterführung des Berufswahljahrs entschieden.

Die bürgerliche Sparpolitik lässt sich jedoch in keinem Fall losgelöst von der allgemeinen kapitalistischen Krise betrachten. Diese ist die Fortführung des Klassenkampfs von oben mittels des bürgerlichen Staates. Keine einzelne Kundgebung oder Abstimmung wird diesen Klassenkampf beenden. Nur die entschlossene, organisierte und kämpferische ArbeiterInnenbewegung wird dieser Politik die Stirn bieten können.

Es liegt nun an uns, die fortschrittlichen Elemente zu bilden, zu organisieren und zu einer revolutionären Organisation zu formen, die dieses kapitalistische System auf kantonaler, nationaler und internationaler Ebene bekämpft und überwindet.